Die Thermik passt, die Stimmung auch – und das Timing ist perfekt: Drei Gleitschirmflieger, Johannes Jakobi, Markus Dörr und Friedrich Maier vom DHC (Deutscher Hängegleiter Club) Aalen, haben am Startplatz Rodstein bei Oberkochen einen neuen Streckenrekord von aufgestellt. Ihr Flug führte sie bei blauem Himmel und Sonnenschein 180 Kilometer weit – auch direkt über Heidenheim.
„Das war der weiteste Flug, der jemals von diesem Startplatz aus gelungen ist“, sagt Markus Dörr. Gemeinsam mit Friedrich Maier und dem erfahrenen Streckenflugmeister Johannes Jakobi aus Gerstetten war er an dem Tag in der Luft. Besonders: Der Flug war kein Einzelwettkampf, sondern ein echter Teamflug. „Man muss Rücksicht nehmen, sich abstimmen – wenn einer tiefer kommt, warten die anderen. Und bei der Aufwindsuche fliegt man bewusst weiter auseinander, um mehr Raum abzudecken“, erklärt der 53-Jährige.
Von Oberkochen bis zur Schweizer Grenze, das Brenztal als Schlüssel
Die Route führte das Trio vom Startplatz Rodstein bei Oberkochen zunächst über Heidenheim und Gerstetten in Richtung Lonetal. Über Blaubeuren gewannen sie in kräftiger Thermik erneut an Höhe, bevor es weiter über das Donautal, vorbei am Kloster Zwiefalten und an Sigmaringen ging. Auch das Southside-Festival in Neuhausen ob Eck lag auf dem Flugweg – von oben als weitläufige Zeltstadt erkennbar. Später erreichten sie Tuttlingen und Blumberg, nahe der Schweizer Grenze. Nach über sechs Stunden in der Luft endete der Flug für Jakobi und Maier auf einer Wiese bei Bonndorf im Schwarzwald.

Dass Heidenheim im Flug eine zentrale Rolle spielen würde, war von den dreien so nicht vorherzusehen – und doch wurde die Stadt zur Schlüsselstelle. „Im Bereich des alten Skihangs und der Mountainbike-Strecke mussten wir wieder Höhe gewinnen, um überhaupt weiterfliegen zu können“, erinnert sich Dörr. Von oben habe man die Stadt und ihre Merkmale gut erkennen können: „Die Heide, das Waldbad, das Aquarena – das sticht alles richtig heraus.“ Einen Plan B hatten sie auch, falls sie keinen Aufwind mehr erwischen würden: Eine Landung in der Nähe des Talhofs, Ugental.
In der Luft kurz verloren, gemeinsam gelandet
Friedrich Maier, 59, aus Steinheim am Albuch, war einer der drei Gleitschirmflieger. Besonders war für ihn, dass er bis zum Schluss mit Jakobi geflogen war – auch wenn sie sich zwischenzeitlich aus den Augen verloren. „Ich bin eine Weile allein weitergeflogen, weil er schneller war“, sagt er. „Kurz vor der Landung habe ich ihn auf einer Wiese entdeckt – da bin ich direkt hinterher.“ Da waren 180 Kilometer geschafft. Nicht allein zu sein, macht laut dem Steinheimer auch die Heimreise um einiges einfacher, die meist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder per Anhalter angetreten wird. Dörr hingegen hatte sich etwas früher für eine eigene Route entschieden und ist in der Nähe eines Bahnhofs gelandet – nach 168 Kilometern. Die Verständigung in der Luft klappte ohne Funkgerät, manchmal per Zuruf.

Erfahren, routiniert und trotzdem begeistert
Johannes Jakobi, 42, gilt unter den drei Fliegern als der Erfahrenste – und ist amtierender deutscher Streckenflugmeister. Der Gerstetter hat in seiner Laufbahn bereits Strecken über 300 Kilometer im Gleitschirm zurückgelegt. „Für mich war es nicht der längste Flug“, sagt Jakobi. Umso mehr habe er sich gefreut, gemeinsam mit Maier und Dörr unterwegs zu sein. „Es war schön, zu dritt zu fliegen – und mithelfen zu können, dass wir so weit kommen.“

Begegnung über der Alb und Ausblick auf neue Ziele
Trotz aller Erfahrung gelingt so ein Flug nicht automatisch. Bei der Vorbereitung gehört nicht nur das Überprüfen der richtigen Websites und Wettervorhersagen dazu. „Ein bisschen Glück, Können – und auch das richtige Mindset sind fast am wichtigsten“, so Dörr. „Man muss sich an dem Tag zu 100 Prozent auf den Flug einlassen können.“ Habe man andere Dinge im Kopf, „wird so eine Strecke nichts.“
Weitere Flugziele gibt es bereits: einmal bis ins Allgäu, vielleicht sogar bis Füssen – oder über den Schwarzwald ins Rheintal. Für den Moment bleibt vor allem die Erfahrung eines besonderen Tages. Der Blick auf die Alb. Die Begegnung mit Schwalben in 2000 Metern Höhe. Und der Moment, als Dörr mitten in der Thermik seinem Vater im Segelflugzeug begegnete. Wenn die Bedingungen stimmen – und das Zusammenspiel passt – ist vieles möglich.