Kriminalität

Trickbetrüger am Telefon: Eine Betroffene aus dem Landkreis Heidenheim berichtet, die Polizei gibt Tipps

Telefonbetrüger agieren mit dreisten Maschen. Eine einschneidende Erfahrung machte kürzlich eine Familie aus dem Landkreis Heidenheim. Die Polizei sensibilisiert.

Es war ein Freitagabend, kurz nach 18 Uhr. Ein anonymer Anruf geht auf dem Festnetz von Tina Maier (Name von der Redaktion geändert) ein. Die Mutter nimmt den Anruf an, ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Sie ist vorsichtig nach diesem Vorfall, hat Sorgen um ihre Daten.

Am Telefon meldet sich ein vermeintlicher Professor einer Uniklinik. Die Tochter sei mit starken Bauchschmerzen eingeliefert worden, es zeigten sich Metastasen, man müsse dringend und rasch ein teures Medikament bestellen, so die Stimme am Telefon. Es gehe um 160.000 Euro, die überwiesen werden sollen. Auch Gold oder Schmuck sei denkbar. Dann wird sogar die vermeintliche Tochter ans Telefon geholt, man hörte bitterliches Weinen. „Das war so echt, ich dachte wirklich, dass das meine Tochter ist“, sagt Tina Maier. Zweifel hegte sie bislang nicht. Alles wirkte real, zumal die Tochter tatsächlich nicht zu Hause lebt und derzeit ihr Studium absolviert. Das Szenario war durchaus denkbar.

Gläserner Bürger? Die Angst um die persönlichen Daten ist groß

Tina Maier hatte schon oft von Trickbetrügereien gehört. Dass sie selbst einmal betroffen sein könnte, nicht im Leben hätte sie daran geglaubt. Mehrere Nächte tat sie kaum ein Auge zu. Der Vorfall wirbelte einiges auf. „Die Leute am Telefon wussten so viel, das macht mir wirklich Angst. Man ist so durchsichtig mit all den Daten im Internet und mit KI ist heute ja auch so viel möglich“, sagt Tina Maier.

Die Leute am Telefon wussten so viel, das macht mir wirklich Angst. Man ist so durchsichtig mit all den Daten im Internet und mit KI ist heute ja auch so viel möglich.

Eine Landkreisbewohnerin über ihre Erfahrungen mit Trickbetrügern

Zurück am Telefon. Die Mutter wollte sich mit ihrem Mann besprechen und bat um eine Nummer für einen Rückruf. Daraufhin wurde das Gespräch abrupt beendet. „In diesem Moment wusste ich, dass es Betrüger waren“, sagt Tina Maier. Sie hatte zum Glück keine Überweisungen veranlasst, kein Geld verloren. Dennoch ließ sie vorsorglich ihre Konten sperren und meldete sich bei der Polizei. Dort war sie offenbar die fünfte Geschädigte an diesem Tag, wie es hieß.

Die Polizei kennt die Maschen der Betrüger

Die Polizei kennt Fälle wie diese. Christian Quattrone ist beim Polizeipräsidium Ulm für Prävention zuständig. Er kennt die Zahlen, die Maschen, viele Betroffene und ordnet ein: „Die Zahl der Telefonbetrügereien ist seit 2015 steil ansteigend. Zwar gingen die versuchten Fallzahlen vergangenes Jahr etwas zurück, doch die Schadenssummen gehen weiter in die Höhe.“

Die Betrüger und ihre Maschen sind leider sehr gut und höchst professionell.

Christian Quattrone, Präventionsbeauftragter beim Polizeipräsidium Ulm

Christian Quattrone und seine Kollegen in den einzelnen Landkreisen gehen raus zu den Menschen, klären auf, bieten Infoveranstaltungen an. „Wir haben über 200 Veranstaltungen im Jahr. Aber die Leute fallen dennoch auf die Trickbetrüger rein. Die Betrüger und ihre Maschen sind leider sehr gut und höchst professionell.“

Die Täter haben immer das gleiche Schema

Eine der geläufigsten Maschen ist nach wie vor der sogenannte Schockanruf, wie Christian Quattrone sagt. Es wird ein tödlicher Unfall vorgegaukelt, der Verursacher ein Familienmitglied, das inhaftiert werden soll und das man gegen Kaution freilassen würde. Bekannt und verbreitet ist auch die Masche mit einem vermeintlichen Polizeibeamten, der vor einem Einbruch schützen wolle und so die Opfer um Geld und Schmuck bringt. Auch WhatsApp-Maschen sind geläufig und bekannt.

Wenn die Täter merken, dass sie das Opfer an der Angel haben, wollen sie immer mehr.

Christian Quattrone

„Die Täter haben im Prinzip immer das gleiche Schema, das in den Details variieren kann“, so Christian Quattrone. Die Anrufer sprechen perfektes Deutsch, meist sogar Amtssprache, geben sich als Richter, Polizeibeamter, Staatsanwalt aus. Im Verlauf entwickelt sich ein echtes Psychospiel, die Täter nehmen die Opfer in die Mangel und führen stundenlange Gespräche. Quattrone: „Die Täter setzen die Opfer unter immensen psychischen und zeitlichen Druck. Sie wollen immer die Kontrolle.“

Zunehmend trifft es auch jüngere Opfer

Erst dieses Jahr hatte das Polizeipräsidium Ulm einen schweren Fall – das Opfer verlor mehr als 300.000 Euro bei einer Tat. „Wenn die Täter merken, dass sie das Opfer an der Angel haben, wollen sie immer mehr. Daher kommen wirklich hohe Schadenssummen zusammen.“ Und während zunächst oft ältere Menschen als Opfer gesucht wurden, treffe es nun auch zunehmend Jüngere, so Quattrone.

Die Telefonbetrügereien gehören zur organisierten Kriminalität, meist stecken internationale Netzwerke dahinter. Ermittlungen sind schwierig, doch immer wieder verzeichnet die Polizei Ermittlungserfolge. Christian Quattrone: „Letztes Jahr gab es ein großes Verfahren beim LKA, es konnte eine große international agierende Bande dingfest gemacht werden. Doch Quattrone betont: „Solange sie Erfolge haben, machen sie weiter.“

Warnsignale bei Trickbetrügereien: die Polizei gibt Tipps

Wer am Telefon in ein Gespräch verwickelt wird, sollte sich laut Polizei folgende Fragen stellen: Ist die Person am Telefon fremd? Sollen Geld oder Wertgegenstände heute noch übergeben werden? Hat sich der Anrufer als Angehöriger, Polizist, Staatsanwalt oder Notar oder Ähnliches ausgegeben? Sollen Geld oder Wertgegenstände an unbekannte Personen übergeben werden? Wenn zwei oder mehr Fragen mit Ja beantwortet werden können, handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen Betrugsversuch. Geschädigte sollten sich rasch an die Polizei wenden.

Grundsätzlich gilt, dass man auch bei einem Betrugsversuch die Polizei verständigen sollte. Jeder Hinweis kann hilfreich sein. Ist man Opfer geworden, sollte dies sofort zur Anzeige gebracht werden. In manchen Fällen war es gelungen, die Täter noch während des Abtransports festzunehmen, so die Polizei.

Um sich zu schützen, rät die Polizei, ein Familienpasswort festzulegen. Insbesondere bei der Whatsapp-Masche könne das hilfreich sein. Prinzipiell rät die Polizei, keine Daten übers Telefon preiszugeben. Ebenso könne es sinnvoll sein, sich nicht direkt mit den Namen zu melden, auf die eingehenden Nummern zu achten und anonyme Anrufe nicht anzunehmen. 

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