Wo liegt eigentlich dieses Elversberg? Und warum spielt der Fußballverein von dort plötzlich um den Bundesliga-Aufstieg? Während die SVE als Zweitligist bundesweit bei den Fußballfans ein Begriff geworden ist, sind vor den beiden Relegationsspielen des FCH gegen die Saarländer am Donnerstag, 22. Mai, und Montag, 26. Mai, einige Fragen offen. Die erste Antwort bringt ein kurzer Blick auf die Landkarte: Elversberg ist keine Stadt, sondern ein Ortsteil der Gemeinde Spiesen-Elversberg, die an die Kreisstadt Neunkirchen angrenzt. Während der einstige Bundesligist Borussia Neunkirchen mittlerweile in der Saarlandliga kickt, schnuppert die SVE an der Erstklassigkeit – aus verschiedenen Gründen.
Ruhe im Verein: Kontinuität in der sportlichen Führung bringt den Erfolg der SV Elversberg
Selbst wenn alle 7.800 Elversberger in das Waldstadion an der Kaiserlinde (10.000 Plätze) kommen würden, wäre die Arena noch nicht gefüllt. Der Zuschauerschnitt ist bei den Elversbergern wegen des steilen Aufstiegs des Vereins stark gewachsen. Waren bis zum Drittliga-Aufstieg in der Saison 2021/22 in der Regel zwischen 1.000 und 2.000 Fans in der Arena, hieß es nach dem nächsten Aufstieg und nun zwei Spielzeiten in der zweiten Liga häufig: ausverkauft. Trotz des gestiegenen Interesses an den Spielen der SVE bricht beim Verein, der Anfang des Jahres 5.500 Mitglieder zu verzeichnen hatte, keine Hektik aus. Für die Ruhe im sportlichen Bereich sorgt ein Duo: Trainer Horst Steffen und Sportvorstand Nils-Ole Book.

Mit der Übernahme der sportlichen Verantwortung im Oktober 2018 haben die beiden eine beeindruckende Entwicklung angestoßen, die mit der Chance auf den Bundesliga-Aufstieg ihre vorläufige Krönung gefunden hat. Horst Steffen begegnet den beiden wichtigsten Spielen der Vereinsgeschichte mit seiner typischen Gelassenheit: „Das ist ein Beschluss, den ich vor einiger Zeit getroffen habe: Ich mache kein Drama mehr. Ich mache das Ganze nicht mehr mit“, sagte Steffen mit stoischer Miene nach dem 2:1-Sieg beim FC Schalke 04 und fügte an: „Ich freue mich einfach darauf, dass wir zwei weitere Spiele haben."
Ein fußballbegeisterter Geldgeber: Ex-Profi unterstützt die SV Elversberg als Funktionär und Sponsor
Der Elversberger Erfolg fußt aber nicht nur auf den guten sportlichen Entscheidungen, die finanzielle Grundlage lieferte ein Unternehmer, der die SVE seit Jahren im Herzen trägt. Der Ex-Profi Frank Holzer ist der mächtige Mann im Hintergrund. Im Jahr 1989 übernahm Holzer, der für Eintracht Braunschweig in der Bundesliga gespielt hatte, das Präsidentenamt bei den Elversbergern, kurzzeitig war er Interimstrainer des Teams. Aktuell ist der 72-Jährige Aufsichtsratschef des Zweitligisten, Präsident ist mittlerweile sein Sohn Dominik. In den vergangenen Jahren hat die Familie Holzer die SVE aber auch monetär unterstützt: Das Vater-und-Sohn-Gespann bildet die Geschäftsführung eines Arzneimittelunternehmens, das gleichzeitig als Hauptsponsor des Clubs und Namensgeber des Elversberger Stadions fungiert.
Clevere Transfers: Leih-Duo der TSG Hoffenheim begeistert die ganze Liga
Weil die finanziellen Mittel der Saarländer trotz der Unterstützung des treuen Sponsors begrenzt sind, hat der Tabellendritte der 2. Bundesliga in den vergangenen Jahren zwei Strategien bei seinen Transfers wiederholt beherzigt: die Verpflichtung von talentierten Leihspielern und von Profis, die in einer sportlichen Sackgasse steckten. So schoss Nick Woltemade, der heute beim VfB Stuttgart spielt, als Leihspieler die Elversberger zum Aufstieg in die 2. Bundesliga.

In der Vorsaison sorgte der jetzige FCH-Profi Paul Wanner für einige besondere Momente und hatte einen Anteil am frühzeitigen Klassenverbleib. In den vergangenen 34 Spielen begeisterte ein offensives Leih-Duo der TSG Hoffenheim die Fans: Fisnik Asllani glänzte mit 27 Torbeteiligungen, Muhammed Damar Damar war an 15 SVE-Treffern beteiligt. Umgeben sind die beiden Talente von vielen Spielern, die bereits in der Regionalliga in Elversberg kickten.
Attraktiver Offensivfußball: Nur der Hamburger SV schoss mehr Tore
Auf dem Spielfeld hat der kommende FCH-Gegner eindrucksvoll bewiesen, dass die fußballerische Mischung im Team stimmt. Mit ihrer offensiv geprägten und temporeichen Spielweise haben die Saarländer den attraktivsten Fußball in der gesamten Liga gespielt. Mit 64 Toren sind die Elversberger nach dem Hamburger SV die treffsicherste Mannschaft der Liga. Doch auch in der Defensive der SVE stimmt es: 37 Gegentore sind ligaweit der zweitbeste Wert. Den von Intensität, Disziplin, aber auch offensiven Freiheiten geprägten Fußball hat die Steffen-Elf in der heißen Phase der Saison perfektioniert und blieb in den vergangenen neun Ligaspielen ohne Niederlage.

Die Belohnung in Form der beiden Extraspiele gegen den FCH hat die Verantwortlichen aber trotzdem überrascht. „Wir haben niemals damit gerechnet“, sagte Horst Steffen, der die Favoritenrolle dem Bundesligisten zuschreibt. „Ich werde jetzt nicht mit 50:50 ankommen, wenn man sich die jüngste Bilanz in der Relegation zwischen Bundesliga und 2. Liga ansieht“, so der 56-Jährige. Mit der Rolle des Außenseiters ist Horst Steffen in den vergangenen Jahren ohnehin gut gefahren. „Ich werde meiner Mannschaft sagen: Lasst uns kämpfen und schauen, was man auch mit vielleicht weniger als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit schaffen kann.“