Auf Höhe von 34 Metern öffnet sich ein grandioser Blick ins weite Umland und direkt nach unten aufs benachbarte Schloss: Die drei Türme der evangelischen Galluskirche in Brenz sind seit Jahresbeginn eingerüstet und ein Bauaufzug und Leitern führen hinauf zur Spitze des von zwei Treppentürmen flankierten Glockenturms. Die Außensanierung des fast 850 Jahre alten und weitgehend unverändert erhaltenen Architekturschmuckstücks ist mit dem ersten Bauabschnitt – dem Westwerk – in vollem Gange und läuft bislang gut.

Vom Turm der berühmten spätromanischen Basilika aus, der samt der Turmzier noch zwei Meter höher ist, sieht man gleich mehrere bewohnte Storchennester auf dem Schloss und auf Nachbargebäuden. Auch auf der Ostseite der Galluskirche selbst befindet sich ein Nest. Um die Störche beim Nisten dort durch die Sanierungsarbeiten nicht zu stören, wurden Ende Januar Windschutznetze und Blickschutzplanen außen am Gerüst in Richtung Nest angebracht. Beim Vor-Ort-Termin berichtet der für die Arbeiten zuständige Architekt Elmar Weber aus Langenau, dass die Störche auch da gewesen seien. Was dann passiert ist, kann er jedoch nicht sagen: „Es gab ein Gelege, aber keine Jungstörche. Das Nest ist leer und man weiß nicht, was mit den Eiern passiert ist.“
Reinigung der Steinquader ist abgeschlossen
Die Zeit vom Anbringen des Schutzes bis in den März sei unter anderem für Voruntersuchungen und Abstimmungen mit dem Landesamt für Denkmalpflege genutzt worden, berichtet Weber. Die Restaurierungsarbeiten an dem steinernen Meisterwerk begannen dann Ende März mit der mittlerweile abgeschlossenen Reinigung der einschließlich der Spitzen aus gemauerten Steinquadern bestehenden Türme. „Die bislang letzte Sanierung war in den sechziger Jahren“, so der Architekt. „Die Steine waren jetzt unter anderem mit Schmutz, Pflanzen und Moos bedeckt. Die Reinigung von oben nach unten erfolgte in einem schonenden Heißdampf-Reinigungsverfahren.“
Da über die vergangenen Jahrzehnte Wasser in die drei Turmdächer eingedrungen war, habe man erwartet, dass die unterschiedlich breiten Fugen zwischen den Quadern nicht mehr dicht sind, sagt Weber. Mit dem Denkmalamt sei man übereingekommen, dass die sehr schmalen Fugen minimal aufgeweitet werden, um sie statt wie zuvor mit Bleiwolle nun mit Fugenmörtel verschließen zu können.
Tschechischer Quarzsandstein
„Es gibt Stellen, an denen Steine ausgebessert werden mussten“, sagt Pfarrer Steffen Palmer. Und auch komplette Quader mussten ausgetauscht werden, ergänzt der Architekt. Dazu wurde im Vorfeld gesucht, wo das passende Gestein für das in seiner gegenwärtigen Erscheinung aus dem Frühbarock des 17. Jahrhunderts stammende Westwerk zu finden ist. Verwendet werde nun tschechischer Quarzsandstein als Ersatz für den nicht mehr vorhandenen regionalen Stubensandstein, erläutert die selbstständige Natursteinrestauratorin Lea Mertens. Der Pfarrer: „Es wird viel Liebe eingebracht für die historische Exaktheit. Das merke ich in allen Gesprächen.“
Die gemauerten Natursteindächer der Türme gelten als eine Besonderheit. „Hier ist alles aus Stein“, schildert Weber und verweist auch auf das zu sanierende Zifferblatt der Turmuhr und seine schwarz-rot-goldene Bemalung. Deren Zeiger sollen ebenfalls neu mit Blattgold belegt werden. Und restauriert werden derzeit die Schallläden für die Glocken. Für den Blitzschutz bleibt das alte Band erhalten, lediglich neue Befestigungen kommen hinzu.
Risse in den Wänden
Im unteren Teil sind die Türme verputzt und an vielen Stellen ragen kleine Schläuche aus der gereinigten Wand. Hier wird Material eingespritzt, um die vorhandenen kleinen Risse zu schließen und die Steine dahinter zu verfestigen. Gearbeitet wird in Bezug auf die Verfugungen und Ausbesserungen an allen drei Türmen gleichzeitig.
Fertig sind die Arbeiten an der gusseisernen schwarzen Kugel am Fuß der Turmzier. Dort war aufgrund der Windbewegung des vergoldeten Kreuzes ein Riss vorhanden. Er musste vor Ort mobil geschweißt werden. Von dem Riss ist jetzt nichts mehr zu sehen.

„Die Erhaltung historischer Substanz hat oberste Priorität“, betont der Architekt zu den Arbeiten. Darüber hinaus werde in historischer Handwerkstechnik so exakt wie möglich nachgearbeitet, wo etwas ergänzt werden muss. Ende Oktober soll dieser erste Bauabschnitt beendet sein, ein Teilabbau des Gerüsts könne im August erfolgen, so Weber. Er rechnet mit rund 900.000 Euro an Kosten für die Sanierung des Westwerks.
Vier Bauabschnitte für die Sanierung
Insgesamt sei für die Außenrestaurierung der spätromanischen Galluskirche eine Summe von mindestens drei Millionen Euro an Kosten zu erwarten. Mittlerweile geht der Architekt auch von vier anstelle von drei Bauabschnitten und einer längeren Dauer aus. So sei für den zweiten Teil die Ostseite der Kirche mit ihrem Dreiapsidenchor vorgesehen. Hier gehören dann auch erste der kostbaren figürlichen Darstellungen des umlaufenden romanischen Frieses aus Suevit hinzu, von denen der Großteil noch original ist. Diese Arbeiten könnten je nach Klärung der Finanzierung 2026 oder 2027 erfolgen. Und im zweiten Bauabschnitt müsse auch der um die Kirche verlaufende Kanal ausgebessert werden: Aufgrund bestehenden Staus bröckele Putz von der Kirchenmauer.
Voraus gehen hier erneut Voruntersuchungen, für die in Kürze der Finanzierungsantrag gestellt werden soll. Nach den Untersuchungen komme es zur Kostenberechnung für die Arbeiten. Beim Oberkirchenrat in Stuttgart werde anschließend die Finanzierung beantragt, erläutert Weber.

Weiter stehen in der Nachfolge als Abschnitte drei und vier die Südseite sowie die Nordseite des Langhauses an. Eine Fertigstellung der gesamten Galluskirche-Sanierung sei für 2028 bis 2030 realistisch.
Auf denkmalgeschützte Bauten spezialisiert
„Es hängt sehr vieles ineinander an beteiligten Behörden und Instanzen, die mitreden und genehmigen müssen“, erläutert der Architekt. Doch sein Büro ist ein Experte für historische Kirchenbauten: „Wir machen nichts anderes als Sanierungen denkmalgeschützter Bauten. Das ist unsere Kernkompetenz.“
Die Brenzer Basilika ist für Weber eines der vier bedeutendsten Objekte von den 42, die das Langenauer Büro derzeit in Arbeit hat. Da stehe die Galluskirche in der ersten Reihe mit den Münstern von Obermarchtal und Heiligkreuztal sowie im Landkreis Heidenheim noch der Giengener Stadtkirche.