Am Ufer des Itzelberger Sees glänzt das Wasser in der Abendsonne. Es ist Mittwochabend und nur ein leichtes Brummen durchschneidet die Ruhe: Ein rot-metallenes Boot der Freiwilligen Feuerwehr Königsbronn fährt über den See, an Bord zwei Menschen – und ein Hund. Was für Spaziergängerinnen und Spaziergänger wie eine Ausfahrt mit tierischer Begleitung aussieht, ist in Wahrheit ein Training mit spannendem Hintergrund.
Elf Hunde, eine Mission
Die DRK-Rettungshundestaffel Heidenheim und die Freiwillige Feuerwehr Königsbronn haben sich am Mittwochabend dieser Woche und bereits vergangene Woche zu einer Übung verabredet, bei der sie gemeinsam den Ernstfall trainierten: die Suche nach vermissten Personen vom Wasser aus.
Die Rettungshunde sollen vom Boot aus lernen, menschliche Witterung am Ufer aufzunehmen. Der Grundgedanke: In Einsätzen an Gewässern – etwa entlang der Brenz – ist das Gelände oft so dicht, dass die Suche vom Ufer aus nicht möglich ist. Insgesamt elf Hunde verschiedenster Rassen waren am ersten Übungstag beteiligt: Shapendoes, Baucerons, weiße Schäferhunde, Mischlinge – alle mit besonderen Eigenschaften.
„Fünf dieser Hunde sind aktuell in der Flächensuche geprüft, die anderen befinden sich in Ausbildung oder sind bereits in Rente“, berichtet Luise Oberlader, Ausbilderin in der Heidenheimer Rettungshundestaffel. Zusammen mit Petra Schmidt (Staffelleitung) und Gertrud Fucker sowie weiteren Mitgliedern war sie bei der ersten Übung am Itzelberger See vor Ort. Wichtige Unterstützung kam dabei von drei Feuerwehrleuten: Peter Wolfram, Achim Grössel und Benjamin Kolb brachten das Boot mit, steuerten es und achteten auf das Zusammenspiel mit den Hunden. Immer wieder drehten die Feuerwehrleute und Angehörigen der DRK Rettungshundestaffel (Mensch und Tier) Runden auf dem See. Warum?

Herausforderung Boot: Warum das Training wichtig ist
„Für die Hunde ist das eine ganz neue Erfahrung“, sagt Luise Oberlader von der DRK-Rettungshundestaffel Heidenheim. Das Wackeln des Bootes, die unbekannten Geräusche, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit: All das stellt hohe Anforderungen an Konzentration und Nervenstärke der Tiere. Oberlader: „Einige Hunde sind anfangs unsicher, weil sie auf dem Wasser keine Kontrolle darüber haben, wohin es geht. Aber viele freuen sich regelrecht auf die Aufgabe und die Zusammenarbeit mit ihrem Menschen.“
Boot statt Waldboden
Normalerweise arbeiten die Suchteams zu Land: In der Ausbildung lernen die Hunde zunächst, Menschen über Geruch aufzuspüren – anfangs auf kurzer Distanz, später über mehrere Kilometer hinweg. In der Fläche bleiben sie in einem Radius von rund 50 Metern um ihre Hundeführerinnen und -führer. Verläuft sich ein Hund zu weit, wird er zurückgerufen. Je nach Ausbildung verweist er auf eine gefundene Person mit einem Bringsel, durch Bellen oder Rückkehr zum Menschen beziehungsweise Hundeführer. Doch was passiert, wenn ein Einsatz in Wassernähe stattfindet?
Im Vordergrund des Trainings steht aktuell nicht die Suche nach Personen vom Boot aus, sondern die Gewöhnung an das neue Umfeld. „Der Hund soll lernen, ruhig zu bleiben, sich auf den Hundeführer zu konzentrieren und bei sich zu bleiben – auch wenn das Boot wackelt und alles ungewohnt ist“, erklärt Oberlader. Ein Teil des Trainings zielt zudem auf etwas sehr Fundamentales: das Vertrauen zwischen Mensch und Hund. „Es geht auch darum, gemeinsam Spaß zu haben, in einer neuen Situation als Team zu bestehen.“
Langfristig soll das Training aber natürlich mehr sein als eine Übung in Beziehungspflege: In bestimmten Lagen, etwa an Ufern oder in Mooren, kann der Einsatz vom Boot aus notwendig sein. Dafür müssen Hund und Mensch vorbereitet sein.
Schutz von Natur und Tieren
Am Itzelberger See wurde das Training nun bereits zum dritten Mal durchgeführt. Zuvor hatte die Heidenheimer Staffel im Jahr 2018 gemeinsam mit der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) bei Schorndorf eine ähnliche Übung umgesetzt. Mindestens einmal im Jahr soll das Bootstraining künftig stattfinden, idealerweise häufiger, so Oberlader.
Bei allem Training sei Rücksicht das oberste Gebot: Das Naturschutzgebiet am See werde nicht befahren, Enten und andere Tiere nicht gestört. „Manche Hunde lieben das Wasser und springen gerne, aber genau das ist im Boot nicht erwünscht.“ Wenn der Hund Witterung aufnimmt, muss der Hundeführer das erkennen und dem Bootsführer die Richtung ansagen, erklärt Oberlader.
Bis die Vierbeiner für Einsätze bereit sind, braucht es jedoch viel Training, zu Wasser – wie an Land. Da geht das Training übrigens so: „Erst versteckt sich jemand in Sichtweite, dann immer weiter weg“, erklärt Oberlader. Mithilfe von Geruchsspuren im Wind lernen die Hunde, bis zu zwei, drei Kilometer weit nach Menschen zu suchen. Je nach Hund gibt es, wie bereits erwähnt, unterschiedliche Arten, wie er eine gefundene Person anzeigt, etwa durch Verbellen oder durch ein sogenanntes Bringsel, das er im Maul trägt. Gesucht wird meist mit echter Versteckperson, Belohnung für die Hunde gibt es in Form von Futter oder Spielzeug, je nachdem, was das Herz des Vierbeiners höherschlagen lässt.
Neben Taktiktraining und Beziehungsarbeit sind die Übungen noch ein Weiteres: Ausdruck eines großen ehrenamtlichen Engagements. Die Mitglieder der DRK-Rettungshundestaffel Heidenheim bilden ihre Hunde in ihrer Freizeit aus und treffen sich regelmäßig zum Training. Im Wald, auf Firmengeländen oder wie jetzt am See.
Die Hunde gehen auch mal in Rente
Ein Hundeleben lang dauert die Arbeit aber natürlich nicht. Wenn die Hunde älter werden, gehen sie in Rente – so wie Sam, der Hund von Luise Oberlader. Mit seinen 15 Jahren ist er zwar nicht mehr einsatzfähig, darf aber weiter mit zum Training. Oberlader: „Sie brauchen die Aufgabe – ganz ohne wäre nicht gut für sie.“
Einsätze und Ausblick
Im Jahr 2024 wurde die Rettungshundestaffel drei- bis viermal an Gewässern im Landkreis alarmiert, bislang ohne Einsatz vom Boot aus. „Wir stehen mit der Bootsausbildung noch am Anfang“, sagt Luise Oberlader. „Aber wir sehen, wie wertvoll sie sein kann – und wollen sie ausbauen.“
Rund 35 Ehrenamtliche engagieren sich derzeit in der Heidenheimer Rettungshundestaffel. Wer mitmachen will, kann zunächst ohne Hund zum Training kommen, später mit eigenem Vierbeiner. Dann entscheidet das Team, ob Mensch und Tier ins Gefüge passen. Voraussetzung für eine aktive Mitgliedschaft sind unter anderem eine Sanitätsausbildung, ein Karte-und-Kompass-Lehrgang – wichtig für Suchen im Wald – und eine Funkschulung.
Finanziert wird die Staffel vor allem über Spenden. Auch durch die Betreuung von drei Blutspendeterminen pro Jahr sowie Hunde-Vorführungen kommt ein kleiner Betrag in die Kasse. Wer die Arbeit unterstützen will, findet auf der Website der DRK-Rettungshundestaffel Heidenheim entsprechende Informationen unter www.drk-hdh.de