Johannes Meier war Fußballprofi beim 1. FC Heidenheim, mit dem er zwei Aufstiege bis in die 3. Liga erlebte. Mit 26 Jahren beendete der Verteidiger (154 Spiele für den HSB und FCH) auf eigenen Wunsch seine Karriere, um einen anderen beruflichen Weg einzuschlagen. Heute ist Meier Investment Professional beim Private-Equity-Unternehmen Triton, das unter anderem die Firma Renk an die Börse gebracht hat. Der ehemalige FCH-Spieler, der mit seiner Frau Terry (Terecita), Tochter Sophie und Sohn Joe in Kronberg im Taunus bei Frankfurt am Main lebt, erzählt von seiner Zeit als BA-Student in Heidenheim, Feiern im Warsteiner, seinen schönsten Toren und seinem Job als Investment-Manager, bei dem er Verbindungen nach Heidenheim hat.
Herr Meier, wie kamen Sie einst zum HSB nach Heidenheim?
Ich wollte mir neben dem Fußballspielen auf möglichst hohem Niveau etwas aufbauen und studieren. Der HSB um Holger Sanwald hatte ein Gesamtkonzept und mir den Vorschlag eines dualen Studiums gemacht. So konnten sie Spieler von Ulm nach Heidenheim locken. (lacht)
Sie gehören zu einigen Ulmer Spielern, die Richtung Heidenheim gewechselt sind …
Ja, mit Tim (Göhlert) habe ich in einer WG gelebt. Wir waren im ersten Stock, Alper (Bagceci) und Gökhan Gündüz im dritten. Alper und ich sind 2006 zum HSB, Tim ein Jahr vorher. Ich erinnere mich auch noch an die Fahrgemeinschaft mit Andy Spann, das war super.

Wie liefen Fußball und Studium ab?
Der HSB hat damals in der Oberliga gespielt. Parallel zum Fußball habe ich Betriebswirtschaft studiert und bei Voith gearbeitet. Der Vorteil war, dass dort, solange die Noten gestimmt haben, auf die Trainingszeiten Rücksicht genommen wurde. Und umgekehrt. Ich konnte auch, wenn es nicht anders ging, mal etwas knapper vor Beginn des Trainings da sein. Da hat auch Frank Schmidt mal ein Auge zugedrückt.
Hört sich stressig an.
Das war schon ein Aufwand. Kurz vor 8 Uhr bin ich aus dem Haus, um 20 Uhr war ich zurück. Aber es war cool und mir hat’s gefallen, den Heidenheimer Weg mitzugehen. Und wir hatten eine tolle Mannschaft mit großartigen Charakteren. Die Jungs haben sich auch neben dem Platz super verstanden.
Es wurde auch gerne gefeiert?
Klar, ich weiß noch, dass wir nach einem Sieg mal länger unterwegs waren. Am nächsten Tag meinte Frank Schmidt beim Auslaufen zu uns: „Ich weiß ganz genau, was ihr gestern gemacht habt. Solange wir gewinnen, könnt ihr aber so weitermachen.“

Also ab ins „Warsteiner“?
Das war unser erster Anlaufpunkt, hier wurden Siege mit allen gefeiert. Ein Bier mit den Fans war schon drin. Es ging jetzt nicht darum, zu übertreiben, schließlich ging es auch schon da professionell zu. Dass es für Heidenheim eines Tages mindestens in die 2. Liga geht, war aber schon da klar. Die erfolgreiche Entwicklung war kein Zufall.
Warum haben sich die Spieler so gut verstanden?
Es lag auch am lokalen Bezug. Die meisten kamen aus dem süddeutschen Raum, haben sich einfach wohlgefühlt. Man konnte auch mal heimfahren, ich ins Ostallgäu zum Beispiel, knapp eineinhalb Stunden von Heidenheim entfernt.
Hört sich beschaulich an. Dabei gehen Sie auch gerne in die weite Welt hinaus …
(lacht) In der Jugend habe ich mit einem südafrikanischen Freund zusammen bei 1860 München gespielt. Er ist danach zurück nach Kapstadt und ich bin zum SSV Ulm. In Kapstadt habe ich ihn mal besucht – und dort meine Frau Terry, die Cousine seiner Frau, kennengelernt.

Wie ging es weiter?
Meine Frau ist dann damals von Kapstadt nach London als Compliance-Managerin ins Asset Management gegangen. Und schließlich ist sie dann zu mir umgezogen, wir haben in Ulm gewohnt.
Im Sommer 2011 haben Sie Ihre Karriere beendet. Da waren Sie noch keine 27 Jahre alt …
Mein Studium habe ich im September 2009 beendet, konnte aber nicht sofort loslassen und habe in der anschließenden Drittligasaison nur Fußball gespielt. Ich habe meine Abschiedstour genossen, dann war aber Schluss. Ich weiß, dass es sehr früh ist, ich war auch fit. Aber mein Anspruch war es nicht, erst mit 32 oder 33 aufzuhören. Von Anfang an wollte ich auch in der Arbeitswelt etwas erreichen.
Wie war der Übergang?
Mit dem Fußball aufzuhören, war nicht einfach. In der ersten Zeit konnte ich mit mir selbst nur wenig anfangen. Ich bin laufen gegangen, das hat mich aber nicht erfüllt. Es war eine Übergangsphase, mit ein paar Monaten Leerlauf. Danach ging es darum, etwas anderes zu machen. Ich habe bei der KPMG in Stuttgart angefangen.
Dabei blieb es aber nicht?
Ja, meine Frau hat einen neuen Job in Frankfurt angeboten bekommen, der Bereich Asset Management ist hier eben stark konzentriert. Ich wurde, die KPMG hat’s möglich gemacht, 2013 auch nach Frankfurt transferiert, um in der Fußballersprache zu bleiben. (lacht)

Ihr Büro haben Sie jetzt im 36. Stock. Erfüllt das ein Klischee?
Ja, das mag sein. (lacht)
Seit über zehn Jahren sind Sie bei Triton, einem Private-Equity-Unternehmen (übersetzt: privates Beteiligungskapital). Was machen Sie genau?
Grob gesagt geht es um Investments, darum, Unternehmen zu kaufen und besser zu machen. Im Detail gehört da natürlich noch etwas mehr dazu, wie auch die Bewertung von Unternehmen. Wie stehen Unternehmen da? Was kann man verbessern, um sie profitabler zu machen und einen höheren Cashflow zu generieren?
Was muss man dafür können?
Bilanzen und Zahlen lesen, Firmen komplett durchleuchten, auch mal strategisch und kreativ denken, mit Leuten umgehen können. Ich habe das Examen zum Chartered Financial Analyst (CFA®) bei KPMG gemacht und die letzte Prüfung während meiner Anfangszeit bei Triton abgelegt. Es ist aber auch technisch fordernd, jedes Unternehmen ist anders.
Über welche Summen sprechen wir hier?
Bei uns geht es um Unternehmen ab ca. 500 Millionen Euro Unternehmenswert, manchmal auch deutlich mehr. Wir versuchen, sie über einen gewissen Zeitraum, zum Beispiel fünf Jahre, besser zu machen, um sie, wenn sie besser dastehen, mit Gewinn verkaufen zu können. Im Investmentbereich steht hier einem erhöhten Risiko eine Chance auf eine höhere Rendite entgegen.

Hätten Sie ein Beispiel?
Wir sammeln Geld von Investitions- und Pensionskassen, großen deutschen und internationalen Unternehmen, Universitäten in den USA oder Versicherungen ein. In der Regel kaufen wir dann mit diesem Geld gerne von deutschen Großkonzernen Teilbereiche ab. Von Voith haben wir die Voith Industrial Services, jetzt Leadec, erworben. Wir arbeiten aber auch mit Bosch, Siemens, Evonik oder Volkswagen zusammen. Von VW haben wir Renk im Jahr 2020 übernommen und 2024 an die Börse gebracht. Es war super spannend, den Börsengang voranzutreiben.
Bei Renk sitzen Sie im Aufsichtsrat. Die Firma erhält aktuell an der Börse als sogenanntes Rüstungsunternehmen viel Aufmerksamkeit …
Es fällt in den Bereich Verteidigung, was aber nicht unser klassisches Thema ist. Wir investieren nicht in Offensivwaffen oder Ähnliches. Renk stellt Hochleistungsgetriebe, die auch in Panzern verbaut werden können, her. Heutzutage wichtig, wenn es um Sicherheit geht.
Gibt es Parallelen zwischen Ihrer Zeit als Profifußballer und Ihrem aktuellen Job?
Ja, ich profitiere von meiner Profizeit, den Beobachtungen im Verein. Hier wie dort geht es um eine Teamstruktur, Hierarchien, gute Prozesse und solides Wirtschaften. Die Zusammenarbeit läuft nicht wesentlich anders.

Es ist ein ganz schöner Sprung aus dem eher beschaulichen Heidenheim aufs Frankfurter Börsenparkett. Sind Sie ein Karrieremensch?
Das ist eine gute Frage. Ich bin ehrgeizig und habe in meine Arbeit viel Zeit und Kraft investiert. Es gab Zeiten, in denen ich oft nachts noch an Projekten saß. Aber ich möchte, dass es meiner Familie gut geht, und mehr Rücksicht auf sie und Freunde nehmen. Unser Sohn Joe wird bald sechs, für ihn mache ich jetzt den Trainer in der G-Jugend. Die gibt’s in Hessen. (lacht) Die Kinder von der Schule abzuholen oder das Schul-Sommerfest sind mir genauso wichtig.
Wie läuft die Kommunikation im Hause Meier?
Meine Frau, sie kann gut Deutsch, und ich sprechen auf Englisch miteinander. Mit den Kindern spricht sie Englisch. Ich dagegen Deutsch. Ab und zu versuche ich auch Bayerisch. Aber das wollen sie nicht. (lacht) Und einmal habe ich mit Sophie auf Englisch gesprochen. Sie meinte, dass sich das komisch anhört. Ich soll lieber Deutsch mit ihr sprechen.
Wie ist Ihre Verbindung nach Heidenheim?
Mit Tim telefoniere ich noch ab und zu, ich war auch auf seinem 40. Geburtstag im September. Dort habe ich auch Alper getroffen. Ab und zu bin ich auch bei Spielen des FCH. Zum Beispiel war ich mit den Kids beim Spiel gegen den FC Bayern München, Joe ist Bayernfan. Ich finde es immer interessant, als ob ich nie weggewesen wäre. (lacht)

Johannes Meier, Sie haben für den FCH und den HSB 154 Spiele bestritten und dabei als Verteidiger sieben Tore erzielt. An welche können Sie sich noch erinnern?
(überlegt) An zwei. In der Regionalliga habe ich mal 25 Meter vor dem Tor, ohne nachzudenken, einfach volle Kanne draufgehalten. In dem Moment dachte ich noch: Oh, oh! Der Ball ging links oben in den Winkel. Mein einziges Drittligator war ein Elfmeter gegen Dortmund II. Der Torwart ging nach rechts, ich habe nach links geschossen. Das habe ich noch heute bildlich vor mir.
Mit Ihren 40 Jahren haben Sie bereits sehr viel erlebt. Wohin wird Ihr Weg Sie noch führen?
Mal schauen. Kapstadt ist auch eine sehr schöne Stadt. (lacht) Vielleicht gibt es hier ein weiteres Kapitel …
Johannes Meier: von Juli 2006 bis Juli 2011 beim HSB/FCH
Die Mutter von Johannes Meier stammt aus Österreich (Innsbruck), der Vater kommt aus der Oberpfalz. Sich selbst sieht Johannes Meier als Bayer. Johannes Meier kommt aus dem Dorf Weinhausen, sein erster Verein war der FC Jengen.
Im Juli 2006 wechselte Johannes Meier vom SSV Ulm zum damaligen HSB (Oberliga). An der BA in Heidenheim studierte er Betriebswirtschaft (Abiturschnitt von 1,7). Mit den Heidenheimer Fußballern feierte er zwei Aufstiege bis in die 3. Liga, dazu kamen zwei Triumphe im WFV-Pokal (Verbandspokal). In 154 Pflichtspielen erzielte Meier sieben Tore (eine Vorlage).