Martin Häberle verbindet seine Leidenschaft und seinen Beruf an einem außergewöhnlichen Schauplatz. Mit dem Unternehmen Historische Baustoffen Ostalb hat er etwas Besonderes geschaffen. Jetzt hat sich wieder etwas getan: Mit dem Bau eines neuen Gebäudes hat er seinen Betrieb erneut erweitert und schafft so weiteren Raum für neue Ideen und Elemente.
Dabei kam der Anstoß für das Projekt nicht von ihm selbst, sondern vielmehr von seiner Tochter. Der Experte für historische Materialien konzentriert sich bislang vor allem auf Baustoffe aus der Zeit vor 1940. „Ich bin großer Bauhaus-Fan, aber auch dem Jugendstil sehr verbunden“, erzählt er. Seine 22-jährige Tochter hat das Interesse an historischen Baustoffen und Mobiliar quasi in die Wiege gelegt bekommen. Ihr Herz schlägt jedoch mehr für die späteren Jahrzehnte ab 1950 – und dafür gewinnt sie schließlich auch ihren Vater.
Vor rund sechs Monaten fiel dann der Startschuss für den Bau des Gebäudes. Im Inneren dominiert das Design der 50er, 60er und 70er Jahre. Vom ganzen Team liebevoll Villa Kunterbunt genannt, erklärt sich der Name beim Betreten sofort: Farbenfrohe Holzbalken und Regale, hohe Wände mit typografischer Gestaltung und ausgefallene Leuchten prägen das Bild. Eine Wendeltreppe führt nach oben in eine weitläufige Galerie, ein Aufzug ist in Planung. Originelle Ausstellungsstücke auf beiden Ebenen lassen jetzt bereits ein zeittypisches Gesamtbild erkennen. Bald wird die Verkaufstheke aufgestellt, daneben sollen auch mehrere Oldtimer und eine große Sammlung Leuchten aus der jeweiligen Zeit ihren Platz finden. Die große Eröffnung der Villa Kunterbunt ist in sechs Wochen geplant.
Eröffnung ist in sechs Wochen geplant
Von außen wirkt die Villa Kunterbunt alles andere als genormt: 22 Meter lang, mit gegenüberliegenden Seitenwänden, die sich fast fünf Meter in der Höhe unterscheiden – die Schrägansicht verleiht dem Gebäude zusätzlichen Charme. Im Gegensatz zu den anderen Bauten wurde für die Seitenwände Neumaterial verwendet.
Die Dachziegel stammen aus der Region und waren zuvor bereits Teil von Martin Häberles Bestand. Die rund 120 Jahre alten Dachgauben waren zuvor Teil eines Bahnhofgebäudes. Den Eingang zum Gebäude bildet eine große Tür, die einer Villa der 70er Jahre entstammt. Die zahlreichen Fenster verbinden zwei Epochen: Einige aus der Zeit um 1900, die bleiverglasten Kirchenfenster sind ebenfalls Relikte der 70er Jahre. Diese Mischung im Neubau verkörpert das Konzept der Historischen Baustoffe: Ressourcenschonung, Wiederverwendung, Liebe zum alten Stil – und historische Materialien in einem neuen Umfeld erlebbar machen.

Doch nicht nur der Neubau prägt das Gelände – auch die weiteren historischen Gebäude erzählen ihre eigene Geschichte: Die „Alte Schreinerei“, mit der alles begann, dient heute als Lager- und Ausstellungshalle. Dazu kommt der Glassaal, ein ehemaliger Tanzsaal einer alten Gasstätte bei Ulm, erbaut um die vorletzte Jahrhundertwende. Die „Alte Schule“, um 1850 in Steinheim erbaut, kann inzwischen als Eventlocation gemietet werden. Wie in allen Gebäuden stößt man auch hier auf sorgfältig integrierte historische Elemente, etwa ein in die Wand eingebautes altes Kirchenblechdach.
Jedes Gebäude erzählt eine eigene Geschichte
Die Leidenschaft für historische Baustoffe und Gebäude merkt man Martin Häberle sofort an. Er erzählt begeistert von vergangenen und aktuellen Bautrends, besonderen Holzarten und vielem mehr. Der Umfang und das Sortiment sind riesig, unter den zahlreichen Baustoffen finden sich auch Stücke aus der Zeit des Barocks und der Renaissance. Sogar auf verbauten Tonplatten aus dem Mittelalter sei Martin Häberle bereits gestoßen.
Das ganze Gelände gleicht einer riesigen Schatzkammer: Neben einer alten Gefängnistür reihen sich Radios, Fliesen, Leuchten, Sanitäranlagen, Geländer, Gitter, Skulpturen und massive Holzbalken aneinander. Mittlerweile finden selbst Dinge ihren Weg zu Häberle und seinem Team, die sie selbst nicht eindeutig zuordnen können. Aus diesem Grund gibt es auf Häberles Website inzwischen das sogenannte Kuriositätenkabinett, in dem jeder die ungewöhnlichen Fundstücke betrachten und mitraten kann, um welche Baustoffe es sich handeln könnte.
Ein Paradies für Entdecker historischer Fundstücke und Baustoffe
Der Inhaber der Historischen Baustoffe hält stets Ausschau nach neuem Material und kauft vieles direkt bei Hausauflösungen oder Abrissen an. „Aktuell habe ich Türen, Türen, Türen“, lacht er – erst kürzlich wurden bei einer großen Auflösung 1200 Türen übernommen. Damit befinden sich aktuell insgesamt rund 2000 Türen auf dem Gelände.
Mit seinem umfangreichen Angebot erreicht er inzwischen Kunden weit über die Landesgrenzen hinaus. So meldete sich zuletzt sogar ein Käufer aus Usbekistan. Und auch die zukünftigen Projekte reißen nicht ab: Das nächste Gebäude, ein altes Fachwerkhaus aus dem Schwarzwald, wartet bereits auf seinen Wiederaufbau auf dem Gelände der Historischen Baustoffe.