Es war eine längere Reise über drei Kontinente, und sie scheint nun ein glückliches Ende gefunden zu haben. Alina Zelentsova stammt aus Charkiw und bekam den Fechtsport schon in die Wiege gelegt. „Meine Mutter ist eine erfolgreiche Trainerin, und meine Schwester holte Bronze bei der Junioren-WM. Ich bin nicht ganz so gut, habe mich dann aufs Trainieren konzentriert“, berichtet die 26-Jährige, die im großen Charkiwer Fechtclub Dinamo zu Hause war.
Indien ist dagegen nicht gerade als Fechtnation bekannt. „Den Sport üben inzwischen schon viele Leute dort aus, aber das Niveau ist noch schwach“, erklärt Satish Garnaik. Wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte er seine Erfolge in der Leichtathletik gesammelt. Sanjay Garnaik war ein erfolgreicher Coach, betreute auch Neeraj Chopra, der in Tokio als erster Inder die olympische Goldmedaille im Speerwerfen gewann.
Fechter statt Leichtathlet
Doch Satish Garnaik verlor sein Herz an den Fechtsport und zeigte schnell sein Können, gewann unter anderem Gold im Degenwettbewerb bei den Asien-Spielen. Die Suche nach adäquaten Gegnern und Trainingsmöglichkeiten führte ihn nach seinem Wirtschaftsstudium dann aus Indien heraus.
„Ich war seit 2015 eigentlich die ganze Zeit in aller Welt unterwegs“, berichtet der 31-Jährige, der 2020 an einem Turnier in Charkiw teilnahm. Dort traf er auf Alina Zelentsova, die im Organisationsteam arbeitete. Der Anfang war nicht einfach. „Ich habe sie zum Essen eingeladen, aber Alina konnte noch nicht so gut Englisch, die Verständigung war schwierig. Doch mit Google-Translator haben wir es hinbekommen“, berichtet Garnaik lachend.
Dem Übersetzungsprogramm sei Dank
Der Kontakt blieb, und schon 2021 haben die beiden geheiratet. Dann begann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, und Alina Zelentsova verließ das Land. Die beiden wurden Fechttrainer und arbeiteten mit dem französischen Degen-As Eric Boisse zusammen, dem Heidenheimer-Pokal-Sieger von 2002. „Von ihm haben wir sehr viel gelernt“, sagt Garnaik.
Schließlich landete das Paar in Kanada, beim Fechtklub von North Vancouver. „Wir hätten auch in die USA gehen können, aber in Kanada leben mehr Ukrainer, das war uns sympathischer“, berichtet Alina Zelentsova. In Vancouver sei es eine gute Zeit gewesen, aber letztlich gehe es dort im Fechten zu sehr ums Geld. Die Sportler kämen nur voran, wenn sie auch finanziell viel investieren.
„Uns gefällt das System in Deutschland besser“, sagt Garnaik, und so richteten die beiden den Blick wieder nach Europa. Zunächst ging es aber nach Italien, genauer gesagt nach Sizilien zum Klub zu Scherma Caltagirone. Dort gab es das andere Extrem, der Verein war eher klein, die Fechter eher hobbymäßig unterwegs.
Über Kanada und Italien nach Heidenheim
So war das Ehepaar weiter auf der Suche und zögerte nicht, als über Matthias Henkelmann (Vorstandsmitglied Verwaltung bei den HSB-Fechtern) der Kontakt nach Heidenheim zustande kam. Schon das erste Probetraining verlief beeindruckend. „Es war, als ob sie schon immer da gewesen wären“, sagt HSB-Cheftrainer Thomas Zimmermann, der sich von seinen neuen Kollegen begeistert zeigt.
Die Verständigung mit den jungen Fechtern auf Englisch ist kein Problem, auf Dauer soll das aber anders werden, so gehen Alina und Satish viermal die Woche zum Deutschunterricht. Und von dort meist direkt in die Fechthalle – die Ukrainerin betreut den weiblichen Nachwuchs, der Inder die Jungs in den verschiedenen Altersstufen. Seit Anfang des Jahres ist das Paar beim HSB tätig, seit Herbst nun in Festanstellung.
Bei der Arbeit freie Hand
Aber nicht nur im Verein sind sie angekommen. Obwohl lange Zeit Weltenbummler, fühlen sie sich in Heidenheim wohl, schätzen nicht zuletzt die Sicherheit einer Kleinstadt. „Es ist eine kleine Stadt, aber es gibt alles, und unsere Wohnung ist nur ein paar Gehminuten entfernt“, sagt Alina, und ihr Gatte ergänzt: „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu den jungen Sportlern und zu den Trainerkollegen, von denen wir viel lernen können. Und vor allem gefällt uns, dass wir bei der Arbeit freie Hand haben.“
Am Ende sollen natürlich die sportlichen Erfolge stehen, und hier sind sich Alina und Satish einig: „Unser Ziel ist es, Medaillengewinner bei internationalen Wettbewerben hervorzubringen. Dafür brauchen wir Zeit, aber das Potenzial ist da, und wir sind sicher, dass dies gelingen kann.“
Drei Tage Fechten im Congress-Centrum
Um 8.30 Uhr beginnt an diesem Freitag, 31. Oktober, im Heidenheimer Congress-Centrum der 65. Coupe d'Europe für Vereinsmannschaften. Am Freitag stehen die Disziplinen Damenflorett und Herrensäbel auf dem Programm. Am Samstag geht es von 8.30 Uhr an mit Herrendegen weiter, dabei tritt auch ein Team des HSB an. Zudem wird der Coupe im Damensäbel ausgetragen. Am Sonntag (8.30 Uhr) beschließen Damendegen (wiederum mit einer Mannschaft der Gastgeber) und Herrenflorett die Turniertage.