Neue Verordnung

Nattheim will zum Vorreiter in Sachen Katzenschutz werden - diese Auswirkungen hat das für Besitzer

Als erste Kommune im Landkreis Heidenheim will Nattheim gegen das unkontrollierte Wachsen der Population freilebender Katzen aktiv werden und damit das Leiden die Tiere verringern. Was die vom Gemeinderat beschlossene Katzenschutzverordnung jetzt für Katzenbesitzer bedeutet.

Das Problem betrifft alle Städte und Gemeinden im Landkreis Heidenheim in gleicher Weise: Allerorten gibt es eine beachtliche Population an freilebenden Katzen, die keinem Halter gehören und deren Dasein nicht selten mit erheblichem Leid verbunden ist. Mit ihrem Versuch, diese Situation zu verbessern, nimmt die Gemeinde Nattheim jetzt eine Art Vorreiterrolle im Kreisgebiet ein.

Bürgermeister Norbert Bereska schilderte in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, dass die Teilnehmer der Bürgermeister-Dienstversammlung vor wenigen Wochen übereinstimmend Handlungsbedarf in der Katzenfrage gesehen hätten. Das Land Baden-Württemberg habe die Möglichkeit, eine Katzenschutzverordnung (KVO) zu erlassen, an die Kommunen übertragen. Und Nattheim greift diese Möglichkeit nun auf.

Auf Einladung von Bürgermeister Norbert Bereska (rechts) informierte der Vorsitzende des Vereins Katzenschutz Göppingen-Donzdorf, Carl Friedrich Giese, im Nattheimer Gemeinderat über das Problem mit freilebenden Katzen. Klaus Dammann

Keine große Überlebenschance bei freilebenden Katzen

Als Hauptziel sieht die Gemeinde es an, die Population der unkastrierten Streunerkatzen – also freilebende Tiere ohne Halter oder Halterin – einzudämmen und damit Tierleid zu verringern. Häufig würden diese Katzen an Krankheiten leiden und sie hätten keine große Überlebenschance, so die Gemeinde. Gleichzeitig sollen das Tierheim, in das Streunerkatzen immer wieder gebracht werden, entlastet und die dort anfallenden Kosten reduziert werden. Bereska: „130.000 Euro überweist der Landkreis jährlich ans Tierheim, 10.000 Euro davon allein für die Kastration von Katzen.“

Bestandteil der in Nattheim geplanten KVO ist neben einer Berechtigung, Streunerkatzen registrieren und kastrieren zu lassen, auch eine Kastrationspflicht sowie Kennzeichnungspflicht mittels Mikrochip oder Tätowierung für freilaufende Halterkatzen. So soll sichergestellt werden, dass Tiere mit Halter nicht zur Vermehrung solcher ohne Eigentümer beitragen. Chip oder Tätowierung ermöglichen eine rasche Identifizierung der jeweiligen Katze.

Carl Friedrich Giese, Vorsitzender des Vereins Katzenschutz Göppingen-Donzdorf, schilderte den Räten in ihrer Sitzung Situation und Hintergrund. Streunerkatzen seien keine geschützten Wildkatzen, sondern verwilderte Hauskatzen. „Die können sich nicht selbst versorgen, sondern brauchen Futterstellen.“ Einer Zusammenstellung Gieses zufolge gibt es allein in Nattheim und Fleinheim zehn derartige Futterstellen, die von ehrenamtlichen Helferinnen betreut und von mehr als 50 Tieren aufgesucht werden.

Bis zu dreimal im Jahr Nachwuchs bei Katzen

Die Vermehrung der Tiere sei das Grundproblem, sagte Giese. Ohne eine Kastrationsverordnung komme man von dem hohen Stand nicht herunter. Seit einigen Jahren würden Kätzinnen nicht mehr bis zu zweimal im Jahr, sondern bis zu dreimal Junge bekommen. Eine Kätzin sei bereits mit sechs Monaten fruchtbar und aus einem Wurf gebe es drei bis sechs Junge. So könnten aus einem Katzenpaar nach 36 Monaten 176 Tiere werden. Allerdings würden 80 bis 90 Prozent nicht überleben: In Baden-Württemberg würden jährlich Minimum 100.000 Katzenbabys „entsorgt“, so der Katzenschutz-Experte. „Mit einer KVO kann man einen Riegel vorschieben, dass nicht so viele Katzen auf die Welt kommen.“

Gemeinderat Armin Kast (Bürgerliche Wählervereinigung/CDU) erkundigte sich, ob alle Fundtiere, die ins Tierheim gebracht werden, auch kastriert werden, und Giese bestätigte, dass das bei allen dann vermittelten Katzen erfolgt sei. Kast: „Das wird also heute schon von der Allgemeinheit bezahlt.“ In Bezug auf die Streunerkatzen fügte Giese an: „Wir brauchen für den Zugriff und die Umsetzung die rechtliche Grundlage.“

Ob es noch junge Katzen geben werde bei umfassenden Kastrierungen, fragte Carmen Steckbauer (Unabhängige Wählervereinigung). Diese Befürchtung müsse man nicht haben, antwortete Giese. Außerdem gebe es auch noch Katzenzüchter. Und Herbert Schmid (Unabhängige) erkundigte sich, wie es mit der Verpflichtung bei Tieren sei, die das Haus nicht verlassen. Da wäre die Kastration dann nicht nötig, so der Experte. Die Katze entwische aber vielleicht auch mal.

„Es ist eine gute Sache und wir meinen es auch gut“, fasste der Bürgermeister zusammen. Einstimmig votierte das Gremium für die Einführung der vorgelegten KVO. Zusätzlich aufgenommen wird die Möglichkeit der Tätowierung statt einer Chip-Implantation. Das Inkrafttreten ist für 1. Juli vorgesehen.

Die Kosten für die Kastration bei Katzen

Was die praktische Vorgehensweise zur Umsetzung der KVO angeht, so gelte es, die Streunerkatzen mittels Fallen einzufangen, erläuterte Katzenschutz-Experte Carl Friedrich Giese. Für die Futterstellen-Betreuerinnen und die Tierheime solle es dazu eine Schulung geben. Der implantierte Chip ermögliche das Erkennen von Halterkatzen. Nach einer Kastration würden die Tiere dort wieder ausgesetzt, wo sie gefangen wurden. Die Kosten für die Kastration bezifferte Giese bei einem Kater auf etwa 100 Euro, bei einer Kätzin auf etwa 150 Euro. „In drei bis fünf Jahren haben wir eine deutliche Reduzierung, wenn alle um uns herum mitmachen“, sagte er zu der möglichen Entwicklung der Population.

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