Ruhestand

Ein Kritiker, kein Krittler: Kulturredakteur Manfred F. Kubiak geht

Mehr als 34 Jahre hat der Aalener Manfred F. Kubiak das kulturelle Geschehen im Landkreis Heidenheim als HZ-Redakteur begleitet. Jetzt geht er in den Ruhestand.

34,5 liegt knapp über der Umdrehungszahl pro Minute einer Langspielplatte (33 1/3) und knapp unter der durchschnittlichen menschlichen Körpertemperatur von 36,6 Grad Celsius. Die Maßeinheit von 34,5 heißt in diesem Fall Jahre und steht für die Zeit, die Manfred F. Kubiak als Redakteur für die Heidenheimer Zeitung gearbeitet hat. Die meiste Zeit hat er dabei über Kultur geschrieben und natürlich über Menschen, die diese in Heidenheim machen – insofern scheint eine Zahl zwischen Langspielplatte und menschlicher Körperwärme für den Zeitpunkt seines Abschieds durchaus passend, auch wenn er ihn nicht willkürlich festgelegt hat, sondern auf die Rentenberatung hörte.

Zwischen Kultur und Sport

Der Aalener, der während seiner gesamten beruflichen Laufbahn in Heidenheim Pendler in die Nachbarmetropole blieb, war schon als Schüler freier Mitarbeiter der Aalener Volkszeitung. Sein erster abgedruckter Artikel handelte vom Motocross, und der Spagat zwischen Dreck und Schweiß im Sport und den schönen Künsten im Feuilleton blieb lange prägend – übrigens auch bei seinen privaten Aktivitäten, die sich zwischen Sport (Bergsteigen, Rennradfahren) und Musik machen (Gambe, Cello, E-Bass) bewegen.

Beruflich ging es über das Volontariat bei der Schwäbischen Post in Aalen zur Tätigkeit als Redakteur, immer noch zwischen Sport, Kultur und auch Lokalpolitik pendelnd. Ein Ausschlag in Richtung Sport war ein Vorstellungsgespräch beim Fachmagazin „Kicker“, aber die Entscheidung fiel 1990 für die Redaktion der Heidenheimer Zeitung, die zu diesem Zeitpunkt einen Redakteur für die Kultur suchte. Hier lockten schon in der Ausschreibung die Opernfestspiele, quasi das Eldorado für einen Enthusiasten wie Kubiak.

Die komplexeste Kunstform

Die Oper, sagt der langjährige Kulturredakteur, sei für ihn die komplexeste aller Kunstformen, die Orchester, Gesang und Schauspiel vereint. Auch wenn es in vielen Rezensionen vordergründig um die Inszenierung gehe, sei ihm immer die Musik am wichtigsten, so Kubiak. Als Kritiker war der Kulturredakteur keiner, der kritteln wollte an Kleinigkeiten wie einem verrutschten Ton, der selbst dem geübten Profi passieren kann. Überhaupt, sagt er, sei es doch wesentlich schwieriger, gehaltvoll zu loben als pauschal zu zerreißen.

Wobei: Ein Komplettverriss bleibt doch in Erinnerung. „Der Fliegende Holländer“ landete 1995 im Rittersaal und Manfred Kubiak war sowohl mit der Interpretation von Wagners Musik als auch mit der Inszenierung sehr unzufrieden. „Ohne jegliche dynamische Kontur plätschert ein bis zur Belanglosigkeit entsafteter Wagner an die Steilufer des Rittersaales“, war in der HZ zu lesen. Die Oper schlug keine Wellen, die Kritik hingegen ziemlich große, die sich über das Rathaus bis in die Redaktion hinein ausbreiteten. Aber auch das muss ein Kulturkapitän aushalten.

Was noch zu erwähnen bleibt: Zwei Bücher („Mit Mozart durch das Alphabet“ mit Zeichnungen von Hendrik Rupp und „Unter Bäumen“ zusammen mit Ulrich Bischoff) sind aus Kubiaks journalistischer Arbeit entstanden. Und zweimal wurde Serien ausgezeichnet: 2017 eine über Kirchenorgeln („Stiftung Orgeltest“) mit dem Medienpreis Mittelstand sowie 2018 eine über Kirchenglocken im Landkreis Heidenheim („Heiliger Bimbam“) mit dem Medienpreis des Deutschen Preises für Denkmalschutz, beide hat Kubiak zusammen mit Online-Redakteur Arthur Penk realisiert.

In den Ruhestand geht Kubiak ohne exakte Pläne, zunächst hofft er auf einen schönen Sommer, in dem er noch mehr Sport machen, sich der Gartenarbeit widmen und viele Opernvorstellungen besuchen kann. Seinen Beruf hat er immer als großen Glücksfall empfunden: „Ich konnte das machen, womit ich mich am liebsten auskenne“ – und das ohne langweilige Routinen und immer mit neuen Herausforderungen. So darf es für den Ruheständler weitergehen – zumindest wünscht ihm das die HZ-Redaktion.

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