Untersuchung der Kommunalaufsicht

Vorfälle im Sontheimer Rathaus bleiben ohne rechtliche Folgen für Bürgermeister Tobias Rief

Die Kommunalaufsicht am Heidenheimer Landratsamt hat die Vorfälle im Sontheimer Rathaus und damit auch Vorwürfe gegen Bürgermeister Tobias Rief untersucht. Nach Monaten steht nun das Ergebnis fest: Es wird keine dienstrechtlichen Maßnahmen geben. Warum und was die Beteiligten dazu sagen:

Nach mehr als einem halben Jahr Untersuchung steht fest, dass die Kommunalaufsicht am Landratsamt Heidenheim keinen Anlass für ein Einschreiten der Rechtsaufsicht oder für dienstrechtliche Maßnahmen gegen die Sontheimer Rathausspitze sieht.

Anfang des Jahres hatten sich mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowohl aktuelle als auch ehemalige, an die HZ gewandt. Schon Monate zuvor hatte ein Mitarbeiter der Rathausverwaltung einen Strafbefehl erhalten, weil er im Rathaus unter anderem mehrfach den „Hitlergruß“ gezeigt haben soll. Dagegen hatte er Widerspruch eingelegt. Das Verfahren gegen den Mann wurde nur wenige Tage vor Prozessbeginn vor dem Amtsgericht Heidenheim Anfang dieses Jahres gegen eine Geldauflage eingestellt. Der Vorwurf gegen Bürgermeister Tobias Rief: Er habe über Monate hinweg zu wenig unternommen, um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Rathaus gegen die verbalen, rassistischen und frauenfeindlichen Attacken des Mannes zu schützen.

Rief hatte sich zunächst nicht zu den konkreten Vorwürfen äußern wollen und sich erst nach Veröffentlichung des HZ-Artikels im März in einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit gewandt, in der er die Vorwürfe bestritt.

Das Landratsamt Heidenheim hatte im Frühjahr nach einem Gespräch mit den Betroffenen mit der Prüfung der Vorkommnisse und eines möglichen Fehlverhaltens des Bürgermeisters begonnen. Monatelang hat diese Prüfung nun gedauert. Vor einigen Tagen ging ein knappes Schreiben mit dem Ergebnis an einen der Betroffenen: Nach eingehender Prüfung komme man zu dem Ergebnis, dass ein Einschreiten der Rechtsaufsichtsbehörde nicht notwendig sei. Zudem seien auch dienstrechtliche Maßnahmen nicht erforderlich. Die Angelegenheit sei am Landratsamt Heidenheim damit erledigt.

Für vieles gar nicht zuständig?

Auf HZ-Nachfrage schickt die Behörde eine ähnlich lautende Stellungnahme, fügt aber hinzu: „Die Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamts Heidenheim beschränkt sich auf die Kontrolle der von der Gemeinde bei der Erledigung von weisungsfreien Angelegenheiten einzuhaltenden Rechtsvorschriften. Gemeindeinterne arbeitsrechtliche Angelegenheiten sind hiervon nicht erfasst.“ Soll wohl heißen: Für vieles, worüber sich die Betroffenen beschwert hatten, etwa eine mögliche Verletzung der Fürsorgepflicht, sieht sich das Landratsamt gar nicht zuständig. Darüber hinaus werden keine weiteren Fragen zum Ablauf der Untersuchung beantwortet – „aufgrund von entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen“.

Bürgermeister Tobias Rief sagt zum Ergebnis der Untersuchungen: „Wir waren als Verwaltungsspitze grundsätzlich überzeugt, dass unser Vorgehen jederzeit korrekt und maßvoll war.“ Ihm sei klar, „dass dies für Außenstehende nicht immer befriedigend erscheinen mag, zumal viele genaue Umstände nicht allgemein bekannt sein können und dürfen“. Gelernt habe man aus alldem aber dennoch: „Dass wir aufmerksam bleiben müssen für gefährliche Tendenzen und Äußerungen in unserem Umfeld, um möglichst schnell und gezielt darauf zu reagieren. Hier lohnt es, sich selbst regelmäßig kritisch zu prüfen.“

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass für viele die Themen Rassismus und Extremismus nicht die einzigen und auch nicht die einzig zentralen Herausforderungen im Arbeitsumfeld sind.

Tobias Rief, Sontheimer Bürgermeister

Was das anbelangt, habe man innerhalb der Verwaltung im Rahmen einer Klausurtagung über Zusammenarbeit, Ethik, Moral und gegenseitige Unterstützung, auch in besonderen Situationen wie Rassismus, Extremismus oder Mobbing gesprochen. Die Mitarbeitenden „möchten ihre Haltung in einer Art Kodex verarbeiten bzw. die gemeinsamen Werte auch nach außen hin sichtbar machen“, erklärt Rief und er fügt an: „In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass für viele die Themen Rassismus und Extremismus nicht die einzigen und auch nicht die einzig zentralen Herausforderungen im Arbeitsumfeld sind und sie möchten das in der Öffentlichkeit auch nicht so verstanden wissen.“ Andeutungen, dass es in ihrem Kreis ein strukturelles Rassismus-Problem gäbe, würden sie „eher für eine unzumutbare und haltlose Behauptung“ halten.

Betroffene: „Wollten strukturelle Probleme aufzeigen“

Diejenigen, die sich mit ihren Vorwürfen an die Öffentlichkeit gewandt hatten, haben sich freilich ein anderes Ergebnis gewünscht. Gemeinsam äußern sie sich schriftlich: „Wir haben die Dienstaufsichtsbehörde eingeschaltet, weil wir uns in mehreren Punkten nicht ausreichend geschützt oder ernst genommen fühlten. Dazu gehörte insbesondere auch, dass Hinweise auf eine mögliche Fürsorgepflichtverletzung nicht weiterverfolgt wurden. Unser Anliegen war es, strukturelle Probleme im Arbeitsumfeld aufzuzeigen und eine unabhängige Klärung zu erhalten.“

Für das Prüfverfahren des Landratsamtes habe man „umfangreiche Unterlagen, schriftliche Nachweise und mehrere zeugenschaftliche Aussagen bereitgestellt“, heißt es weiter. „Umso überraschender ist es für uns, dass das Verfahren ohne nachvollziehbare Begründung abgeschlossen wurde.“

Die Beschwerdeführer hätten sich eine transparente Rückmeldung darüber gewünscht, welche Aspekte geprüft wurden und wie die Entscheidung zustande kam. „Unser Ziel war und ist nicht, einzelne Personen zu belasten, sondern auf Missstände aufmerksam zu machen, die das Arbeitsumfeld nachhaltig beeinflusst haben.“

Fall erledigt?

Und nun? Strafrechtlich ist der Sachverhalt jedenfalls erledigt, da das Verfahren gegen den Mann gegen eine Geldzahlung eingestellt worden ist. Vonseiten der Kommunalaufsicht scheint ebenfalls alles geklärt zu sein, weil es aus ihrer Sicht – zumindest in den Bereichen, für die sie sich zuständig sieht – kein zu ahndendes Fehlverhalten gab.

Für die Betroffenen allerdings ist die Sache noch nicht geklärt: „Wir werden nun prüfen, ob wir den Vorgang auch anwaltlich bewerten und begleiten lassen.“

Was ist passiert?

Anfang 2024 erstatten zwei Mitarbeiterinnen der Sontheimer Gemeindeverwaltung Anzeige gegen einen ihrer Kollegen, unter anderem, weil er mehrfach den sogenannten „Hitlergruß“ gezeigt haben soll. Der Mann erhält einen Strafantrag und legt Widerspruch dagegen ein, eine Verhandlung vor dem Amtsgericht wird auf Anfang 2025 terminiert.

Wenige Tage vor der Verhandlung wird das Verfahren gegen eine Geldzahlung von 3000 Euro eingestellt. Der zuständige Richter ist zwar überzeugt davon, dass der Hitlergruß gezeigt worden sei, allerdings nicht in der Öffentlichkeit und aus seiner Sicht im Rahmen „interner Streitigkeiten“. Die Staatsanwaltschaft betont zudem, man habe „der halben Sontheimer Rathaus-Belegschaft“ eine Aussage vor Gericht ersparen wollen.

Neben den beiden Frauen, die Anzeige erstattet hatten, wenden sich kurze Zeit später weitere aktuelle und ehemalige Mitarbeiter des Rathauses an die HZ und erzählen von monatelangem Mobbing und Schikanen durch den Mann. Sie berichten von rassistischen und frauenfeindlichen Äußerungen und davon, wie sie sich über Monate zu wenig durch die Rathausführung geschützt gefühlt haben. Bürgermeister Tobias Rief bestreitet nach Veröffentlichung des Artikels die Vorwürfe.

Im April schaltet sich die Kommunalaufsicht des Landratsamtes ein. Die Untersuchung dauert sieben Monate.