Um 18.33 Uhr am Sonntagabend stand die Entscheidung fest: Mit 57,34 Prozent hat sich eine klare Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Dischingens gegen die vom Gemeinderat beschlossene Planung für einen Neubau des Rathauses ausgesprochen. Damit geht die Bürgerinitiative „Für Dischingen“, die die Abstimmung forciert hatte, als klarer Sieger hervor.
Noch wenige Minuten zuvor schien die Abstimmung ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu werden. Als die Stimmen aller Teilorte ausgezählt waren und somit das Ergebnis aus sechs der acht Wahlbezirke vorlag, schien es, als hätten die Gegner des Rathaus-Neubaus mit 49,09 Prozent der abgegebenen Stimmen eine hauchdünne Niederlage erfahren. Doch nachdem auch Dischingen und die Briefwähler ausgezählt waren, war deutlich, dass sich eine klare Mehrheit der 3602 Wahlberechtigten gegen den Neubau ausgesprochen hatte.
Sehr hohe Wahlbeteiligung
„Dieses Ergebnis ist demokratisch legitimiert und zeigt, dass sich eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gegen das Vorhaben ausspricht," sagte Dischingens Bürgermeister Dirk Schabel kurz nach Bekanntwerden des Ergebnisses vor den rund zwei Dutzend Interessierten, die die Auszählung in der Egauhalle verfolgt hatten: „Meine Sorge, das nötige Quorum nicht zu erreichen, war unberechtigt. Die Wahlbeteiligung war sehr gut.“ Insgesamt beteiligten sich 60,96 Prozent der Stimmberechtigten an der Abstimmung. „Das zeigt auch, dass die Menschen mit entscheiden wollen“, so Schabel. Es sei richtig gewesen, den Gemeinderatsbeschluss nicht schon nach der Unterschriftenaktion vom Januar rückgängig zu machen, sondern alle Einwohner entscheiden zu lassen. „Das ist ein Zeichen lebendiger Demokratie, und das Ergebnis akzeptieren wir selbstverständlich.“
Mit dem Ergebnis des Bürgerentscheides ist der Rathaus-Neubau in Dischingen erstmal vom Tisch. „Aber die Herausforderungen bleiben bestehen, wir müssen den Mitarbeitern in der Verwaltung ein besseres Arbeitsumfeld bieten, das lässt sich nicht vertagen, die Räume sind in einem sehr schlechten Zustand“, so der Bürgermeister. Zwar schmerze ihn, dass die bereits bewilligten Fördermittel in Höhe von 1,1 Millionen Euro für einen Neubau jetzt zurückgegeben werden müssten, „aber wir werden weiterhin und mit Nachdruck nach alternativen Lösungen suchen.“
Weiter nach Lösungen suchen
Ob er von der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger enttäuscht ist? „Ein Projekt in dieser Größenordnung gab es bisher noch nie“, sagt Schabel. Er sei zufrieden, dass die Argumente für einen Neubau auf sachlicher Ebene dargestellt werden konnten. Und wie geht er persönlich mit der Niederlage um? „Die Welt dreht sich weiter und es wird eine Zukunftsaufgabe sein, Lösungen für die Unterbringung der Verwaltung zu finden.“
Nachdem im Vorfeld der Abstimmung bei Infoveranstaltungen die Emotionen hochgekocht waren, geben sich auch die Mitglieder der Bürgerinitiative „Für Dischingen“ versöhnlich. Zwar nahmen sie nicht an der öffentlichen Auszählung in der Egauhalle teil, doch „wir freuen uns natürlich, auch über die sehr hohe Wahlbeteiligung“, sagt Sprecher Andreas Mas Casellas. „Wichtig ist, dass wir fair und ordentlich miteinander umgegangen sind und das auch weiterhin tun. Unsere Hand ist ausgestreckt, der Ball liegt jetzt bei der Gemeindeverwaltung.“ Befürworter und Gegner des Rathaus-Neubaus „leben alle im gleichen Dorf. Wir sehen die Chance auf einen gemeinsamen Neuanfang.“, so Mas Casellas.
Bürgerentscheid zählt
Mit dem Wähler-Votum beim Bürgerentscheid ist die Entscheidung des Gemeinderats, ein neues Rathaus zu bauen, ungültig. Zurückgenommen werden muss der Beschluss nicht. Nun haben Verwaltung und Gemeinderat die Möglichkeit, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, um die den Verwaltungssitz und die Arbeitsplätze zu modernisieren.