Ehemaliges Atomkraftwerk

So läuft die Sprengung der Gundremminger Kühltürme ab

Zuerst wird Block B fallen, 15 Sekunden später dann Block C: Am Samstag, 25. Oktober, um 12 Uhr werden die Gundremminger Kühltürme gesprengt. Wie läuft die Sprengung ab? Wo verläuft der Sperrbereich? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Mit etwas Wehmut blickt Monika Wiesmüller-Schwab auf den 25. Oktober, dem Tag, an dem die beiden Kühltürme des ehemaligen Atomkraftwerks Gundremmingen fallen werden. „Das ist ein weithin sichtbares Wahrzeichen unserer Heimat und ich kenne den Blick auf die Kühltürme von Kindesbeinen an“, sagte die stellvertretende Günzburger Landrätin bei einer vom Energiekonzern RWE initiierten Infoveranstaltung. Die Sprengung sei aber auch ein Aufbruch in eine neue Ära. „Und für Bürger wird das ein großes Event.“

Ende 2021 wurde der letzte verbliebene Reaktor in Block C abgeschaltet, seitdem läuft in beiden Blöcken der Rückbau. „Bisher hat aber alles innen stattgefunden, die Sprengung der Kühltürme ist jetzt das erste äußerlich sichtbare Zeichen“, erläuterte Dr. Heiko Ringel, Leiter der Rückbauanlage Gundremmingen. Froh sei er, dass man mit der Thüringer Sprenggesellschaft ein sehr erfahrenes Team gewinnen konnte, das schon unterschiedlichste Bauten niedergelegt habe.

Kühltürme Gundremmingen: eine Kipp-Kollaps-Sprengung

Von der Thüringer Sprenggesellschaft vor Ort war Sprengingenieurin Ulrike Matthes. Sie zeichnete auch für die Niederlegung, wie es im Fachjargon heißt, der Kühltürme des stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld im vergangenen Jahr verantwortlich und erläuterte den Ablauf in Gundremmingen: „Es handelt sich um eine Kipp-Kollaps-Sprengung, das heißt, dass die Kühltürme nicht der Länge nach fallen werden. Durch die Sprengung der Hälfte der Kühlturmstützen kippen sie leicht und fallen dann in sich zusammen.“

Und der Zusammenbruch wird zeitversetzt geschehen. Zuerst wird Block B fallen und etwa 15 Sekunden später dann Block C. „Nach der ersten Explosion muss also ein Kühlturm stehenbleiben“, so Matthes. „Nicht, dass jemand denkt, da sei etwas schiefgelaufen.“ Die einzelnen Zünder starten zwar zeitversetzt, aber im Millisekundenbereich. „Das nimmt man nicht wahr.“ Bei jedem Kühlturm wird es demnach nur einen lauten Knall und nicht eine Reihe von hörbaren Explosionen geben. Das Ganze wird nicht länger als etwa 30 Sekunden dauern.

Derzeit laufen bereits die Vorbereitungen für die Sprengung. Es werden Fallschlitze ausgesägt und Löchern für den Sprengstoff gebohrt. Foto: Christine Weinschenk

Gesprengt wird nur im Bereich der unteren 15 Meter der 160 Meter hohen Kühltürme. Derzeit werden Fallschlitze ausgesägt und eine vierstellige Anzahl von Löchern mit Handbohrhämmern gebohrt, in die dann der mit einem Zünder versehene gelatinöse Sprengstoff kommt. Wie viel Sprengmaterial genutzt wird, wird erst nach erfolgreicher Niederlegung bekanntgegeben. „Wir verwenden aber immer so wenig wie möglich“, so die Sprengmeisterin.

Schutz vor Streuflug

Pro Kühlturm werden 28.000 Tonnen Material niedergehen, insgesamt also 56.000 Tonnen Beton. Damit sich dieser bei der Explosion nicht unkontrolliert in der Umgebung verteilt und Schaden anrichtet, werden gegen den sogenannten Streuflug 1,3 Tonnen schwere Sprengschutzmatten an den Kühltürmen angebracht, außerdem sollen Vliesvorhänge mit Maschendraht für zusätzliche Sicherheit sorgen. Um den entstehenden Staub zu binden, werden Wasserbassins am Fuße der Kühltürme aufgestellt, die ebenfalls gesprengt werden. „Das Wasser wird dann wie eine Fontäne bis zu 70 Meter weit hochgeschleudert“, erläutert Matthes.

Sprengmeisterin: „Ein sicheres Verfahren“

Selbst für die erfahrene Sprengingenieurin sei noch immer faszinierend, dass ein so großes Bauwerk auf einer so kleinen Fläche in sich zusammenbreche, gibt Ulrike Matthes zu. Aber in Deutschland seien bereits mehr als 60 Kühltürme gesprengt worden. „Das ist ein sehr sicheres Verfahren und wir sind guter Dinge, dass wir das am 25. Oktober ebenfalls erfolgreich hinkriegen.“ Auch für das 180 Meter von den Kühltürmen entfernte Zwischenlager auf dem Betriebsgelände soll keine Gefahr bestehen.

Der vorläufig festgelegte Sperrbereich am Tag der Sprengung. Das Gebiet kann sich noch verändern und wird erst final mit einer Allgemeinverfügung des Landkreises Günzburg. Grafik: Landkratsamt Günzburg

Der Landkreis Günzburg wird vor dem 25. Oktober eine Allgemeinverfügung erlassen. Darin gibt es unter anderem Vorgaben darüber, wie die Sperrungen der Straßen genau verläuft. Die Verfügung wird erst kurz vorher bekannt. Was allerdings schon feststeht: Es wird eine Sperrzone von mehreren Hundert Metern rund um das RWE-Betriebsgelände geben. Und wie die stellvertretende Landrätin Günzburgs rechnet auch Christoph Langer, Abteilungsleiter öffentliche Sicherheit und Gesundheit im Kreis Günzburg, am Tag der Sprengung mit Schaulustigen. Er hofft allerdings, dass sich der Besucherandrang in Grenzen halten wird.

Verkehrsbehinderungen und Wartezeiten

Denn: „Wir rechnen mit erheblichen Verkehrsbehinderungen und Wartezeiten“, so Langer. Parkplätze werden an diesem Tag bewusst nicht ausgewiesen. Und auch das Sportzentrum, bei dem es Parkplätze gibt, liegt im Sperrbereich und ist nicht zugänglich. „Wir verstehen das Interesse in der Bevölkerung, aber unser Fokus liegt auf der Sprengung. Das ist keine Veranstaltung wie ein Konzert oder ein Fußballspiel, bei dem alles auf Zuschauer ausgerichtet und vorbereitet ist.“ Allerdings wird es Livestreams vom Geschehen geben.

Vor dem großen Knall wird die Polizei sämtliche gesperrten Bereiche, darunter auch den Wald unterhalb Gundremmingens, durchkämmen und mit Wärmebildkameras überfliegen. „Es muss sichergestellt werden, dass sich keine Person dort aufhält, sonst kann der Sprengbefehl nicht erteilt werden“, erklärt Langer. Auch private Drohnen dürfen nicht in den Sperrbereich bzw. den Luftraum über dem gesperrten Bereich eindringen. „Unser Appell an die Bevölkerung ist, an diesem Tag nicht mit Drohnen zu hantieren.“