Die Nacht vor dem Halbmarathon war quälend. Stefan Ludwig von der TSG Schnaitheim konnte kaum schlafen – zu groß war die Aufregung. Zum ersten Mal sollte er die 21,1 Kilometer laufen, gemeinsam mit seiner Frau Sylvie. „Ich war nervös“, erzählt er. Vor einem Jahr hätten seine Mitläuferinnen und Mitläufer und er nicht einmal gedacht, dass sie zehn Kilometer schaffen würden. Und doch sind beim Einstein-Marathon in Ulm alle bis zur Ziellinie gekommen.
Vom Sofa auf die Strecke
Was als kleine Laufgruppe begann, ist inzwischen zu einer lebendigen Gemeinschaft geworden. Angeführt von Katja (43) und Simon Abele (39) haben sich Ingo (53) und Sandra Hermann (52), Stefan Ludwig (42) sowie Martina Kuhn (43) Schritt für Schritt nach oben gearbeitet – von fünf auf zehn Kilometer, schließlich zum Halbmarathon. „Von null auf 21“, wie sie selbst sagen.
Ingo Hermann war der Einzige in der Gruppe mit Halbmarathon-Erfahrung: Vor zwölf Jahren hatte er bereits einen Halbmarathon absolviert – diesmal war er fünf Minuten schneller. „Damals war das nicht gerade eine Glanzleistung“, sagt er, denn er hatte sich verletzt und fing erst jetzt wieder richtig mit dem Laufen an.
Zehn Wochen Vollgas
Die letzten zehn Wochen vor dem Rennen wurde nach einem strengen Trainingsplan trainiert. Fünfmal pro Woche mussten sie joggen. „Katja und Simon haben uns perfekt vorbereitet – und manchmal auch gebremst, wenn der Übermut zu groß wurde“, erzählt Sandra Hermann.

Die Läufer hatte sich in zwei Trainingsgruppen aufgeteilt: Die eine wollte einfach durchkommen, die andere die 21,1 Kilometer unter zwei Stunden absolvieren. Trotz Müdigkeit und Nervosität erreichten alle ihr persönliches Ziel. Von insgesamt 35 Startnummern liefen 33 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Halbmarathon, darunter zwölf Unerfahrene, zwei absolvierten die zehn Kilometer – und über Muskelkater klagte kaum jemand.
Gänsehautmomente auf 21 Kilometern
Martina Kuhn erinnert sich noch gut an Kilometer 18: „Da habe ich mich gefragt, warum ich den ganzen Scheiß eigentlich mache.“ Doch aufgeben? Keine Option. Das Publikum in Ulm feuerte sie an – wildfremde Menschen, die einfach mitfieberten. Und am Ende war für sie der schönste Moment: „Ich konnte meiner Nichte im Ziel in die Arme fallen.“
Aber auch andere besondere Augenblicke sorgten dafür, dass der Lauf unvergesslich wurde: Ein blinder Läufer überholte die Gruppe gemeinsam mit seiner Begleitung, und eine Mutter schob ihr Kind im Rollstuhl durchs Ziel. „Solche Momente machten das Ereignis zu etwas ganz Besonderem“, schwärmt Martina Kuhn.
Sandra Hermann lief etwa eine Stunde nach dem schnellsten Gruppenläufer, Ahmad Al-Kheder, ins Ziel. Er absolvierte die 21,1 Kilometer in 1:21:26 Stunden und wurde Achter in seiner Altersklasse. Doch egal ob schnell oder langsam – für die Gruppe zählte nur das Ankommen. „Ich habe selten gesehen, dass man die Strecke so geschlossen zusammen läuft“, sagte Sandra Hermann.
Und wie geht’s weiter?
Für die Zukunft hat die Gruppe noch einiges vor. Sandra Hermann will als Nächstes beim Nikolauslauf einen zwölf Kilometer langen Trail laufen, der aufgrund des Jubiläums in diesem Jahr einmalig angeboten wird. „5, 10 und 21 Kilometer hab ich, jetzt ist Trail dran.“ Und der Rest? Ein Marathon ist nicht ausgeschlossen, sagen alle. „Wir schauen, was kommt“, meint Katja Abele, die die Trainingspläne für die Gruppe erstellt. Simon Abele erzählt, dass einige aus dem Lauftreff bereits über eine Teilnahme an einem Bierlauf nachdenken. Ingo Hermann ergänzt: „Ich könnte mir eher einen Bierlauf vorstellen als einen Marathon.“
Lauftreff in Schnaitheim
Wer Lust bekommen hat, selbst die Laufschuhe zu schnüren, kann jeden Freitag um 6 Uhr beim Lauftreff an einer rund fünf Kilometer langen Runde in entspanntem Tempo durch Schnaitheim teilnehmen. Treffpunkt ist in der Mühlenstraße 42 – mit dabei ist meist auch Simon Abele, der die Gruppe leitet. Außerdem trifft sich der Lauftreff sonntags um 9 Uhr am Moldenberg. Neue Gesichter sind jederzeit eingeladen, mitzulaufen.