Während sich draußen das nächste Hitzegewitter ankündigte, zelebrierte in der Stadtbibliothek das Publikum den Frühling. Beim Abschlusskonzert des Liederfrühling-Festivals wurden Lieder von Komponisten vorgetragen, die heute eher unbekannter sind – und was da geboten wurde, war noch einmal große Gesangs- und Spielkunst.
Der international gefragte Gitarrist Martin Dressler entführte das Publikum mit federleichtem Saitenspiel in träumerisch romantische Bilderwelten. Moderatorin Birgit Sehon führte kenntnisreich und amüsant durch den Abend. Man erfuhr nicht nur spannende Dinge über Vögel, Männchen und Weibchen, wie sie ihren Gesang erzeugen (durch ausströmende Luft aus Luftsäcken, sie können gleichzeitig atmen und singen), auch die Komponisten und ihre Werke wurden vorgestellt. Bei Ferdinand Rebay (1880–1953) wurde schon in jungen Jahren eine große musikalische Begabung erkannt, er war Chormeister in Wien, Dirigent, Autor und Komponist zahlreicher Lieder, Kantaten und Opernwerke. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 wurde er entlassen. Seit einigen Jahren wird sein Werk wiederentdeckt. In dem Konzert wurden einige von insgesamt 90 komponierten Kunstliedern Rebays vorgetragen.
Künstlerische Höhepunkte des Abends
Den Anfang machte Mezzosopranistin Anna Bychkova zusammen mit Dressler und es war ein großes Vergnügen, ihnen nicht nur zu lauschen, sondern der Opernsängerin auch zuzusehen. Man konnte nicht anders, als sich vorzustellen, wie sie auf großen Bühnen der Welt die Diven gibt, ausdrucksstark, mit herrlicher Mimik und Gestik. Sie war Rebays „Gekränktes Spätzlein“ („dass ich mit Betteln mein Leben friste“), die Nachtigall und zog alle Register bei dem wundervollen „Kinderlied von den grünen Sommervögeln“ („Da trat ein starker Mann zum Baum und hub ihn an zu schütteln“). Das Publikum war entzückt. Auch Gitarrist Dressler zeigte immer wieder eine Virtuosität und Leichtigkeit, dass man ins Schwärmen geriet.
Der wundervolle Tenor Dr. Musa Nkuna übernahm und sang innig von Rebays „Sonderbarem Vogel“. Moderatorin Sehon erzählte weiter: Louis Spohr (1784–1859) war ein deutscher Komponist, Dirigent und Gesangspädagoge und zählte neben Niccolò Paganini zu den größten Geigern seiner Zeit. Berühmt wurde er auch durch die Erfindung des Taktstocks – was seinem Orchester anfangs gar nicht gefiel und die Musiker sich „domptiert“ fühlten, wie Sehon erzählte. Sopranistin Theresa Maria Romes sang stark und mitreißend, begleitet von der begnadeten Klarinettistin Julia Berg und am Flügel meisterhaft Jieun Baek, sechs deutsche Lieder von Spohr.

Das Besondere am Kunstlied ist die enge Verbindung von Musik und Sprache, oft sind es vertonte Gedichte von berühmten Lyrikern. So geschah es bei den Vorträgen mehr als einmal, dass auch die Gedichte, die Sprachkunst, das Publikum berührten. Ob Friedrich Rückert („die Erde lag vor mir im Frühlingstraum“), Emanuel Geibel („bis vom schwimmenden Auge die Träne mir fällt“) oder Ernst Koch („es gibt geheime Schmerzen, sie klaget nie der Mund“) – der Konzertabend war auch ein Fest der deutschen romantischen Sprache.
Nach der Pause reihte sich, so unglaublich das klingen mag, noch einmal Highlight an Highlight. Nkuna mit Spohrs „Wohin“ zum Niederknien, Duette von Romes und Bychkova in berührender Harmonie. Sehr spannend waren auch zwei Songs des britischen Komponisten George Alexander Macfarren, herausragend dargeboten von Nkuna, Berg und Baek. Auch der Vortrag von Antonín Dvořáks Mährischen Duetten war mitreißend. Die Zugabe schließlich von Franz Schuberts „Die Welt ist schön“ machte die Musikerinnen und Musiker ebenso wie das strahlende Publikum glücklich. Es bleibt zu sagen: Mehr davon! Die Gäste gingen beflügelt nach Hause.
Ausblick auf kommende Veranstaltungen
Das nächste Konzert des Liederfrühlings wird am Samstag, 13. September, im Heimatmuseum Herbrechtingen zu erleben sein. Ein hochkarätiges Ensemble wird beim Sommer-Open-Air das Publikum mit italienischen Liedern erfreuen. Genauere Informationen werden noch bekannt gegeben unter liederfruehling.com.