„Nicht ohne uns“

Was Kinder zu sagen haben: Demokratieprojekt an der Grundschule Auernheim bringt große Themen in kleine Hände

Was bedeutet Mitbestimmung? Wie funktioniert Politik? Und warum ist Naturschutz wichtig? Fünf Tage lang setzten sich die Dritt- und Viertklässler der Grundschule Auernheim im Rahmen des Projekts „Nicht ohne uns!“ der Landeszentrale für politische Bildung mit diesen Fragen auseinander – und fanden eigene Antworten in einem selbst produzierten Podcast.

Fünf Tage lang drehte sich an der Auernheimer Grundschule alles um Mitbestimmung, Beteiligung, Verantwortung – und das nicht theoretisch, sondern ganz praktisch. Beim Projekt „Nicht ohne uns!“ der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg ging es nicht nur um Politik im Rathaus, sondern auch um Themen, die die Kinder selbst beschäftigen: Müll in der Natur, artgerechte Tierhaltung, saubere Luft und vieles mehr.

Mit Stimmzetteln und Wahlprogrammen

Schon der erste Projekttag machte klar: Hier geht es nicht nur ums Zuhören, sondern ums Mitmachen. Die Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse durften eigene Parteien gründen, sich Programme ausdenken und eine Wahl abhalten– ganz wie bei den Erwachsenen. Dass dabei nicht nur Spaß, sondern auch echte Entscheidungsfindung dahintersteckt, zeigte sich am Ende der Wahl: Die Partei mit den meisten Stimmen durfte den letzten Projekttag gestalten und entschied sich für ein gemeinsames Frühstücksbuffet.

Die Klassen drei und vier der Auernheimer Grundschule zeigten viel Interesse für den Tier- und Naturschutz. Grundschule Auernheim

Schulleiterin Jutta Bummer und Klassenlehrerin Bettina Baldt begleiteten die Kinder durch die spannende Woche. Projektleiterin war Angelina Kuhnmünch, freie Mitarbeiterin der Landeszentrale für politische Bildung. Am Ende der Projektwoche nahmen die Schülerinnen und Schüler einen Podcast auf, in dem sie ihre Anliegen formulierten. Dieser wurde am letzten Tag im Rathaus vorgestellt – vor Nattheims Bürgermeister Norbert Bereska und Auernheims Ortsvorsteher Wolfgang Bernhard.

Kinder gestalten ihre Themen selbst

Im Mittelpunkt standen aktuelle gesellschaftliche Themen – von Umwelt- und Tierschutz bis hin zu Mitbestimmung und kommunaler Politik. Die Kinder entwickelten eigene Ideen, recherchierten und bereiteten Beiträge für ihren Podcast vor.

Die Ergebnisse der Themenarbeit zeigen: Kinder denken mit – und weiter. Besonders beim Thema Naturschutz fanden sie klare Worte. Sie berichteten, dass es sie traurig mache, wenn Müll in die Natur geworfen werde. „Tiere könnten daran sterben“, sagte ein Mädchen. Ein anderer Schüler erklärte: „Bäume dürfen nur gefällt werden, wenn neue gepflanzt werden – die sind wichtig für das CO₂.“

Klartext zu Klima und Tierschutz

Auch der Klimaschutz spielte eine Rolle: Elektroautos fanden viele gut – doch der Bürgermeister klärte sie über die Probleme auf. Denn die Materialien, die man zur Herstellung braucht, gibt es in Deutschland nicht. Zudem müsse man dafür dann Ladestationen bauen.

Beim Thema Tierschutz forderten die Kinder mehr Lebensraum für Tiere, weniger Müll in der Natur und ein Verbot, Tiere „für Geld auszunutzen“. Ein Kind erklärte: „Tiere haben ein Herz wie wir – man darf sie nicht verletzen.“

Zuhören, diskutieren, mitentscheiden

Die Kinder nutzten die Gelegenheit, mit Bürgermeister und Ortsvorsteher in einem Raum zu sein und stellten viele Fragen – direkt und ehrlich: „Wie wird man Bürgermeister?“, wollte ein Kind wissen. Bereska betonte, dass dank der Demokratie jeder Bürgermeister werden könne und das ganz ohne Ausbildung. Auch ganz konkrete Anliegen kamen zur Sprache: „Warum gibt es keinen Hundepark?“ – „Das haben wir schon mal diskutiert“, so der Bürgermeister. „Aber man muss sich kümmern, deshalb gibt es stattdessen Hundeklos. Außerdem treffen sich die Hundebesitzer auch so ohne Hundepark.“ Und: „Warum fehlen Rutschen und Sprungbretter im Schwimmbad?“ Der Bürgermeister betonte, dass das Becken dafür zu flach sei und der Platz für mehr Rutschen fehle.

Bürgermeister Norbert Bereska hört sich die Ideen der Kinder der Grundschule Auernheim an und beantwortet ihre Fragen. Foto: Rudi Penk

Ein Kind fragte, ob der Bürgermeister wirklich Gitarre spielt, da dies im Blättle stand, woraufhin Bereska bestätigte: Ja, er habe früher in Rockbands gespielt. Seine Lieblingsbands? „Die Toten Hosen, Rammstein, Led Zeppelin – da, wo die Post abgeht.“ Was macht eigentlich ein Bürgermeister? Warum gibt es Regeln auf Spielplätzen? Und warum ist Politik wichtig? Auch diesen Fragen stellten sich die beiden Lokalpolitiker. „Wenn sich keiner wehrt, passiert auch nichts“, sagte Bereska – und rief die Kinder dazu auf, später unbedingt wählen zu gehen.

Ortsvorsteher Bernhard ergänzte: „Miteinander reden ist das Wichtigste.“ Selbst wenn man nicht immer einer Meinung sei, gehe es um Kompromisse und gegenseitiges Verständnis – nur so komme man weiter.

Auch ganz eigene Ideen wurden eingebracht – etwa die Frage: „Warum gibt es keine Falknerei?“ Bürgermeister Bereska erklärte, dass es in der Region bereits viele heimische Greifvögel gebe, etwa Uhus, Milane, Turmfalken oder Mäusebussarde. Schulleiterin Jutta Bummer ergänzte: „Wenn Vögel frei in der Natur leben, sind sie am schönsten.“

Mitreden statt nur zuhören

„Nicht ohne uns!“, ist ein mehrtägiges Projekt der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Es richtet sich an Grundschulen und kombiniert politische Bildung mit Medienkompetenz. Die Kinder gründen eigene Parteien, führen Wahlen durch, erarbeiten Inhalte zu gesellschaftlichen Themen und produzieren am Ende eigene Podcasts.

Ziel des Projekts ist es, schon Grundschulkinder zur aktiven Beteiligung zu ermutigen und ihnen zu zeigen, dass ihre Meinung zählt. Der Leitsatz: „Kinder sprechen, Erwachsene hören zu.“ Das Format wird an verschiedenen Schulen mit ähnlichem Aufbau angeboten. Aktuell liegt der Fokus auf den Klassen 3 und 4 – eine Ausweitung auf jüngere Jahrgänge ist geplant.

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