Interview

Söhnstetter Dorfladen: So fällt ein erstes Fazit nach drei Monaten aus

Freitagvormittag im Söhnstetter Dorfladen: Seit drei Monaten hat der Steinheimer Teilort wieder ein solches Geschäft. Während des Gesprächs mit Sabine Lang und Katrin Bayer-Neuber vom Dorfladen-Team kommen immer wieder Kundinnen und Kunden, um Kleinigkeiten einzukaufen. Nach wie vor scheint es zu laufen. Oder?

Frau Lang, Frau Bayer-Neuber, der Dorfladen ist jetzt seit etwas mehr als drei Monaten geöffnet. Wie läuft’s denn?

Sabine Lang: Im Moment ist Ferienzeit, das merkt man. Aber ansonsten läuft es konstant sehr gut: Wir haben Wochentage, an denen ist weniger los, Montag bis Mittwoch. Aber dafür ist an den anderen Tagen mehr los.

Weil dann die Wochenendeinkäufe wieder zur Neige gehen?

Sabine Lang: Ganz genau. Es gibt sehr viele ältere Leute, die regelmäßig kommen. Meistens sind sie dienstags oder freitags da, wenn jemand im Laden ist, der ihnen mit der Kasse helfen kann. Die erledigen dann aber auch ihren kompletten Wocheneinkauf hier. Das Publikum am Abend ist ein ganz anderes: Jüngere, die sich noch eben eine Pizza, eine Fertig-Nudelsuppe oder Red Bull holen. Oder sie kaufen sich Chips und treffen sich vorne mit Freunden auf der Bank vor dem Laden. Hier ist wieder richtig Leben.

Haben Sie das Sortiment schon angepasst?

Sabine Lang: Ja, wir variieren immer ein wenig und probieren aus. So hoffen wir, unser Sortiment an den Bedarf der Söhnstetterinnen und Söhnstetter anpassen zu können.

Was sind denn so die Renner?

Sabine Lang: Der absolute Renner ist die Brezel.

Echt jetzt?

Sabine Lang: Ja, der absolute Renner. Allgemein die Backwaren von der Bäckerei Früholz in Steinheim und auch die Fleisch- und Wurstwaren von der Metzgerei Oberhammer. Letztere kommt mindestens dreimal die Woche zu uns und beliefert uns.

Katrin Bayer-Neuber: Was die Backwaren anbelangt, kalkulieren wir knapp, weil wir am Abend nichts wegwerfen wollen.

Sabine Lang: Genau. Uns ist es lieber, die Brezeln sind um 11 Uhr ausverkauft, als dass wir sie wegwerfen müssen. Das führte auch schon zu Beschwerden.

Katrin Bayer-Neuber: Wir werden einmal am Tag vom Bäcker beliefert. Wir haben keine eigene Backstube. Das müssen die Leute einsehen.

Sabine Lang: Problematisch sind derzeit auch das Obst und das Gemüse. Wir haben es sehr stark eingeschränkt. Die Bananen sind ruckzuck braun und viele hier in Söhnstetten haben im Sommer genug eigenes Gemüse im Garten. Wir werden im Winter dann sehen, wie wir das Sortiment wieder erweitern können.

Ich glaube, die Söhnstetter wissen, dass das die letzte Chance für einen Dorfladen ist.

Katrin Bayer-Neuber, Dorfladen-Team

Klingt nach viel Learning by Doing.

Katrin Bayer-Neuber: Genauso ist es.

Sabine Lang: Was überraschend gut läuft, sind unsere Milchprodukte. Unser Joghurt ist zwar etwas teurer, aber er ist aus regionaler Produktion und man kann ihn weder im Edeka noch im Lidl oder Netto kaufen. Wir hatten auch schon Ehrmann oder Müller, aber das gibt es überall.

Wie läuft es denn mit der Technik? Bislang keine Probleme?

Sabine Lang: Wir hatten zwischenzeitlich Probleme mit dem Bon-Drucker, aber seit wir einen neuen haben, läuft es deutlich besser.

Katrin Bayer-Neuber: Und die Tür geht im Moment nicht automatisch auf und zu.

Wir sitzen hier in Ihrer kleinen Kaffee-Ecke. Wird die auch genutzt?

Sabine Lang: Ja, die wurde vor den Ferien regelmäßig genutzt. Von den Schwimm-Frauen jeden Dienstag, die dann ihr eigenes Geschirr mitbringen und Kuchen und Plunder vorbestellen. Auch das Orga-Team der Dorffreizeit hat sich regelmäßig hier getroffen. Wir gehen davon aus, dass das wieder so sein wird, sobald die Ferien vorbei sind. Wir werden generell von den Vereinen sehr unterstützt, die mittlerweile zum Beispiel die Zutaten für die Versorgung bei Festen bei uns bestellen.

Das ist genau das, was sich alle so gewünscht hatten: dass die Söhnstetter den Laden nicht nur annehmen, sondern aktiv an seinem Erhalt mitarbeiten.

Katrin Bayer-Neuber: Ganz genau. Ich glaube, die Söhnstetter wissen, dass das die letzte Chance für einen Dorfladen ist.

Sabine Lang: Viele bestellen auch privat bei uns für Feste – egal, ob sie eine Ladung Brötchen brauchen oder für den Geburtstag eine Menge Weißwürste. Das läuft wirklich gut.

Ich hätte jetzt gefragt, was Sie besser machen als alle anderen im Umkreis, die mit ihren Dorfläden gescheitert sind. Offenbar liegt es aber einfach an der Kundschaft?

Sabine Lang: So sieht es wohl aus. Wir bestellen zweimal in der Woche bei unserem Lieferanten, die meisten anderen nur einmal.

Und die Entscheidung, es doch ohne Franchise-Unternehmen so probieren, haben Sie auch nicht bereut?

Katrin Bayer-Neuber: Keine Sekunde.

Sabine Lang: In keiner Weise – nachdem ich kürzlich in Gomardingen erneut an einem Tante-M-Laden vorbeigefahren bin, der ohnehin schwach bestückt gewesen war und nun schon wieder geschlossen hat ...

Bei einem Selbstbedienungsladen besteht immer auch die Gefahr, dass geklaut wird. Haben Sie damit schon Erfahrungen gemacht?

Sabine Lang: Wir haben noch keine Inventur gemacht, aber anhand dessen, was wir erkennen können, nicht. Es gibt auch keinen Vandalismus oder sonst irgendwas.

Katrin Bayer-Neuber: Ich glaube, das erledigen die Söhnstetter untereinander: Die achten gegenseitig darauf, dass hier nichts passiert.

Sabine Lang: Vor Kurzem ist zum Beispiel die Kasse ausgefallen. Am nächsten Tag kamen dann die Leute und haben ihren Einkauf vom Vortag brav nachbezahlt. Sie sind von Grund auf ehrlich und wir glauben, dass sie einfach dankbar sind, dass es den Laden gibt.

Das Abenteuer Dorfladen gewagt zu haben, bereuen Sie also auch nicht? Es steckt ja schon ein wenig Arbeit dahinter.

Lang: (lacht): „Ein wenig“ ist gut: Es ist sehr viel Arbeit. Aber es macht auch sehr viel Spaß. Ich mag das einfach, mit den Leuten umzugehen, und wenn die älteren Frauen sagen, wie sehr sie sich freuen, dass sie endlich wieder selbstständig einkaufen gehen können, dann macht uns das einfach nur glücklich.

Helfende Hände sind immer willkommen

Der Söhnstetter Dorfladen ist ein Selbstbedienungsladen mit entsprechender Selbstbedienungskasse. Servicezeiten mit Personal vor Ort sind immer dienstags von 10 bis 11 Uhr und freitags von 14.30 bis 15.30 Uhr. Das Team freut sich noch über ehrenamtliche Unterstützung. Wer mithelfen möchte, kann sich bei Sabine Lang melden: sabinevolkerlang@gmx.de.

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