Kommentar von Edgar Deibert

Alarmstufe rot: Warum die historische Pleite des 1. FC Heidenheim eine Signalwirkung hat

Der 1. FC Heidenheim macht sich mit seinem Auftritt in Leverkusen lächerlich. Und ist am vorläufigen Tiefpunkt angelangt. Es könnte aber auch ein Wendepunkt werden. Ein Kommentar von Edgar Deibert

Bei der historischen Pleite bei Bayer Leverkusen wurde der 1. FC Heidenheim mit Hohn und Spott überzogen. Wenn der Gassenhauer „Einer geht noch, einer geht noch rein“ angestimmt wird, wie in Leverkusen, haben gegnerische Fans jeden Respekt vor der unterlegenen Mannschaft verloren. Jetzt kann man darüber streiten, ob man einen am Boden liegenden Verlierer derart demütigen sollte. Allerdings wurde bei einer Aktion im Gästeblock ins gleiche Horn geblasen: Ein FCH-Fan schwenkte symbolisch eine weiße Fahne – im militärischen Sinn ein Ausdruck der Kapitulation.

Unterstützung der eigenen Mannschaft trifft auf Galgenhumor: Mitgereiste Heidenheimer Fans hießen symbolisch die weiße Fahne im Gästeblock. Foto: Eibner/Thomas Thienel

Wenn Fans mit Galgenhumor reagieren – und später den Spielern wegen ihres fehlenden Engagements sprichwörtlich den Kopf waschen, ist Alarmstufe Rot angesagt. Mit der Leistung in Leverkusen hat der FCH in der Bundesliga nichts verloren – und hätte damit auch in der 2. Liga Schwierigkeiten, die Klasse zu halten. Von Offensivstärke oder gar spielerischer Finesse ist dabei gar nicht die Rede. Der FCH war in Leverkusen nicht er selbst, weil er Grundtugenden in einem Auswärtsspiel erneut vermissen ließ. Und mehr noch: Die Spieler trieben es mit ihrem verängstigten Auftritt auf die Spitze. Vor allem aus kämpferischer Sicht war es ein Offenbarungseid.

Eine Erklärung dafür hatten weder Kapitän Patrick Mainka noch Frank Schmidt. Der Trainer nimmt seine Spieler auch nicht mehr in Schutz. Es ist ein weiterer Ausdruck der Verschärfung der größten sportlichen Krise im Heidenheimer Fußball. Und ein Zeichen dafür, dass die Zeit der Entschuldigungen vorbei ist. Die wichtigste Frage lautet: Was kommt nach der Ratlosigkeit?

Lassen sich Wille, Engagement und Aufopferung einkaufen?

Edgar Deibert, HZ-Sportredakteur

Der FCH steht vor einem länderspielfreien Wochenende – und einer eher unruhigen Mitgliederversammlung am Mittwoch. Gut vorstellbar, dass auf dieser die Rufe nach möglichen Verstärkungen lauter werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich beim FCH in der Wintertransferperiode auch etwas tun. Doch wie lässt sich Wille, Engagement und Aufopferung – Tugenden, die den FCH in den vergangenen Jahren ausgezeichnet haben – „einkaufen“?

Hier sind vielmehr die Spieler gefragt, die in der vergangenen Saison mit ihrem Verein und ihren Fans noch durch Europa gezogen sind. Wo ist diese Einstellung hin? Es ist gut, dass Mainka & Co nach dem Debakel in Leverkusen mit sich selbst hart ins Gericht gingen. Dies ist jedoch das Mindeste, was sie machen konnten. Die historische Pleite des FCH wird eine Signalwirkung haben (müssen). Womöglich war die Niederlage der „Schlag in die Fresse“, wie es die Spieler ausdrückten, den sie gebraucht haben.

Die Zeit der Reden ist jedenfalls vorbei. Jetzt müssen die Spieler ihren Worten Taten folgen lassen, damit das Desaster am Bayer-Kreuz auch ein Wendepunkt wird. Denn in einer ähnlichen Situation befanden sich die Heidenheimer kurz vor Weihnachten der vergangenen Saison, als sie am 15. Spieltag sang- und klanglos beim bis dahin punktlosen Tabellenletzten VfL Bochum untergingen. Damals titelte die HZ: „Ein Auftritt zum Fürchten“. Es war der letzte fürchterliche Auftritt der Saison…