Mit stolzen 768 Seiten stellt der Anaconda Verlag wohl einen kleinen Rekord auf. Keine andere Ausgabe von Alexandre Dumas‘ Abenteuerroman „Die drei Musketiere“ ist so umfangreich wie diese. 768 Seiten in eine kompakte und kurzweilige Bühnenfassung zu pressen, ist kein Zuckerschlecken, doch das Naturtheater Heidenheim wagt sich daran. Für das diesjährige Erwachsenenstück, welches am 27. Juni Premiere feiert, wurde eigens für das Naturtheater ein „Musketiere“-Textbuch verfasst – und zwar von einem Vater-Tochter-Gespann.
Nachdem er 1989 gemeinsam mit Alexander Schottky schon einmal die Geschichte um d’Artagnan, Athos, Porthos und Aramis erzählt hat, inszeniert Karsten Tanzmann den Klassiker in diesem Jahr einmal mehr. Die textliche Grundlage dafür stammt aus der Feder seiner Tochter Sarah Krenz.
Vater und Tochter inszenieren „Die drei Musketiere“
„Ich bin ein riesiger Musketier-Fan und schreibe einfach gerne fürs Theater“, berichtet Krenz. Schreiben tut sie als Hobby, neben ihrem Job als Lehrerin. Die Bühnenfassung der „Drei Musketiere“ stellte sie 2016 fertig – gewissermaßen ohne „Auftrag“ und ohne die Gewissheit, dass sie jemals aufgeführt werden würde. Nur wenig später, 2017, packte auch Kasten Tanzmann erneut das Musketier-Fieber: „Wir haben das Stück für die Spielzeit 2018 eingereicht, am Ende hat man sich dann aber für ‚Frühstück bei Tiffany‘ entschieden.“
Doch der Wunsch, die Abenteuer-Geschichte noch einmal zu inszenieren, blieb. Und ein Textbuch stand ebenfalls bereitwillig zur Verfügung. Dazu noch eines, wie es selten auf der Bühne aufgeführt wird. Denn während die meisten Adaptionen nur den ersten Teil des Buches aufgreifen, umfasst die Naturtheater-Version sowohl die Diamantspangen der Königin von Österreich als auch die Rachepläne der Milady de Winter.
Für uns beide war es auch ein Bluten.
Karsten Tanzmann, Regisseur von „Die drei Musketiere“
Die 1989 von Tanzmann inszenierte Fassung – „eine locker-flockige Version“ – hatte eine kindgerechte Dauer von 90 Minuten. Bei dem ursprünglichen, von Krenz verfassten Textbuch hätte es rund dreieinhalb Stunden gedauert, das Stück von der ersten bis zur letzten Seite aufzuführen. Das Ziel von Vater und Tochter: sich irgendwo in der Mitte treffen.
Das diesjährige Erwachsenenstück hat eine Dauer von rund zweieinhalb Stunden. Um zu diesem Punkt zu gelangen, mussten sowohl Autorin als auch Regisseur so manchen Kompromiss eingehen. „Für uns beide war es auch ein Bluten“, erzählt Tanzmann und lacht. Während Sarah Krenz mit dem Blick einer Autorin an die Bearbeitung heranging, habe Tanzmann einen bisweilen realistischeren Standpunkt einnehmen müssen. Was ist bühnentechnisch möglich? Wo gibt es geeignete Auftrittsmöglichkeiten der Rollen? An welchen Stellen muss gestutzt und gestrichen werden?
Zusammenarbeit war intensiv und nicht immer ganz einfach
Viele Gespräche und Diskussionen habe es gedauert, bis das Textbuch seine finale Form angenommen habe. Die Zusammenarbeit mit ihrem Vater, so Krenz, sei spannend gewesen, humorvoll, „nicht immer ganz einfach“. Und auch Karsten Tanzmann spricht von einem intensiven Prozess: „Wir haben uns dabei ganz neu kennengelernt. Es war ein Geschenk, das machen zu dürfen. Ich bin sehr dankbar dafür.“
Von der Endversion des Textbuchs zeigen sich beide überzeugt: „Ich denke, die Zuschauer werden an der Handlung nichts vermissen. Da ist alles Wichtige drin, inklusive Humor und Spannung“, erklärt Krenz. Tanzmann freut sich nicht zuletzt darüber, dass diese Inszenierung vieles aus dem Roman von Dumas aufgreift – „denn vielen Menschen ist die ursprüngliche Geschichte gar nicht mehr so bekannt“. Von dem Endergebnis kann man sich in knapp einer Woche selbst ein Bild machen, wenn es auf der Freilichtbühne heißt: Einer für alle, alle für einen.