Waschbären, Füchse, Marder und mehr

Zwischen Verantwortung und Leidenschaft: Was hinter der Arbeit von Steinheims Stadtjäger Roland Ott steckt

Roland Ott ist Steinheims Stadtjäger und somit der Ansprechpartner für alle, die in Steinheim ungebetene tierische Gäste haben. Ob Waschbär, Marder oder Siebenschläfer – Ott wird meist dann gerufen, wenn es zu spät ist und das Tier bereits Unterschlupf gefunden hat. Was genau hinter seiner Arbeit steckt:

Seit drei Jahrzehnten ist Roland Ott Jäger, doch als einer von zwei offiziellen Stadtjägern in Steinheim, die es seit März dieses Jahres gibt, kümmert er sich eher weniger um Rehe und Wildschweine, sondern viel mehr um Waschbären, Füchse, Marder und andere ungebetene Gäste. „Eigentlich wäre mir der Begriff Dorfjäger lieber“, sagt er, „aber Stadtjäger ist nun mal ein geschützter Begriff.“

Die offizielle Bestätigung durch die Jagdbehörde und der Einsatz durch die Gemeinde waren für Ott der logische nächste Schritt. Denn schon früher hätten sich Bürgerinnen und Bürger mit Problemen an ihn gewandt, als er noch das Jagdrevier Schäfhalde betreute. Doch das Jagdrecht setzt enge Grenzen: „Einen Waschbär darf ich nicht einfach im Garten eines Nachbarn erlegen.“

In Steinheim ist er die erste Anlaufstelle, wenn sich Tiere wie Waschbären, Marder oder Siebenschläfer in Häusern oder Gärten einnisten. Überwiegend wird Ott gerufen, wenn die Tiere bereits Quartier bezogen haben und sich nur schwer vertreiben lassen.

Zwischen Prävention und Schusswaffe

Doch entgegen vieler Bilder, die die Menschen haben, führt Ott erst ein Erstgespräch und besichtigt das betroffene Haus, bevor er zur Waffe greift. Dabei sucht er vor allem nach Zugangsmöglichkeiten: Büsche nahe der Hauswand, offene Regenfallrohre oder Lücken am Dachstuhl. „Ein Fallrohr ist kein Hindernis für einen Waschbären“, erklärt er. Manche Probleme lassen sich schon mit Prävention lösen, deshalb rät der Jäger, Regenfallrohrabdeckungen anzubringen, Büsche zurückschneiden oder auch die Fenster in der Nacht zu schließen.

Ein Fallrohr ist kein Hindernis für einen Waschbären.

Roland Ott, Steinheimer Stadtjäger

Nicht alle Tiere darf er überhaupt erlegen. „Siebenschläfer darf ich allein aus jagdrechtlichen Gründen nicht jagen. Meine Aufgabe ist es, die Zugänge aufzudecken und die Tiere zu vergrämen.“ Erst wenn das nicht reicht, setzt er Lebendfallen ein. Doch dann gilt: Ein gefangener Waschbär muss gesetzlich getötet werden. „Es ist nicht das Jagen, wie man es klassisch kennt“, betont Ott. „Und schießen darf in so einem Fall nur der Stadtjäger.“

Die Zusammenarbeit mit der Polizei gehört dabei zum Alltag: Vor und nach einem Abschuss meldet er seinen Einsatz beim Ulmer Führungs- und Lagezentrum. In diesem Jahr musste Ott in Steinheim zehn Waschbären erlegen – deutlich weniger als ein bekannter Stadtjäger in Heidenheim, der auf 60 kam. „Entweder ist Steinheim weniger befallen oder die Leute dulden die Waschbären mehr“, vermutet er.

Ein Beruf zwischen Passion und Belastung

Waschbären gelten als anpassungsfähig und intelligent. Sie öffnen Katzenklappen, heben Dachziegel an und helfen sich sogar gegenseitig aus Fallen. Für Ott sind sie die größte Herausforderung: „Wir haben den Kampf gegen den Waschbären längst verloren.“ Besonders belastend sind Einsätze, bei denen er Jungtiere töten muss: „Das verfolgt einen schon. Es ist nie schön, Tiere sterben zu sehen“, so Ott. „Und es gibt immer einen Grund, warum ein Tier stirbt.“

Gleichzeitig empfindet er die Jagd als etwas Meditatives: „Man freut sich allein am Anblick, wenn Kitze oder Fuchsbabys miteinander spielen.“ Für ihn ist klar: Jagen ist keine Freizeitbeschäftigung, sondern Verantwortung. „Briefmarken sammeln, das ist ein Hobby. Jagen, dafür braucht man Passion, das ist meine Überzeugung.“

Briefmarken sammeln, das ist ein Hobby. Jagen, dafür braucht man Passion, das ist meine Überzeugung.

Roland Ott

Finanziell lohnt sich die Arbeit kaum – Ausrüstung, Kurse und Jagdpacht verschlingen den Großteil der Einnahmen. Um überhaupt Stadtjäger werden zu können, braucht es zunächst den Jagdschein, der rund 3000 Euro kostet. Danach folgt die Ausbildung zum Wildtierschützer für etwa 2000 Euro, bevor schließlich noch ein spezieller Stadtjägerkurs absolviert werden muss. Obwohl Ott hauptberuflich als Flugkapitän bei TUI arbeitet, ist die Jagd für ihn weit mehr als ein Nebenjob. Die Ausbildung empfiehlt er jedem weiter: „Es heißt nicht umsonst grünes Abitur. Man sieht die Welt danach mit anderen Augen.“

Was tun bei Wildtieren im Haus?

Wer in Steinheim ein Wildtier im Haus entdeckt, kann sich direkt an den Stadtjäger wenden. Unter der Telefonnummer, die auf der Gemeindeseite zu finden ist, wird zunächst ein Termin vereinbart. Bei einer anschließenden Begehung klärt Roland Ott, um welches Tier es sich handelt und welche Maßnahmen notwendig sind.

Die Kosten sind im Leistungskatalog auf der Homepage der Gemeinde aufgeführt – vom Erstgespräch bis hin zum Drohneneinsatz, mit dem Dächer kontrolliert werden können. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, eine Kamera auszuleihen, deren Aufnahmen die Betroffenen anschließend per E-Mail erhalten.

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