Kirchliche Weihe

Wie die Orgel der Kirche St. Petrus und Paulus in Niederstotzingen nach 55 Jahren vollendet wurde

Klarer, schöner und vielfältiger präsentiert sich die Orgel der katholischen Kirche St. Petrus und Paulus in Niederstotzingen nach Sanierung und Erweiterung. Was sich bis zur jetzigen Weihe verändert hat.

Gut Ding will Weile haben – das gilt nicht nur für monumentale Kirchenbauten, sondern kann auch mal eine Orgel betreffen: 55 Jahre nachdem sie von der Giengener Orgelmanufaktur Gebrüder Link erbaut worden ist, hat der Heidenheimer Dekan Dr. Dietmar Horst die Orgel der Kirche St. Petrus und Paulus in Niederstotzingen im Rahmen des Gottesdienstes zum Patrozinium feierlich geweiht.

Die aus Geldmangel zunächst unvollendet gebliebene und im Lauf der Jahrzehnte immer wieder um einige der fehlenden Register ergänzte Orgel erinnere daran, dass die „Melodie Gottes“ die Menschen begleite, sagte Horst in seiner Predigt. Als „Königin der Instrumente“, wie sie gerne genannt wird, verfüge die Orgel über einen Klang, „der himmlisch klingt und doch so gut zur Erde und zu den Menschen passt“.

Dass sich die Orgel nun in bislang ungeahnter Klangfülle präsentiert, hat auch mit einigen Kirchenmäusen zu tun. Diese hatten sich in ihrer sprichwörtlichen, aber in den Auswirkungen buchstäblich gravierenden „Armut“ am Innenleben der Orgel zu schaffen gemacht, erklärt Organist Dr. Klaus Zieger: „Nach einem Nagetierbefall 2022 war der Schaden so groß, dass wir am Rande der Spielbarkeit der Orgel standen. Keilbälge waren angenagt und wurden undicht, so dass es da rausgepfiffen hat.“ Aufgrund von Verschmutzungen durch Kot blieben Töne hängen, „und an Heiligabend musste ich den Spieltisch saubermachen, um überhaupt spielen zu können“, erinnert sich Zieger, der seit 1983 an mehreren Orgeln der Seelsorgeeinheit Lone-Brenz im Einsatz ist. Eine Sanierung war unumgänglich geworden.

Ein neues Klangkonzept

„Ich habe das in den Kirchengemeinderat eingebracht und vorgeschlagen, dass man nicht nur die Orgel wieder in Gang setzt, sondern das nicht ausgebaute Pedal vollends ausbaut“, so Zieger. Dieser Endausbau – das war klar – wäre mit kleinen Anstückelungen jedoch nicht zu machen gewesen. Der große Wurf, aufgeteilt in zwei Phasen, fand mit der Orgelweihe am Patroziniumsfest der Kirche Ende Juni jetzt seinen Abschluss.

In der ersten Phase von August bis Dezember 2024 ging es vor allem um die Ausreinigung und Sanierung der Orgel. Die zweite Phase ab Januar 2025 stand im Zeichen der Orgelerweiterung: 29 statt 20 Register und ein neues Klangkonzept sind das Ergebnis der Arbeit von Martin Gessner aus Weißenhorn, der die Orgel behutsam in die Gegenwart geholt hat.

„Wir haben gesagt: Die Orgel braucht ein bisschen Bauch“, schmunzelt der Orgelbauer und Intonateur. Durch den Bau der neuen Pedalladen und die Umgestaltung einiger bestehender Register bekam die „Königin der Instrumente“ ein ganz anderes Fundament: „Die hoch liegenden Register klangen schrill bis giftig, jetzt betten die großen Register den Klang ein und geben dem Hörer ein anderes Gefühl und Klangerlebnis.“ Vor allem das neue Posaunenregister mit Pfeifen von über vier Metern Länge verleiht der Orgel eine bessere Grundtönigkeit und Gravität.

Pfiffige Ideen für kräftigen Sound

Principal 8' und andere Pfeifen, die im Orgelgehäuse bisher fast ein bisschen versteckt waren, holte Gessner hervor, „um die Register klarer zu hören. Principal 8' muss tragen“. Den gewonnenen Platz nutzte er etwa für den Einbau einer großen Flöte 8'. Für eine große Oktave fand ein Register aus dem Lauinger Münster, das Gessner bei einem Umbau einst erworben hatte, in Niederstotzingen eine neue Heimat. Die Bärpfeife 8’ – ein kurzbechriges Register, das sich immer sehr schnell verstimmt hat – gestaltete Gessner zu einem Dulcian 8' um. „Jetzt haben wir hier einen schönen kräftigen Sound, mit dem man viel altfranzösische Literatur oder auch Bach spielen kann. Das hat jetzt eine ganz andere Qualität.“

Zum neuen Klangbild gehört auch, dass Register mit „grausligen Kombinationstönen“ wie Septimen oder Nonen, die in den 1960er-Jahren der letzte Schrei waren, aber für heutige Ohren „einfach falsch klingen“, verstummt sind. Aus einem Nonenkornett wurde ein klassisches französiches Kornett, „wie man es heute brauchen kann“. Alle Register wurden von dem erfahrenen Intonateur sauber intoniert. „Die Orgel klingt viel klarer und präsenter im Raum“, freut sich Organist Zieger und zollt auch der Orgelbaufirma Link Anerkennung für die gewährte Unterstützung bei dem Projekt.

Improvisationskonzert mit dem Orgelbauer

Rund 177.000 Euro hat die Sanierung und Erweiterung der Orgel gekostet. Bei den 60.000 Euro, die die Niederstotzinger Kirchengemeinde an Spenden aufbringen muss, steht das Spendenbarometer aktuell bei knapp zwei Drittel. Und soll natürlich steigen, zum Beispiel wenn am Sonntag, 13. Juli, um 17 Uhr ein Improvisationskonzert zu Gunsten der neuen Orgel stattfindet, das Orgelbauer Martin Gessner gestalten wird.

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