Knapp 4500 Kilometer

Great Divide: der Weg von Isabell Michel und Carsten Bubbich auf dem Rad quer durch die USA

Mit dieser Reise erfüllten sie sich einen großen Traum: Isabell Michel aus Bachhagel und ihr Partner Carsten Bubbich aus Brandenburg meisterten die Great Divide Mountainbike Route. Die Reise führte sie auf dem Rad durch unzählige Nationalparks und Sehenswürdigkeit – hieß aber auch ordentlich Training und Verzicht:

Knapp 4500 Kilometer, mehr als 60.000 Höhenmeter, fünf US-Bundesstaaten, zwei kanadische Provinzen, Wind und Wetter – diesen Weg nahmen Isabell Michel und Carsten Bubbich auf sich. Und das auf dem Fahrrad: Auf einer viermonatigen Reise befuhren sie die „Great Divide Mountain Bike Route“. Hinter dieser kräftezehrenden Tour stecken monatelange Vorbereitungen, hartes Training und viel Verzicht, aber auch der große Traum eines Paares.

Ein abenteuerliches Paar

Kennengelernt haben sich Isabell Michel aus Bachhagel und Carsten Bubbich aus Brandenburg vor mehr als drei Jahren. Fahrradbegeistert waren beide schon davor. Die 36-Jährige hatte bereits Bikepacking – also Radtouren mit Gepäck über mehrere Tage – auf kürzeren Routen entlang der Donau ausprobiert. Auch Bubbich war des Öfteren auf längeren Offroad-Touren unterwegs. „Dann haben wir uns kennengelernt und direkt unser gemeinsames Hobby gefunden“, sagt Michel. Für das Paar ist das Fahrradfahren der perfekte Mittelweg zwischen Wandern und Autofahren: genug Landschaft erleben und trotzdem größere Strecken zurücklegen. „Schließlich haben wir von der Great Divide gehört. Dafür mussten wir aber noch deutlich fitter werden.“

Also schwangen sich die beiden immer häufiger aufs Rad. Auch die Ausstattung wurde stetig verbessert. Im vergangenen Jahr folgte dann die Generalprobe: Mit dem Zug nach Krakau, um von dort den zweiwöchigen Weg in Bubbichs Heimat mit dem Fahrrad zurückzulegen. „Klar, zwei Wochen sind nicht drei Monate“, sagt der 38-Jährige, „aber so viel Urlaub kann man eben nicht aufbringen.“

Mit ordentlich Training und Motivation im Gepäck machte sich das Paar auf zum Flughafen. Carsten Bubbich

Um die lange Reise entlang der Rocky Mountains zu ermöglichen, nahmen sowohl Michel als auch Bubbich große berufliche Hürden auf sich. Beide legten bereits im Oktober des vergangenen Jahres „die Stifte zur Seite“. Bubbich befand sich für ein ganzes Jahr in einem Sabbatical, also einem beruflichen Auszeitjahr, nach dessen Ablauf er in seinen Beruf zurückkehren konnte. Dafür hatte er im gesamten vorherigen Jahr sein Gehalt reduziert. Das eingesparte Geld wurde ihm dann über das Sabbatjahr hinweg ausgezahlt. Michel handelte mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag aus – mit der Zusage einer Wiedereinstellung nach einem Jahr.

So konnte das Paar sich über ein Jahr hinweg auf die große Tour durch die USA vorbereiten. Dafür reisten sie mit ihrem Fahrrad an unterschiedlichen Orte auf der Welt – darunter Neuseeland, Japan und Sir Lanka. „Das Training war für uns sehr wichtig. Bei früheren Touren lagen wir abends komplett entkräftet im Zelt. Heute sind wir nach einem langen Tag auf dem Rad abends immer noch fit und können am nächsten Tag wieder voll durchstarten“, so Bubbich.

Der Geburtsort des Bikepacking

Kaum jemand außerhalb der Szene hat wohl je von der Great Divide gehört: Die Mountainbike-Strecke führt von der mexikanischen Grenze entlang der Rocky Mountains und dem „Continental Divide“ – der kontinentalen Wasserscheide Nordamerikas – bis tief ins kanadische Hinterland. Die ursprüngliche Route verläuft von Antelope Wells in New Mexico bis nach Jasper in der kanadischen Provinz Alberta.

Für diese Momente lohnt sich jede Anstrengung: Das gemeinsame Abendessen mit Blick auf den Grand Canyon. Carsten Bubbich

Als Ziel für ihre Reise wählten Michel und Bubbich jedoch den kleinen kanadischen Ort Banff. Für viele gilt er als der nördliche Endpunkt der Route. Der Grund: Der Ort in den kanadischen Rockies ist nicht nur ein beliebtes Wintersportziel, sondern gilt auch als „Geburtsort“ des Bikepackings entlang der kontinentalen Wasserscheide.

Drei Monate verbunden mit der Natur

Im Mai dieses Jahres starteten Michel und Bubbich ihr Abenteuer. Die erste Hürde wartete schon am Flughafen: Die Räder und die gesamte Ausrüstung mussten auseinandergebaut und separat aufgegeben werden. In den USA musste dann alles wieder fachgerecht zusammengesetzt werden. „Da muss natürlich alles passen“, sagt Bubbich. Anschließend radelten die beiden rund 140 Kilometer zum Startpunkt.

Von Antelope Wells in New Mexico aus begann ihre Reise. „Die größte Herausforderung waren anfangs die enormen Temperaturen“, erzählt Michel. Bei fast 40 Grad waren Rastplätze in der Wüste New Mexicos rar – und Wasserquellen erst recht. Nach einem Tag dann das erste große Highlight: der White Sands Nationalpark. „Ganz besonders waren auch die vielen Menschen, die wir unterwegs getroffen haben“, berichtet Bubbich. „Viele Amerikaner sind einfach offener als wir in Deutschland. Das war eine angenehme Überraschung.“

Beeindruckendes gab es auf dem Weg zu sehen: Hier der White-Sands-Nationalpark, dessen Dünen zu erklimmen beinahe schwerer war als der Aufstieg in den Rocky Mountains mit dem Fahrrad. Carsten Bubbich

Die vielen Begegnungen machten dem Paar aber auch bewusst, wie wenige tatsächlich die gesamte Strecke von knapp 4.500 Kilometern bewältigen. „Viele mussten schon nach wenigen Tagen aufgeben – teils vor Erschöpfung, teils aus mangelnder Motivation“, sagt Bubbich. Doch Michel und er waren fest entschlossen. Und so schafften sie es von den Wüsten New Mexicos bis nach Colorado und Wyoming. Zwischendurch gönnten sie sich einen Abstecher nach Arizona: Den Grand Canyon und „Sin City“ Las Vegas wollten sie sich nicht entgehen lassen. „Die Strecke legten wir natürlich mit dem Auto zurück. Anders wäre das zeitlich gar nicht möglich gewesen“, erklärt Michel.

Von der Metropole mitten in der Wüste zeigten sich beide allerdings wenig begeistert. Schließlich waren sie für die Natur und das Erlebnis unterwegs. Also sattelten die beiden wieder auf und durchquerten einen Nationalpark nach dem anderen, übernachteten meist in der Wildnis. „Das Erlebte lässt sich gar nicht richtig in Worte fassen. Einfach nur beeindruckend“, sagt Michel. Und die Wildnis hielt einiges für sie bereit: Neben den eindrucksvollen Landschaften der Rocky Mountains trafen sie im Yellowstone-Nationalpark auch auf einen wilden Bison. „Der wollte zum Glück nichts von uns wissen“, erzählt Michel lachend.

Ende Juli – also nach gut neun Wochen auf dem Rad – überquerten sie die kanadische Grenze und erreichten fast zeitgleich die 4.000-Kilometer-Marke. Zehn Tage später kamen sie am Zielort Banff an. „Da war zwar alles sehr teuer und touristisch, aber wir waren unglaublich stolz auf unsere Reise“, sagt Michel. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie mehr als 60.000 Höhenmeter hinter sich. „Für mich war das mit die größte Herausforderung“, so Michel. „Manche Pässe in den Rockies musste ich schieben – anders hätte ich das nicht geschafft.“

Die Zeit nach der Ankunft verbrachten Michel und Bubbich in der Region um Vancouver. Ungefähr einen Monat ließen sie es dort ruhiger angehen. „Natürlich haben wir noch ein paar kleinere Touren gemacht, aber alles viel entspannter“, sagt Bubbich. „Da haben wir wirklich Urlaub gemacht.“ Die Zeit nutzten sie auch, um das Erlebte sacken zu lassen: „So viele unvergessliche Orte, so viele tolle Menschen und Eindrücke. Das war etwas, das wir nie vergessen werden.“

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