Voith in Heidenheim

Corona trübt die Bilanz: Sehr viele Aufträge, aber nur geringer Gewinn

Der Auftragsstand bei Voith ist so hoch wie noch nie in der Geschichte des Heidenheimer Unternehmens. Bis dieser sich finanziell auswirkt, wird es aber noch dauern. Im jetzt abgeschlossenen Geschäftsjahr lag der Gewinn bei nur einer Million Euro. Woran das lag:

Corona trübt die Bilanz: Sehr viele Aufträge, aber nur geringer Gewinn

Positiv gestimmt blickte Voith-Konzernchef Dr. Toralf Haag bei der Bilanzpressekonferenz in Heidenheim in die Zukunft. Zwar sind die Zahlen des am 30. September abgelaufenen Geschäftsjahres 2020/21 nur marginal besser als die des Vorjahres, aber ein rekordverdächtiger Eingang an Aufträgen in Höhe von 5,02 Milliarden Euro beschert dem in Heidenheim ansässigen Weltkonzern mit insgesamt 19.928 Mitarbeitenden für die nächsten Jahre viel zu tun.

So viele Aufträge wie noch nie

Der Auftragsbestand summiert sich damit auf 6,2 Milliarden Euro und ist „der höchste, den es je gab“ in der Firmengeschichte, so Finanzchef Egon Krätschmer. Er verwies aber auch auf die langen Produktionszyklen bei Voith, weshalb sich die Aufträge erst sukzessive in den kommenden Jahren im Umsatz des Unternehmens niederschlagen werden.

Schwarze Zahlen trotz Corona

Beim Konzernergebnis freut man sich bei Voith darüber, dass man auch im zweiten Corona-Jahr schwarze Zahlen geschrieben hat, obwohl der Gewinn mit einer Million Euro noch niedriger ausfiel als im Vorjahr (6 Millionen Euro). Aussagekräftiger als diese Zahl, die nach Steuern und Zinsen unterm Strich steht, ist der operative Gewinn (EBIT), den Voith mit 165 Millionen Euro angibt. Im Vorjahr lag der Gewinn vor Steuern und Zinsen bei 139 Millionen Euro, weshalb Krätschmer von einer Steigerung um 18 Prozent und einem Ergebnis sprach, das „die Prognose deutlich übertroffen hat.“

„Effektives Krisenmanagement“

Gleichwohl sei das operative Ergebnis durch die Corona-Pandemie beeinträchtigt gewesen. Voith habe mit der Schließung von Produktionsstätten und Baustellen zu kämpfen gehabt. Globale Lieferengpässe und stark gestiegene Rohstoffkosten hat auch Voith zu spüren bekommen. Konzernchef Haag dankte den Mitarbeitenden für deren „herausragenden Einsatz“ und sprach von einem „effektiven Krisenmanagement“, das Voith weltweit gelungen sei.

Umsatzrendite bei 3,8 Prozent

Im Vergleich zum Vorjahr verbessert hat sich auch die Umsatzrendite, die sich aus dem Verhältnis von EBIT und Umsatz ergibt. Bei einem Umsatz von 4,3 Milliarden Euro lag sie für 2020/2021 bei rund 3,8 Prozent, im Vorjahr waren es 3,3 Prozent bei einem Umsatz von 4,17 Milliarden Euro. Vor Corona waren es noch 5 Prozent Umsatzrendite bei einem Umsatz von 4,27 Milliarden Euro gewesen (2018/19).

Trotz der aktuellen Herausforderungen hat Voith 192 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert, rund 77 Millionen Euro flossen in die Restrukturierung. Unter diesem Begriff werden unter anderem die Schließungen der Voith-Standorte in Sonthofen, Zschopau und Mülheim subsummiert, aber auch Veränderungen bei Voith in Brasilien. „Wir haben notwendige Aufwendungen für Restrukturierungen auch im Krisenjahr getätigt. Die langfristige Verbesserung unserer Ertragslage ist uns wichtiger als ein kurzfristiger positiver Effekt auf unser Ergebnis“, so Haag.

Voith ist liquide

Für weitere Investitionen sei Voith gut aufgestellt, meinte der Konzernchef. Die Eigenkapitalquote lag zum Bilanzstichtag (30. September) bei 19,8 Prozent. Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit war mit 144 Millionen Euro deutlich positiv, das Unternehmen ist liquide. Auch Fremdkapital steht Voith in Form von 1,1 Milliarden Euro an Krediten zur Verfügung.

Industrielle Nachhaltigkeit

Beim Blick in die Zukunft besteht laut Toralf Haag nach wie vor große Unsicherheit aufgrund der Pandemie, es sei aber auch ein Aufschwung in den Kernmärkten zu beobachten. Finanziell erwartet Haag eine Steigerung des Konzernumsatzes und auch das operative Ergebnis soll sich verbessern.

Voith setzt strategisch auf die Trends Dekarbonisierung und Digitalisierung. Industrielle Nachhaltigkeit soll in allen Bereichen zum Geschäftsmodell werden: bei Hydro als Komplettanbieter für Wasserkrafttechnik, bei Paper als Pionier für umweltfreundliche faserbasierte Verpackungen, bei Turbo mit Systemen für alternative Antriebe. „Wir leisten an vielen Stellen einen entscheidenden Beitrag für eine klimaneutrale Industriegesellschaft“, so Toralf Haag.

Im Bereich Turbo ist Voith ins Windkraft-Geschäft eingestiegen und kooperiert mit Herstellern für Windkraftanlagen, für die Getriebe und Generatoren hergestellt werden. Auch die Wasserstoffgewinnung und –nutzung soll für Voith ein Schlüsselthema werden.

So sieht es in den einzelnen Sparten aus:

Voith Hydro (Wasserkraft) konnte den Auftragseingang von 867 Millionen Euro auf 1,146 Milliarden Euro steigern. Das entspricht einem Zuwachs von 32 Prozent und wurde getrieben durch Großprojekte in Osteuropa und den USA. Der Gewinn vor Steuern lag bei 8 Millionen Euro (Vorjahr: 10 Millionen). 18 Prozent der Voith-Mitarbeitenden arbeiten in diesem Konzernbereich.

Voith Paper (Papiermaschinen) hatte einen Auftragseingang von 2,276 Milliarden Euro und damit 35 Prozent mehr als im Vorjahr (1,684 Milliarden). Der Gewinn vor Steuern stieg auf 114 Millionen Euro (Vorjahr: 104 Millionen). Bei Voith Paper sind 38 Prozent der Mitarbeitenden beschäftigt.

Voith Turbo (Antriebe) trug mit 41 Millionen Euro (Vorjahr: 42 Millionen) zum Gewinn vor Steuern bei. Hier wuchs der Auftragseingang um acht Prozent von 1,403 Milliarden auf 1,512 Milliarden Euro an. Voith Turbo beschäftigt 31 Prozent der Mitarbeitenden. Weitere 13 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Bereichen, die Funktionen und Service für alle drei Konzernsparten bereitstellen.

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