Sie sind flauschig und zuckersüß: Auf der Wisentweide zwischen Neresheim und Nattheim sind zwei Kälbchen geboren. Die Freude über den Nachwuchs ist groß. Landwirt Michael Abele betreut die Herde und sagt: „Wir freuen uns riesig über die Geburt der beiden Kälber.“ Laut Abele ist ein Kälbchen weiblich, es soll Hanna heißen. Für das Bullenkalb werde noch ein Name gesucht.
Die beiden Jungtiere sind bislang die einzigen auf der Wisentweide. Das erste Wisent-Kälbchen war vergangenes Jahr nach einer Untersuchung verstorben. Michael Abele hofft, dass die jetzt geborenen Kälbchen gesund groß werden. Er ist guter Dinge und sagt: „Die zwei sind topfit und gesund.“ Weiterer Wisent-Nachwuchs ist dieses Jahr nicht in Aussicht. Doch für nächstes Jahr hofft Landwirt Abele auf bestenfalls drei Jungtiere, denn die Herde auf dem Härtsfeld soll weiter wachsen.

Acht Kühe, ein Bulle und zwei Kälber
Auf der rund 35 Hektar umfassenden Wisentweide, die sich über Neresheimer und Nattheimer Gemarkung erstreckt, leben aktuell acht Kühe, ein Bulle sowie die zwei Kälber. Die Wisente waren Ende 2022 auf dem Härtsfeld angesiedelt worden. Bis dahin war es ein langer Weg: Die beiden Kommunen hatten fast drei Jahre lang für das in Baden-Württemberg einzigartige Pilotprojekt gekämpft.
Die zwei sind topfit und gesund.
Michael Abele, Landwirt und Herden-Betreuer
Die Ansiedlung der Tiere soll in erster Linie dem Naturschutz dienen. Ziel des interkommunalen Projektes ist es, neben der Arterhaltung die Biodiversität zu erhöhen. Wisente sind Pflanzenfresser und fungieren durch ihr Lebens- und Fressverhalten als Landschaftsgestalter. Der Einfluss auf das Ökosystem wird seitens der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg wissenschaftlich begleitet und untersucht.

Die Wissenschaftler sammeln Daten
Gibt es bereits Erkenntnisse? Hans-Gerd Michiels ist seitens der FVA für das Projekt in Neresheim zuständig und sagt: „Die Wisente schaffen im Wald lichte Stellen, wodurch neue Lebensräume im Übergang vom Wald zum Offenland entstehen. Das ist bereits jetzt erkennbar.“ Zur Dauerbeobachtung seien Flächen eingerichtet worden, in denen periodisch Pflanzen oder ausgewählte Tiergruppen untersucht werden. Noch ist das Forschungsteam an der Datensammlung, wissenschaftliche Erkenntnisse stehen noch aus. „Das braucht Zeit“, sagt Mitarbeiterin Anna Marinovic.
Locken die Wisente Touristen und Wanderer an?
Neben den Naturschutzaspekten sollen die Wisente auch den sogenannten sanften Tourismus fördern, eine kleine Attraktion auf dem Härtsfeld sein. So wurde extra der Albschäferweg verlegt, um den Besucherinnen und Besuchern den Zugang zur Weide zu erleichtern. Herden-Betreuer Michael Abele sagt: „An Wochenenden und Feiertagen ist hier eigentlich immer jemand unterwegs.“ Die Weide soll bekannt sein, so Abele, es gehe aber nicht darum, Massen anzulocken.
Wissenswertes zum Wisent und zu Wanderrouten
Der Wisent ist das größte und schwerste Landsäugetier Europas und verwandt mit dem amerikanischen Bison. Wisente sind mächtige Tiere: Bullen können bis zu einer Tonne schwer werden, Kühe bis zu 500 Kilogramm. Der Wisent war vom Aussterben bedroht. Heute leben wieder mehr als 7000 der Tiere in Europa. Obwohl ihre Anzahl langsam steige, seien sie nach wie vor auf intensive Schutzmaßnahmen angewiesen, so die Umweltorganisation WWF. In Deutschland gab es seit 1750 keine frei lebenden Wisente mehr. Dann wurden sie im Rahmen von diversen Artenschutzprojekten wieder angesiedelt.
Wer die Härtsfelder Wisente besuchen möchte, hat jederzeit die Gelegenheit dazu. Doch: Das Gehege ist weitläufig, es gibt keine Garantie, die Tiere tatsächlich zu Gesicht zu bekommen. Laut Herden-Betreuer Michael Abele stehen die Chancen werktags vormittags und an Wochenenden gegen 11 Uhr ganz gut.
Die Stadt Neresheim weist ab dem Parkplatz bei der Haltestelle Steinmühle zwei unterschiedlich lange Wanderwege zur Wisentweide aus.