Nach historischer Pleite

So emotional bewertet Vorstandsvorsitzender Holger Sanwald die sportliche Krise beim 1. FC Heidenheim

Klartext vom FCH-Boss! Holger Sanwald benennt klar die Defizite des 1. FC Heidenheim nach dessen 0:6-Niederlage bei Bayer Leverkusen. Der Vorstandsvorsitzende hat allerdings auch eine Botschaft an Fans, Mannschaft und Mitglieder und blickt Richtung der Transferperiode im Winter:

Kopfschütteln verheißt bei Fußballern und Trainern nichts Gutes. Es ist ein Ausdruck von Unverständnis und Verunsicherung. Beim 1. FC Heidenheim wurde während des 0:6-Debakels bei Bayer Leverkusen sehr viel mit dem Kopf geschüttelt. Nach einer Minute und 15 Sekunden lag der FCH mit 0:1 zurück, nach 22 Minuten mit 0:3. Zur Pause stand es 0:5 aus Gästesicht. In der Geschichte der Heidenheimer Fußballer muss man sehr weit zurückgehen, um eine ähnlich hohe Klatsche zu finden: Am 11. Dezember 2004 ging der damalige Heidenheimer Sportbund beim SV Sandhausen mit 0:6 unter. Das war aber noch in der Oberliga.

Damals war Holger Sanwald bereits in einer verantwortungsvollen Position. Als Abteilungsleiter stellte er sich nach der Pleite bei der Pressekonferenz den Fragestellern. Auch dieses Mal, knapp 21 Jahre später, versucht Sanwald, jetzt Vorstandsvorsitzender des FCH, die brenzlige sportliche Situation einzuordnen.

Wir waren nicht bereit, um Bundesliga zu spielen.

Holger Sanwald, Vorstandsvorsitzender des 1. FC Heidenheim, über den Auftritt des FCH in Leverkusen

Dabei geht er in seiner Analyse differenziert vor. „Das war eine richtig schlechte Leistung von uns, gegen einen super Gegner, gegen eine Champions-League-Mannschaft. Wir haben aber unseren Teil beigetragen, weil wir nicht da waren, nicht präsent, nicht aggressiv, nicht wach, nicht bereit waren, um Bundesliga zu spielen.“ Mit jeder Minute sei beim FCH die Verunsicherung größer geworden. „Am Schluss sieht’s, da muss man ehrlich sein, hilflos aus“, so Sanwald.

Ja, das war halt richtig scheiße.

Holger Sanwald, Vorsitzender des FCH, über die Leistung des Teams in Leverkusen

Laut des Vorstandsvorsitzenden sei das Entscheidende, wie der Verein jetzt damit umgehe. „Das tut jetzt zwar richtig weh. Aber wir können es uns aussuchen, ob wir uns einander zerfleischen und sagen, dass alles scheiße ist. Ja, das war halt richtig scheiße, das brauchen wir auch nicht ansatzweise schönreden. Wenn wir jetzt aber aufeinander losgehen, ist aus meiner Sicht die schlechteste Variante.“ Es gehe darum, „ehrlich zu uns zu sein, es sauber zu analysieren, dass es gar nichts war. Aber trotzdem dürfen wir uns nicht auseinanderdividieren lassen“, schwört Sanwald den Verein ein. „Heute tut’s weh, jetzt liegen wir am Boden. Aber wir dürfen nicht aufeinander losgehen und alles in Schutt und Asche legen. Sonst geht etwas Größeres kaputt. Und das darf nicht passieren.“

Da erwarte ich eine ganz klare Reaktion von unserer Mannschaft.

Holger Sanwald, FCH-Vorstandsvorsitzender, blickt Richtung des nächsten Heimspiels gegen Mönchengladbach

Sanwald betont, dass der FCH nicht die erste Mannschaft sei, die sich nach einer herben Niederlage wiederaufrichten müsse. „Da gibt es viele Beispiele im Fußball. Am Ende ist es mir lieber, es schlägt so richtig ein, so wie heute und wir besiegen dann Gladbach“, blickte der FCH-Boss Richtung des nächsten Heimspiels am 22. November gegen Borussia Mönchengladbach, das neun Punkte auf dem Konto hat. „Da erwarte ich eine ganz klare Reaktion von unserer Mannschaft. In den Heimspielen, bis auf das gegen Wolfsburg, haben wir ein anderes Gesicht gezeigt.“

Kurz vor der Mitgliederversammlung am Mittwoch (Congress-Centrum, 18.46 Uhr) schwört der Vorstandsvorsitzende den Verein ein: „Wir haben immer gesagt, dass es Tage geben wird, an denen wir eine richtige Lektion, eine Lehrstunde verpasst bekommen werden. Nur eins wird jetzt wichtig sein: Wir müssen bereit sein, das wegzustecken. Es muss jeder für sich selbst entscheiden, wie er damit umgeht. Ich kann nur als Vorbild vorausgehen und sagen: Wir putzen uns den Mund ab, schauen nach vorne und gucken, dass wir die ganze Energie gegen Gladbach reinlegen. Dann zeigen wir hoffentlich ein anderes Gesicht.“

Jetzt ist keine Transferphase. Aber wenn sich die Situation im Winter so darstellt wie jetzt, dann ist es keine Frage, dass die Mannschaft Veränderung braucht.

Holger Sanwald, FCH-Boss, über mögliche Neuzugänge

Sanwald streicht positiv heraus, dass der Kontakt zu den Nicht-Abstiegsplätzen noch gegeben ist. „Aber wir müssen ehrlich zu uns sein: Wir haben fünf Punkte nach zehn Spieltagen. Wenn wir so weiterspielen würden, würde das niemals reichen, um in der Bundesliga zu bleiben.“ Aus diesem Grund möchte er in den bis zur Winterpause noch kommenden fünf Spielen genau hinschauen und die Eindrücke „in die Bewertung“ mit einfließen lassen. „Jetzt ist keine Transferphase. Aber wenn sich die Situation im Winter so darstellt wie jetzt, dann ist es keine Frage, dass die Mannschaft Veränderung braucht“, so der FCH-Vorstandsvorsitzende.

Sanwald erinnert an die erste Bundesligasaison des FCH: „Damals haben wir vor Weihnachten drei Siege geholt. Da dachte auch jeder nach den zwei Niederlagen gegen Gladbach, dass es eine Katastrophe ist. Aber wir haben die Kurve gekriegt.“ In der vergangenen Saison verloren die Heidenheimer im letzten Spiel des Jahres vor Weihnachten beim bis dahin punktlosen Schlusslicht VfL Bochum. „Auch das war schmerzvoll, aber auch lehrreich“, sagt Sanwald rückblickend. „Da hatten wir in der Winterpause die Möglichkeit, Spieler zu verpflichten.“ Mit Frans Krätzig (ausgeliehen vom FC Bayern München) und Budu Zivzivadze (vom Karlsruher SC) seien zwei wichtige Spieler gekommen, so Sanwald, der betont: „Wir sind hellwach, alles andere wäre naiv.“