Der Bau des neuen Zeiss-Standorts bei Ebnat verschiebt sich zwar auf unbestimmte Zeit, an den Plänen, dort einen Windpark und eine Freiflächen-PV-Anlage zu errichten, hält das Unternehmen aber fest. Zeiss hat sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben und das beinhaltet auch CO2-neutrales Wirtschaften, führte Peter Mayer, Projektleiter für Energie- und Gebäudeeffizienz bei Zeiss, in der jüngsten Sitzung des Königbronner Gemeinderats aus. Das sei der Ansporn, eigene Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energie zu betreiben und den Verbrauch von fossilen Brennstoffen weiter zu reduzieren. Und wenn Gaskessel durch Großwärmepumpen ersetzt werden, steige der Hunger nach Strom. Daher sollen nördlich von Ochsenberg zehn Windkraftanlagen errichtet werden.
Abstand zu Königsbronn 1200 Meter – zu Ochsenberg 1500 Meter
Maximilian Weiß ist Projektleiter bei Uhl Windkraft Projektierung, das Ellwanger Unternehmen fungiert als Organisator und Planungspartner von Zeiss. Er skizzierte unter anderem die Abstände zwischen der Wohnbebauung, die zu Königsbronn mehr als 1200 Meter und zu Ochsenberg mehr als 1500 Meter betragen werden. Die Anlagen der neuesten Generation werden eine Nabenhöhe von 179 Metern und einen Rotordurchmesser von 175 Metern aufweisen. Die Produktionsstandorte in Oberkochen sollen über Stromleitungen direkt von Ebnat aus versorgt werden. Rund 50 Prozent des Stromverbrauchs von Zeiss sollen durch den Windpark "Kahlenbühl" und die PV-Anlage (erwartete Erzeugung: 180 GWh/a) gedeckt werden können.
Läuft alles nach Plan, kann der Windpark 2028 in Betrieb gehen. Bevor es mit dem Bau losgehen kann, stehen allerdings noch Genehmigungsverfahren an. Derzeit läuft das zweite Anhörungsverfahren zur Teilfortschreibung Windenergie 2025 für die Region Ostwürttemberg. Die Flächen, auf denen der Zeiss-Windpark entstehen soll, sollen Vorranggebiete werden. Dem stimmte der Gemeinderat auch mehrheitlich in seiner jüngsten Sitzung zu (siehe eigener Beitrag unten). Die Antragsstellung am Landratsamt des Ostalbkreises ist für den Sommer vorgesehen. Die bauliche Umsetzung wäre ab 2027 möglich.
Gemeinderat Dr. Dietrich Kölsch (CDU) äußerte sich gewohnt kritisch zum Thema Windkraft. Ein unkontrollierter Ausbau von regenerativen Energien sei nicht sinnvoll, solange keine Speichermöglichkeiten in großindustriellem Maßstab vorhanden seien. Er sah die Gefahr einer großflächigen Netzüberlastung und verwies auf den Blackout Ende April in Spanien. „Wenn fünf Sekunden lang zu viel Strom im Netz ist, bricht es zusammen und das kann zu einem großen Blackout in der Region und in Europa führen.“
Man prüfe den Einsatz von Speichermöglichkeiten, erläuterte Peter Mayer von Zeiss. „Allerdings erwarten wir kaum einen Überschuss, und nur dann würde eine Speicherung Sinn machen.“ Man geht davon aus, dass Zeiss 90 Prozent des erzeugten Stroms selbst verbrauchen wird und daher auch kaum Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird. Zudem könne man die Anlagen über eine Fernsteuerung herunterfahren, um das Netz, wenn nötig, zu stabilisieren.
„Wirtschaftlicher Erfolg von Zeiss ist wichtig für die Region“
„Ich komme mir vor wie bei Markus Lanz, wenn die große Weltpolitik diskutiert wird“, sagte Wolfgang Lutz mit Verweis auf die Einwürfe von Dietrich Kölsch. „Hier geht es um ein konkretes Projekt in der Region, darauf sollten wir uns konzentrieren und nicht auf die globale Energiepolitik und Netzausfälle in Spanien, wo niemand genau weiß, was passiert ist.“ Oliver Grüll (SPD), Dr. Martin Völcker (Grüne) Wolfgang Lutz (SPD) lobten das Projekt unisono. Lutz: „Das Schöne daran ist, dass Erzeugung und Verbrauch nur rund zwei Kilometer voneinander entfernt liegen.“ Zeiss sei einer der größten Arbeitgeber in der Gegend. „Und der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens ist unheimlich wichtig für die Region.“ Daher müsse man Zeiss in seinen Bestrebungen unterstützen.
Gemeinderat stimmt Vorranggebieten zu
Der auf den Zeiss-Windpark folgende Tagesordnungspunkt war an das Thema gekoppelt: die Teilfortschreibung des Regionalplans Ostwürttemberg für Windenergie. „Es ist selten, dass ein Projekt schon so konkret ist, bevor der dazugehörige Regionalplan abgeschlossen ist“, sagte Dietmar Komposch vom Bauverwaltungsamt. „Aber wir finden es gut, so sieht man, was genau geplant ist.“
Im Dezember hatte der Königsbronner Gemeinderat noch gegen die Pläne des Regionalverbandes zur Ausweisung der Vorranggebiete nördlich von Ochsenberg gestimmt. In der Zwischenzeit hat der Regionalverband die Pläne jedoch angepasst. „Im zweiten Anhörungsentwurf wurden die Vorranggebiete um 209 Hektar reduziert. Das entspricht etwa 300 Fußballfeldern“, so Komposch. Auch deshalb schlug die Verwaltung vor, dem neuen Entwurf zuzustimmen. Das sah auch Wolfgang Lutz (SPD) so: „In der vorigen Version waren es viel zu viele Flächen und sie waren zu groß.“ Und durch das konkrete Projekt von Zeiss habe man als Gemeinde das Soll erfüllt. „Auf unserer Gemarkung wird dann kein weiterer Ausbau möglich sein.“
Dr. Marin Völker (Grüne) plädierte vehement für die Zustimmung des Gremiums. Das Plangebiet liege im Wald und weit genug von Ochsenberg entfernt. Optisch sei das verträglich. „Wenn starke Winde wehen, kommen sie aus dem Westen und mögliche Geräusche werden Richtung Osten geweht und nicht nach Königsbronn.“ Positiv bewertete er auch, dass Zeiss der Kommune freiwillig 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Strom zahlen wird. Für Königsbronn bedeutet das, dass jährlich 62.500 Euro in die Gemeindekasse fließen würden. „Wir müssen Zeiss unterstützen, sonst beschädigen wir die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Zeiss ist der Hauptarbeitgeber hier, wollen wir ihm Steine in den Weg legen? Ich hoffe nicht.“ Das käme einer Fundamentalopposition gleich und damit der Totalverweigerung von Windkraft.
Der Gemeinderat stimmte dem zweiten Anhörungsentwurf Teilregionalplan Windenergie 2025 des Regionalverbandes Ostwürttemberg zur Ausweisung der Vorranggebiete zu. Eine Gegenstimme gab es von Dr. Dietrich Kölsch (CDU).