Wenn Tobias Bühner den Hammer durch die Luft wirbelt, tut er das mit einer Präzision, die nicht nur auf Kraft, sondern vor allem auf Technik beruht. Dabei hätte wohl kaum jemand erwartet, dass seine sportliche Karriere mit Ende 30 erst richtig Fahrt aufnimmt. Während andere Athleten in diesem Alter längst kürzertreten oder ihre Karriere beenden, fand Bühner da erst seine wahre sportliche Bestimmung – und stieg vom ambitionierten Zehnkämpfer zum erfolgreichen Wurfspezialisten auf.
Der Wechsel vom Zehnkampf zum Werfen
Der 43-Jährige, der in Herbrechtingen aufgewachsen ist und heute in Altenried bei Tübingen lebt, war schon immer sportlich. In den 1990ern begann er mit Leichtathletik, betrieb als junger Erwachsener Zehnkampf – bis die hohe Sprintbelastung ihm körperlich nicht mehr guttat. Nach einer Pause, in der Familie und Beruf im Fokus standen, entdeckte er im Mastersbereich (ab 35 Jahre) die Wurfdisziplinen für sich: Kugelstoßen, Diskuswurf, Hammer- und Gewichtwurf sowie Steinstoßen. Seitdem trainiert Bühner regelmäßig – und mit wachsendem Erfolg.
„Ich habe mich in jeder Disziplin über die Jahre entwickelt und verbessert“, sagt er rückblickend. Das merkt man ihm an – besonders beim Thema Technik. Der studierte Sportwissenschaftler spricht mit Begeisterung über biomechanische Abläufe, Bewegungsspeicher, saubere Hüftrotationen oder das gezielte Wiederholen von Teilbewegungen. „Wenn man nicht penibel arbeitet, schleichen sich Fehler ein, die man später nur schwer wieder loswird“, erklärt er. Für ihn ist Techniktraining kein Beiwerk – es ist der Kern.
Mit Struktur und Disziplin durch die Saison
Dazu kommt eine klare Struktur im Alltag. Vier bis fünf Mal pro Woche steht Training auf dem Plan: Im Sommer hauptsächlich Technik auf dem Sportplatz, im Winter verlagert sich der Fokus in den Kraftraum – auch, weil es früh dunkel wird. „So kann ich unter der Woche kaum noch draußen werfen, das bleibt fürs Wochenende“, sagt Bühner. Im Winter konzentriert er sich außerdem gezielt auf den Erhalt von Kraft und Muskelmasse. Dazu gehört eiweißreiche, gesunde Ernährung – wobei er sich gelegentlich auch mal ein Fastfood-Essen gönnt.

Die Balance zwischen Beruf, Sport und Familie ist eng getaktet. Bühner arbeitet seit 15 Jahren im Vertrieb, verkauft Autos in Filderstadt. Er ist geschieden und verbringt so viel Zeit wie möglich mit seinen beiden Söhnen. Für andere Hobbys bleibt wenig Raum. „Ich fahre gerne Mountainbike – aber das ist ja auch wieder Sport“, sagt er und lacht. Wenn es mal passt, schaut er mit Freunden ein Basketballspiel.
Trotz seiner Routine hat auch Bühner nicht nur gute Trainingstage. Manchmal sei der Kopf voll vom Job, der Körper müde. Dann, sagt er, müsse man ehrlich zu sich sein – und an kleinen Stellschrauben drehen: Sprünge, Sprints, Dehnen. „Selbst wenn der Drehwurf nicht klappt, ist es ein gewonnener Tag, wenn ich etwas für die Basis tue.“
Prägende Momente in Bühners Karriere
Seine Wettkampfkarriere hat sich inzwischen international entwickelt. Besonders prägend war für ihn der erste Auslandseinsatz im finnischen Tampere. „Alles war neu: der Ablauf, die Organisation, das ganze Drumherum“, erinnert er sich.
Bei der Hallen-Weltmeisterschaft in Florida stand er dann im Callroom – einem Warteraum, von dem aus Athleten zur Wettkampfstätte geführt werden. „Wenn man dann da steht, im Deutschlandtrikot, ist das nochmal etwas ganz anderes als ein nationaler Wettkampf“, sagt er. Der Moment, bevor es losgeht: Gedanken sortieren, an zwei, drei technische Punkte denken – und dann mit voller Kraft werfen.

Ziele fürs restliche Jahr sind schon gesteckt
Erfolge lassen nicht auf sich warten. Bei der Hallen-Weltmeisterschaft 2024 im schottischen Glasgow holte Tobias Bühner im Diskuswurf Silber, wurde Vierter im Kugelstoßen, Fünfter im Hammerwurf und Gewichtwurf. Ein paar Zentimeter fehlten zur Goldmedaille. Auch dieses Jahr hat er sich einiges vorgenommen: 40 Meter im Diskus, 13 Meter im Kugelstoßen – beides greifbar nah. Im August stehen noch die Deutschen Meisterschaften im Rasenkraftsport und in der Leichtathletik an. Ab Oktober beginnt dann wieder das Wintertraining.
„Es gibt immer wieder neue Ziele zu setzen, neue Punkte, an denen man im Training dran arbeiten kann. Es wird nie langweilig“, sagt Bühner. Sein später Einstieg in die Spezialdisziplinen ist dabei sogar ein Vorteil. Während andere in seinem Alter abbauen, kann er sich jedes Jahr noch steigern – körperlich und technisch. Und genau das motiviert ihn, weiterzumachen: die Aussicht, dass es noch besser werden kann.
Der Mastersbereich und die Wurfgeräte
Im Leichtathletik- und Rasenkraftsportbereich beginnt der Mastersbereich, also der Seniorensport, in der Regel ab 35 Jahren. Die Altersklassen sind in Fünfjahresschritten eingeteilt – beispielsweise umfasst die Klasse M35 alle männlichen Athleten zwischen 35 und 39 Jahren, M40 steht für die Altersgruppe 40 bis 44, M45 für 45 bis 49 Jahre und so weiter.
Bei Wettkämpfen wiegt der Diskus bei den Männern 2 Kilogramm und hat einen Durchmesser von 22 Zentimetern. Bei den Frauen ist das Wurfgerät leichter: Es wiegt 1 Kilogramm und misst 18 Zentimeter im Durchmesser. Der Hammer beim Hammerwurf wiegt für Männer 7,26 Kilogramm, für Frauen 4 Kilogramm – das Gewicht umfasst auch den Griff. Der Hammer besteht aus einer Metallkugel, die an einem Stahldraht mit Handgriff befestigt ist.