Zum Start der Vorbereitung

Fit für die Bundesliga? Diese medizinischen Tests warten auf die Profis des 1. FC Heidenheim

Vor dem ersten Training wird die Gesundheit und Fitness der Bundesliga-Profis des 1. FC Heidenheim gründlich von einem sportmedizinischen Team des Uniklinikums Ulm untersucht. Wie die Tests an den drei Tagen ablaufen, warum er die Dauer des Transferfensters genau kennt und wie der FCH ihn zum Fußballfan gemacht hat, verrät der ärztliche Leiter Dr. Johannes Kirsten:

Alles beginnt mit einem Piks: Das Foto, auf dem die Spieler des 1. FC Heidenheim im HSB-Sportpark ihre Runden drehen, ist meistens das erste der neuen Saison. Der Laktattest ist auch an diesem Dienstag, 1. Juli, der Startschuss für die intensive Vorbereitung des FCH auf die dritte Spielzeit in der Bundesliga. Bevor die Spieler aber ihre erste Einheit auf dem Rasen absolvieren, steht nicht nur der Ausdauertest auf der Laufbahn an, sondern gleich drei Tage, die mit medizinischen Untersuchungen gespickt sind.

Durchgecheckt werden sie dabei nicht von den Mannschaftsärzten, und auch Trainer Frank Schmidt bleibt zum Auftakt der neuen Saison in der Rolle des Beobachters. Von Dienstag bis Donnerstag ist das sportmedizinische Team vom Uniklinikum Ulm rund um Dr. Johannes Kirsten an der Wilhelmstraße und auf dem Schlossberg zu Gast. Was die Profis des FCH an den drei Tagen erwartet, verrät der kommissarische Leiter der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin.

Schwitzen beim Laktattest: Lichtanlage gibt das Tempo vor

„Die drei Tage sind eine Mischung aus rein medizinischen Untersuchungen und vornehmlich sportwissenschaftlich getriebenen Dienstleistungen“, sagt der 41-Jährige, dessen medizinisches Team an den Tagen zwischen vier und acht Personen zählt. Der Auftakt mit dem Laktattest sei bei den Profis, die gerade aus dem Urlaub kommen, besonders beliebt, sagt der Facharzt für Innere Medizin, Notfallmedizin und Sportmedizin mit einem Lächeln.

Kommt mit seinem sportmedizinischen Team vom Uniklinikum Ulm nach Heidenheim: Dr. Johannes Kirsten. Foto: Uniklinikum Ulm

Bei dem Ausdauerleistungstest kommen sie gleich richtig ins Schwitzen. „Es fängt mit einer niedrigen Geschwindigkeit an, und alle paar Minuten steigt die Geschwindigkeit“, beschreibt Kirsten. Das Tempo wird dabei über eine Lichtanlage gesteuert, damit die Spieler wissen, wie schnell sie laufen müssen. Und nach jeder Stufe wird mit dem schon erwähnten Piks am Ohrläppchen eine Laktatprobe genommen. Irgendwann wird es auch den gut trainierten Fußballern zu schnell, und sie brechen ab. „Letztlich dient die Laktatkonzentration im Blut als Maß der Ausdauerleistungsfähigkeit“, erklärt der Mediziner. Oder vereinfacht gesagt: Es gibt die Antwort auf die Frage, wie gut die Ausdauer der Spieler nach dem Urlaub ist. „Daraus kann man dann Trainingszonen für das individuelle Lauftraining ableiten“, so Kirsten.

Untersuchungen auf dem Schlossberg: Die Voith-Arena wird zur Miniklinik

Während der Materialaufwand am ersten Tag noch überschaubar ist, sind Kirsten und seine Kollegen bei den medizinischen Checks am zweiten Tag selbst körperlich gefordert. Denn: Die medizinischen Geräte und Computer müssen erst einmal den Weg aus dem gut gefüllten Transporter in die provisorischen Untersuchungszimmer in der Voith-Arena finden. Ist dort alles eingerichtet, werden Kapitän Patrick Mainka und Co. auf Herz und Nieren getestet. „Wir machen einen Ultraschall, ein Ruhe-EKG, eine Lungenfunktionsprüfung und nehmen Blut ab, wie man es auch vom Hausarzt kennt“, sagt Kirsten.

Keine Angst vor dem Piks: Jan Schöppner bei der Blutabnahme am Ohrläppchen. Foto: 1. FC Heidenheim

Bringen Spieler chronische Krankheiten mit oder fällt bei den Tests etwas auf, wird gleich weitergeholfen. „Bei individuellen Gesundheitsproblemen können wir als Universitätsklinikum die einzelnen Spieler nachgeordnet an Spezialisten in jedem Bereich vermitteln“, so der Mediziner. Nach den drei Tagen ist die Zusammenarbeit zwischen Bundesligist und dem Uniklinikum aber nicht abgeschlossen. Müssen beispielsweise bei einem Spieler nach einer Verletzung Reha-Maßnahmen geplant und durchgeführt werden, passiert das meistens in enger Zusammenarbeit mit den Mannschaftsärzten und den Athletiktrainern des FCH. „Die Gesprächskanäle sind kurz, und wir versuchen einfach, ihnen jegliche Art der medizinischen Unterstützung bereitzustellen“, sagt Kirsten.

Musste schnell gehen: Check von Neuzugang Arijon Ibrahimovic passierte „auf Zuruf“

Wie gut und schnell die Zusammenarbeit funktioniert, zeigte sich jüngst im Zuge der Verpflichtung von Arijon Ibrahimovic. Bevor der Neuzugang seine Unterschrift unter seinen Vertrag setzen konnte, musste er den obligatorischen Medizincheck bestehen. Die Untersuchungen übernahm am Dienstag kurzerhand das Team aus Ulm, das zu diesem Zeitpunkt die Talente des Heidenheimer Nachwuchsleistungszentrums medizinisch durchcheckte.

In guten Händen: Neuzugang Arijon Ibrahimovic wurde vor seiner Vertragsunterschrift beim FCH vom Team des Ulmer Uniklinikums durchgecheckt. Foto: 1. FC Heidenheim

„Wir machen das einfach auf Zuruf. Wenn wir nicht vor Ort sind, muss der Spieler eben nach Ulm kommen – das funktioniert super“, sagt Dr. Johannes Kirsten, der mittlerweile auf die kurzfristigen Untersuchungen gut vorbereitet ist. Die Transferfristen im Sommer und Winter habe er sich in den privaten Kalender geschrieben, verrät er. „Der letzte Tag ist immer dadurch geprägt, dass noch ein Neuzugang kommt“, sagt der Mediziner.

Der Sportmediziner drückte dem FCH in der Relegation die Daumen

Auch für die neuen Spieler beim FCH steht am dritten Tag der Untersuchungen das Belastungs-EKG auf dem Fahrradergometer an, zudem absolvieren die Profis Kraft- und Sprungkrafttests. Was mit den gemessenen Werten passiert, erklärt Kirsten anhand der letztgenannten Untersuchungen. „Sie dienen auch zur Etablierung der Basiswerte“, sagt er, „im Verletzungsfall weiß man dann, wo der Spieler stand, als er unverletzt war, und wo er wieder hinmuss, um auf den Rasen zurückkehren zu können.“ Die Ergebnisse des Laktattests leiten die Ulmer Mediziner an Said Lakhal und Tobias Häußler weiter. Die beiden Athletiktrainer können dann auf Basis dieser Werte die Ausdauerelemente im Trainingsplan der Spieler individuell gestalten.

Wenn man sich mehr damit beschäftigt, wird man schon Fan – und bei der Relegation habe ich auch mitgefiebert.

Sportmediziner Dr. Johannes Kirsten

Während die Tests die FCHler mitunter ordentlich ins Schwitzen bringen, gehen die gemeinsamen Tage mit den Bundesliga-Kickern auch an Dr. Johannes Kirsten nicht spurlos vorbei. „Fußball hat mich als Ausdauersportler nie so richtig interessiert“, blickt er zurück. Doch das hat sich mittlerweile geändert – auch wegen der engen Zusammenarbeit mit dem FCH. „Wenn man sich mehr damit beschäftigt, wird man schon Fan – und bei der Relegation habe ich auch mitgefiebert“, so der Mediziner, der die Kultur des Bundesligisten schätzt. „Es ist einfach ein cooler Verein.“

In vielen Sportarten im Einsatz

Neben der Bundesliga-Mannschaft untersucht das Team um Dr. Kirsten auch die Nachwuchsfußballer des FCH. Auch die Oberliga-Fußballerinnen durchlaufen zum Start ihrer Vorbereitung erstmals einige Untersuchungen. Zudem arbeitet die sportmedizinische Abteilung des Ulmer Uniklinikums mit zahlreichen Sportverbänden zusammen. So führt der Weg häufiger nach Heidenheim: Auch der Baseball-Nachwuchs und die HSB-Fechter werden regelmäßig medizinisch durchgecheckt.

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