Countdown zur Weltmeisterschaft

Mit der Motorsäge zur Weltspitze: Deutschlands Waldarbeiter-Nationalteam trainiert in Ochsenberg

Zwischen Motorsägenlärm und Waldstille bereitet sich das deutsche Team der Waldarbeiter auf die nächste Weltmeisterschaft vor. Welche Herausforderungen ihnen hierbei im Weg stehen, wie Trainer Markus Wick diese bewältigen will und was es mit dem Forstsport genau auf sich hat:

Jeder Handgriff sitzt, wenn Thomas Schneider den Kettenwechsel an seiner Motorsäge ausführt. Der gelernte Forstwirt und gebürtige Burgberger ist Teil des deutschen Nationalteams der Waldarbeiter. Mitten im Landkreis Heidenheim, in Ochsenberg, bereitet sich die deutsche Auswahl der Forst-Profis gerade auf die kommende Weltmeisterschaft in Slowenien vor.

Und die hat es in sich. Bereits vom 12. bis 15. März 2026 wird das Team an den Start gehen. Ein ungewöhnlich früher Termin, der Trainer Markus Wick und seine Truppe vor neue Herausforderungen stellt. Da die vergangenen Weltmeisterschaften in der Regel im Sommer stattfanden, wurde hauptsächlich im Herbst und Frühjahr trainiert. Solange es die Bedingungen zulassen, trifft sich das Team alle zwei Wochen in Ochsenberg, mit Unterbrechung in der Weihnachtspause.

Weniger Zeit, starke Konkurrenz

Waldarbeiter-Training gestaltet sich im Winter allein schon wegen Witterung und Wetter schwierig. Somit bleibt für den kommenden Wettbewerb deutlich weniger Trainingszeit als sonst. „Wir müssen dieses Jahr viel schneller bereit sein als sonst“, so Wick. Und auch die Konkurrenz schläft nicht. Neben dem amtierenden Weltmeisterteam aus Österreich darf auch Weißrussland dieses Jahr wieder antreten. Für das Training werden dessen Vertreter eigens freigestellt, was dem Team natürlich einen gewissen Vorteil verschafft.

Unser Anspruch ist es ganz klar, Weltmeister zu werden. Nicht weniger!

Markus Wick, Trainer des deutschen Waldarbeiterteams

Hiervon ungetrübt sind die Ambitionen der Deutschen dennoch hoch. Im internationalen Umfeld der Waldarbeitersport-Elite spielt Deutschland schon lange oben mit. Bei der letzten Weltmeisterschaft 2024 in Österreich holte das deutsche Team um Markus Wick vier Goldmedaillen und wurde Vizeweltmeister. Auch zwei neue Weltrekorde hatten sie bei ihrer Rückkehr mit im Gepäck: Marco Trabert entastete einen Baumstamm in nur 13 Sekunden und Thomas Schneider vollzog den Kettenwechsel in gerade einmal 8,32 Sekunden. „Unser Anspruch ist ganz klar, Weltmeister zu werden. Nicht weniger“, sagt der Trainer.

Hohe Ambitionen nach beeindruckender Weltmeisterschaft 2024

Um dieses Ziel zu erreichen, wird derzeit wieder fleißig trainiert und intensiv daran gearbeitet, den Ablauf zu verbessern und jegliche auch noch so kleine Fehler zu vermeiden. „Wir schauen genau hin, wo wir in den letzten Jahren Punkte liegen gelassen haben. Da drehen wir an allen möglichen Rädchen. Am Ende entscheiden oft nur wenige Zähler“, sagt Wick.

Wie in jeder anderen Sportart sind auch beim Forstsport Qualitäten wie Konzentration, Fokus, Routine und natürlich viel Training essenziell. Hinzu kommt noch der Zeitdruck, denn die Geschwindigkeit ist am Ende ebenso entscheidend für die Platzierung. Aber auch das nötige Feingefühl und die innere Ruhe darf nicht fehlen, wie beim Besuch der HZ im Königsbronner Teilort Ochsenberg klar wird.

Trainer Markus Wick erklärt, worauf es in den einzelnen Disziplinen ankommt. Rudi Penk

Das Training beginnt Markus Wick mit dem sogenannten „scharfen Schuss“ – einem kompletten Durchlauf aller vier aufeinanderfolgenden Disziplinen mit Zeitmessung, wie im echten Wettbewerb. „Das pusht die Jungs gleich zu Beginn“, erklärt Wick. Erst danach werden einzelne Elemente verfeinert, Fehler analysiert und Abläufe spezifisch trainiert. In allen Bereichen wird ausschließlich mit Kettensäge gearbeitet.

Im Motorsägensport treten die Waldarbeiter-Profis in fünf Disziplinen an. Die Regeln sind streng, die Toleranzen minimal und die Zeit läuft. Los geht es mit dem Kettenwechsel, der für viele Außenstehende zunächst unspektakulär wirken mag. Hier muss jedoch jeder Handgriff sitzen, denn die Motorsäge muss im Anschluss in exakt diesem Zustand für alle weiteren Bereiche verwendet werden. Nachträgliche Anpassungen würden sofort 50 Strafpunkte bedeuten, was kein Teilnehmer in Kauf nehmen möchte.  

Fünf Disziplin - und jede hat ihre eigenen Tücken

Beim Entasten dürfen maximal fünf Millimeter stehen bleiben – alles darüber kostet wertvolle Punkte. Auch der Kombischnitt fordert Millimetergenauigkeit. Beim Präzisionsschnitt gilt zudem: Sobald die Säge den Boden auch nur ansatzweise touchiert, ist man raus. „Das ist wirklich eine Alles-oder-nichts-Situation“, sagt das Team. Der perfekte Null-Millimeter-Schnitt scheint daher fast unmöglich, er sei aber schon einige Male vorgekommen. Die letzte Disziplin, auch meist als Königsdisziplin bezeichnet, ist die sogenannte Zielbaumfällung, die aber gesondert trainiert wird und stattfindet.

„Die Routine ist wirklich unerlässlich“, erklärt der Trainer. „Ich sage meinen Jungs, wenn ihr bloß in den Keller zum Sprudel holen geht und an eurer Motorsäge vorbeilauft, dann macht ihr halt schnell noch einen Kettenwechsel.“ Diese fast beiläufigen, kleinen Trainingsmomente seien nicht zu unterschätzen.

Markus Wick lädt jeweils im Anschluss an die Deutschen Waldarbeitsmeisterschaften die zehn Besten zur Auswahl nach Ochsenberg ein. Dort müssen sie sich in einem Ausscheidungswettkampf beweisen. „Die drei Besten dürfen dann mit zur Weltmeisterschaft“, sagt er.

Der aktuell Jüngste in den Reihen des Teams: Der 21-jährige Luis Kolb beim Kombischnitt. Rudi Penk

Einer von ihnen ist auch in diesem Jahr wieder Thomas Schneider. Daneben gehen noch Marco Trabert und Martin Schraitle mit ins Rennen für Deutschland. Für alle drei ist es nicht das erste Mal. Zudem startet der 21-jährige Luis Kolb, der ebenfalls hier aus der Region stammt, in der Kategorie der U24. Zum Team gehört außerdem ein Ersatzmann, der dieses Jahr Dirk Schmidt heißt. Auch für ihn ist die Fahrt zur Weltmeisterschaft keine Premiere.

Was alle Team- und Verbandsmitglieder gemeinsam haben: Sie sind oder waren alle gelernte Vollzeit-Forstwirte, viele davon mit jahrzehntelanger Erfahrung und einer tiefen Verbundenheit zum Wald. „Viele denken, Forstarbeit bedeutet einfach nur Bäume fällen. Doch moderne Waldarbeit heißt vor allem auch: Waldpflege, Nachhaltigkeit, Verantwortung.“ Gerade Baden-Württemberg – und hier besonders der Landkreis Heidenheim – gelte im Bereich Forstarbeit als Vorreiter.

Forstarbeit ist weit mehr als nur Bäume fällen

Internationale Wettbewerbe in diesem Bereich finden bereits seit 1970 statt. Im Gegensatz zu vielen anderen sportlichen Meisterschaften erwartet die Sieger der Weltmeisterschaft jedoch kein Preisgeld. „Es geht wirklich rein um die Ehre“, sagt Wick. Es gebe jedoch auch Nationen, die von ihrer Regierung für den Sieg eine „Trophäe“ erhalten, etwa in Form eines neuen Autos.

Je näher die Weltmeisterschaft rückt, desto mehr steigt die Spannung. Für Markus Wick und sein Team zählt jeder Trainingstag und dann jeder Punkt. Im März wird sich zeigen, ob sich die harte Arbeit auszahlt und ob das deutsche Team seinen großen Traum erfüllen kann: den Weltmeistertitel.