Es ist keine fünf Jahre her, da stand, im September 2020, vor Vitalität strotzend, Franklin Pühn im Kunstmuseum und lachte über einen gewissermaßen radioaktiv daherkommenden Witz, den sich der Vertreter der HZ auf Kosten seiner Atelieradresse erlaubt hatte. Das sei ja dann wohl ein Kastortransport lautete das Wortspiel angesichts dessen, dass Pühn höchstselbst den Weg seiner Werke von der Kastorstraße, wo eben er sein Atelier hatte, in die Marienstraße überwacht hatte, wo er im Kunstmuseum ausstellte. Der Aufbau der Schau war selbstverständlich Chefsache.
Und ihr Anlass war Franklin Pühns gerade mal ein gutes Vierteljahr zurückliegender Geburtstag gewesen. Der 95. Geburtstag. Man sah ihm sein Alter nicht an. Und weil das so war, vergaß man darüber ganz, wie außergewöhnlich und an sich schon höchst bemerkenswert doch eigentlich der Umstand war, dass zur Feier des 95. Geburtstages eines Künstlers nicht von einer Retrospektive die Rede war, sondern der Gefeierte tatsächlich sein neuestes Schaffen präsentiert. Jüngste Arbeiten eines 95-Jährigen.
Eisen, Aluminium, Bronze
Nun wäre er 100 geworden. Und zur Feier dieses Geburtstages geht’s erneut ins Kunstmuseum. „Franklin Pühn“, lautet der Titel der Schau. Und „Metall“ deren Untertitel. Diesmal jedoch geht es, nachdem Papier das Spätwerk des Künstlers dominiert hatte, zurück zu den künstlerischen Anfängen und zu Werken aus Eisen, Aluminium und Bronze. Wobei auch hier schon die Themen aufscheinen, die den Künstler zeitlebens beschäftigen sollten: Dynamik und Ruhe, Wachstum und Zerfall, Expressivität und Harmonie.
Den einen Raum der Schau, jenen, durch den man sie betritt, dominieren Figuren. Angefangen von einer der frühesten Arbeiten Franklin Pühns, einem goldenen Huhn aus dem Jahre 1949, bis hin zu zwei Handballern etwa, die sich heftig rangeln. Pühn brachte Bewegung in die Form, die er immer wieder auch aufbrach.

Glatt und porös
Das sieht man sehr schön in dieser Ausstellung. Und vielleicht am schönsten an seiner faszinierenden Cellospielerin aus dem Jahr 1962, die sowohl geschlossene als auch schon aufgebrochene Form ist, bei der Kopf und zum Greifen in der ersten Lage erhobener linker Arm eins sind, ebenso Körper und Instrument, während der rechte Arm mit der bogenführenden Hand den Bruch mit der Geschlossenheit vollziehen, auch in der Porosität, die hier im Kontrast zur ansonsten glatten Oberfläche der Bronzefigur steht. Eine Dissonanz, die in diesem Falle sogar zweideutig aufgefasst und musikalisch weitergedacht werden kann.
Gleichzeitig mit dem zweiten Raum betritt der Besucher das, was Museumsdirektor Marco Hompes den Pflanzenwald nennt, Arbeiten aus Aluguss, die allesamt um das Jahr 1979 herum entstanden sind. Pühns Pflanzenwald hat zunächst einmal eine inhaltliche Komponente. Es geht, grob formuliert, selbstverständlich um Auseinandersetzung mit der Natur.
Der Blick nach draußen
Schon etwas feiner betrachtet, geht es aber auch um den Einfluss des Menschen auf die Natur. Und wie Pflanzen darauf reagieren, war das, was hierbei nun Franklin Pühn am meisten interessierte. Sehr augenfällig wird dabei auch die technische Komponente des Pflanzenwalds, nämlich wie großartig Franklin Pühn nicht nur die Herausforderung löste, Bewegung dazustellen, sondern auch die, mit seinen Pflanzen dabei gleichzeitig noch in die Höhe zu streben.
Neben den ausgewählten Metallarbeiten aus Franklin Pühns Nachlass, die Marco Hompes für diese Ausstellung zusammengestellt hat, richtet sich deren Blick allerdings auch nach draußen. Denn mit seinen großformatigen Werken im öffentlichen Raum hat der Bildhauer Franklin Pühn unübersehbar Spuren im Bild der Stadt Heidenheim, der Region Ostwürttemberg und auch darüber hinaus hinterlassen.
Marco Hompes hat hier regelrechte Detektivarbeit geleistet und sich auf eine Art Schnitzeljagd durch Zeit und Raum begeben, eine Spurensuche, die ganz eindeutig ebenso viel Akribie erforderte, wie sie dem Fährtenleser wohl Freude bereitet hat.

Filmische Erinnerungen
Die Entdeckungsreise führt von Franklin Pühns erster Arbeit im öffentlichen Raum, dem 1952 entstandenen Gefallenendenkmal in Bolheim, bis zur letzten Arbeit dieser Art, dem Tell-Kreisel beim Heidenheimer Schiller-Gymnasium. Dokumentiert – durch Fotos aus der Entstehungszeit und aus Pühns Hand sowie durch Fotos des Jetztzustandes, die Marco Hompes machte – sind so 34 Werke. Das sind viele, aber längst nicht alle, da inzwischen Werke auch einfach verschwunden sind. Dokumentiert sind auch solche Umstände und deren Hintergründe. So kann man, nur zum Beispiel, etwa nachvollziehen, dass in Schnaitheim genau dort, wo heute der Elser-Gedenkstein steht, zuvor ein Fischbrunnen von Franklin Pühn stand.
Abgerundet schließlich wird diese Geburtstagsschau durch einen Film von Hans-Martin Hartmann, der sich mit dem in dieser Ausstellung nicht präsenten, jedoch sehr interessanten und auch umfangreichen sakralen Schaffen des Künstlers Franklin Pühn beschäftigt. Titel: „Mein Kreuz mit dem Kreuz“.
Vernissage und Öffnungszeiten
Am Dienstag, 20. Mai, hätte der im Dezember 2020 im Alter von 95 Jahren verstorbene Heidenheimer Künstler Franklin Pühn seinen 100. Geburtstag gefeiert. An diesem Tag wird um 19 Uhr im Kunstmuseum die Ausstellung „Franklin Pühn, Metall“ eröffnet, die dann bis zum 21. September zu sehen sein wird, und zwar von Dienstag bis Sonntag und feiertags von 11 bis 17 Uhr sowie mittwochs von 13 bis 19 Uhr.