Vom Baum in die Flasche

So entstehen die Getränke von Fruchtsäfte Junginger in Niederstotzingen

Das Etikett von Fruchtsäfte Junginger kennen wohl die meisten im Landkreis Heidenheim: Die Getränke des Niederstotzinger Familienunternehmens werden nicht nur in den vier eigenen Filialen, sondern in etlichen Super- und Getränkemärkten in der Region verkauft. So kommt das Obst in die Flasche:

Es ist exakt drei Minuten vor 9 Uhr. Vor der Obstannahmestelle bei Fruchtsäfte Junginger an der Gartenstraße 38 in Niederstotzingen steht eine Frau. Der Kofferraum ihres Kleinwagens ist voll mit Körben. Darin: Äpfel aus dem eigenen Garten. „Soll ich klingeln?“, fragt sie und schaut dann auf die Uhr. „Ich warte noch, es ist ja noch nicht ganz neun.“ Hinter ihr fährt schon das nächste Auto vor, der Anhänger ist voll mit Äpfeln.

Ob im Korb oder direkt im Anhänger: Privatleute können ihre Äpfel und Birnen in Niederstotzingen anliefern und bekommen dafür Vergünstigungen beim Einkauf. Rudi Penk

So geht es zu bei den Jungingers zu dieser Jahreszeit. Das Unternehmen produziert seit Jahrzehnten Säfte, die Apfelsäfte und die Birnensäfte werden ausschließlich aus heimischem Streuobst gemacht, das Privatleute oder Landwirte anliefern. „Zwischen fünf und 500 Kilo ist da alles dabei“, sagt Andreas Junginger, Geschäftsführer des Unternehmens. Mittlerweile hat er den Betrieb von seinem Vater Werner übernommen, der 65-Jährige arbeitet aber weiterhin mit.

Lieferanten sind gleichzeitig Kunden

Vorne an der Annahmestelle im Hof werden die Äpfel von einem Mitarbeiter grob begutachtet und dann gewogen. „Er achtet darauf, dass das Obst keine großen Schäden aufweist und auch wirklich reif ist“, erklärt Andreas Junginger. Anschließend wird das Obst auch technisch sortiert. „Unsere Lieferanten sind gleichzeitig auch unsere eigenen Kunden“, sagt er: „Sie haben deshalb selbst ein Interesse daran, gute Äpfel zu liefern.“

Welche Sorten dabei ankommen, spielt in Niederstotzingen keine große Rolle. Die Mischung aus allem, was ihnen aus den Gärten und von den Streuobstwiesen gebracht wird, macht ihren Apfelsaft aus. Dabei darf es auch gerne etwas säuerlicher sein: „Die Äpfel, die auf den Plantagen am Bodensee wachsen, sind für den Verzehr gut“, erklärt Werner Junginger. „Der Saft daraus wäre aber viel zu süß.“

Unsere Lieferanten sind gleichzeitig auch unsere eigenen Kunden, sie haben deshalb selbst ein Interesse daran, gute Äpfel zu liefern.

Andreas Junginger, Geschäftsführer

Sind die Äpfel sortiert, werden sie gewaschen, gemahlen und gepresst. Die riesige Presse schafft zwischen sechs und sieben Tonnen Obst in der Stunde, was 4500 bis 5000 Liter Saft entspricht. Was übrig ist, der sogenannte Apfeltrester, wird als Futter für Schafe oder Wild verwendet. Er ist besonders bei Jägern beliebt, um Tiere anzulocken.

1,5 Millionen Liter Saft

Nach dem Pressen wird der Saft erneut gesiebt und fließt anschließend über ein langes Rohrsystem übers Gelände in meterhohe Tanks. 1,5 Millionen Liter werden zu den Hochzeiten dort gelagert. „Wir erhitzen den Saft vorher nochmal kurz auf rund 80 Grad und kühlen ihn sofort wieder ab“, erklärt Werner Junginger. So bleibe zum einen das Aroma erhalten, zum anderen werden vor allem Hefen abgetötet, um den Saft lagern zu können.

Aus den gemahlenen Äpfeln wird der Saft gepresst. Sechs bis acht Wochen im Jahr wird aus dem Streuobst Saft produziert, der danach eingelagert wird. Rudi Penk

Hauptproduktionsort der Junginger Fruchtsäfte ist Niederstotzingen, mittlerweile gibt es allerdings vier Filialen im Umkreis, wo Säfte gekauft werden können, gleichzeitig aber auch Obst aus privater Hand angeliefert werden kann. „Wir haben uns für den Aufbau der Filialen entschlossen, als nach und nach die Raiffeisenmärkte in den Ortschaften zu machten und die Leute ihre Äpfel nicht mehr abgeben konnten“, sagt der Senior-Chef. In Gerstetten entstand 1996 die erste Filiale, die letzte war die in Herbrechtingen 2015. Sie sind so platziert, dass die Anlieferung von überall im Landkreis gut möglich ist.

In meterhohen Tanks lagern nach der Produktion im Herbst bis zu 1,5 Millionen Liter Saft. Rudi Penk

Sechs Mitarbeiter beschäftigen die Jungingers in der Produktion in Niederstotzingen. Sie sind hauptsächlich dafür zuständig, dass die Maschinen ordentlich laufen, denn das Vater-Sohn-Gespann hat den Betrieb in den vergangenen Jahren technisch auf den neusten Stand gebracht. Das Meiste läuft vollautomatisch – vom Waschen des Leerguts über das Pressen der Säfte bis hin zur Flaschenkontrolle, Abfüllung und Etikettierung. „Insgesamt haben wir etwas mehr als 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt Junginger Senior. Und der Junior ergänzt: „Die allermeisten sind im Verkauf beschäftigt.“

Alles begann Ende der 1950er-Jahre

Bis hierher, bis zu diesen mehr als 40 Mitarbeitern, mehr als 40 Saftsorten, den vier Filialen und den Dutzenden Getränke- und Supermärkten, in denen die Fruchtsäfte aus Niederstotzingen verkauft werden, war es ein weiter Weg.

1959 begann Werner Jungingers Vater neben seinem Beruf als Küfer auch Saft zu pressen. Bereits 1964 wurde der Betrieb in der Niederstotzinger Ortsmitte zu groß, das Unternehmen siedelte an die Gartenstraße um. Werner Junginger stieg 1984 ein und baute den Betrieb sukzessive aus. Für den heute 40-jährigen Andreas war früh klar, dass er das Familienunternehmen in dritter Generation übernehmen würde. „Es war kein Zwang dahinter“, versichert er, „aber ich bin auf völlig natürliche Weise hineingewachsen.“ 2005 stieg er mit ein, 2015 fassten beide den Entschluss, in eine neue Anlage zu investieren und gleichzeitig die neueste Filiale in Herbrechtingen zu eröffnen. „Das war ein sehr großes Risiko“, gibt Werner Junginger zu. Und eine der ersten Aufgaben des Sohnes bestand nun darin, einen Business-Plan für die Bank zu erstellen.

Die dritte und die zweite Generation: Geschäftsführer Andreas Junginger (40) und sein Vater Werner (65). Rudi Penk

Es hat sich gelohnt: Das Unternehmen steht gut da. Nach und nach hat Andreas Junginger die Aufgaben von seinem Vater übernommen, während dieser seinem Sohn nach wie vor den Rücken freihält. Und was bringt die Zukunft? „Die Zeiten sind unsicherer geworden“, gibt der 40-Jährige zu: Die allgemeine Weltlage, die Rohstoffverfügbarkeit, sowie die durch Klimaveränderungen stark schwankenden Erntemengen sind unberechenbarer geworden.“ Doch beide sind optimistisch. Werner Junginger bringt es auf den Punkt: „Gegessen und getrunken wird schließlich immer.“

Vom Saft über die Schorle bis zum Most

Fruchtsäfte Junginger stellt nicht nur Säfte von heimischem Streuobst her, sondern hat auch etliche „Exoten“ im Angebot. „Diese bekommen wir als Konzentrat oder Direktsaft geliefert“, erklärt Werner Junginger. Der Kirschsaft entsteht aus Kirschen vom Bodensee, die Johannisbeeren stammen aus dem süddeutschen Raum.

Mehrere Sorten alkoholhaltigen Mosts stellt das Unternehmen ebenfalls her. Mittlerweile hat sich die Sorte „Most-Liesl“ zum Verkaufsschlager entwickelt. Die „Most-Liesl“ ist süßer, da ihr am Ende nochmal 20 Prozent Saft zugesetzt wird. Auch die Schorlen kommen direkt von Fruchtsäfte Junginger, weil bereits früh am Standort in eine eigene Kohlensäure-Abfüllung investiert worden war.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar