Wirtschaft

Know-how als wichtigstes Kapital: Die Hüttenwerke in Königsbronn trotzen der schwierigen Marktlage

Die Lage am Markt für große Papierwalzen könnten besser sein, die Verantwortlichen der Königsbronner Hüttenwerke zeigen sich aber optimistisch: Ihre Walzen sind weitgehend konkurrenzlos, neue Geschäftsfelder kommen nach und nach hinzu.

Vor gut sechs Jahren ereignete sich das „Wunder von Königsbronn“, als nach drei Insolvenzen der traditionsreichen Hüttenwerke endlich ein Investor auf den Plan trat, der dem Unternehmen eine Zukunft ermöglichte. Die Mitarbeitenden, die bis zuletzt um „ihre“ Hüttenwerke gekämpft hatten, wurden tatsächlich Anteilseigner, die Produktion der hochpräzisen Walzen für die Papierindustrie ging weiter.

Ein andauerndes Tal der Glückseligen ist das obere Brenztal dennoch nicht. Die weltpolitische Lage und Zurückhaltung bei den Endkunden schlagen auch in Königsbronn durch. Im Geschäftsjahr 2024 musste die Hüttenwerke im operativen Bereich einen Umsatzrückgang von gut 18 Prozent auf 18,6 Millionen Euro hinnehmen (Vorjahr 22,8 Millionen Euro) hinnehmen. Der Jahresüberschuss sank gar um fast 79 Prozent von knapp 1,7 Millionen Euro im Jahr 2023 auf 358.000 Euro im vergangenen Jahr. 2024 wurde zudem die Aktiengesellschaft HWK 1365 SE gegründet, die als Holding das Dach für die Hüttenwerke Königsbronn GmbH als Vertriebseinheit der Firmengruppe und die HWK Produktion GmbH bildet.

Geschäftsführer Dr. Heiko Hesemann und Roman Zitzelsberger als geschäftsführender Direktor und Verwaltungsrat der SE berichten im HZ-Interview über die Hintergründe des Börsengangs, die aktuelle Lage und die Frage, wie ein Unternehmen der Schwerindustrie CO2-neutral werden kann.

Herr Hesemann, Herr Zitzelsberger, wie ist denn aktuell die Marktlage für die Hüttenwerke Königsbronn?

Hesemann: Die Marktlage ist im Moment recht schwierig. In der Papierindustrie halten die Endkunden Investitionen derzeit sehr stark zurück, was sicherlich weltpolitisch verursacht ist. Aber es gibt viele Papiermaschinen auf der Welt, und auch wenn gerade weniger Papier abgefragt wird, laufen sie dennoch. Diese Maschinen brauchen Neuerungen, brauchen gewartete Walzen. Wir rechnen damit, dass der Markt wiederkommen muss. Wann genau, kann aber niemand sagen.

Dr. Heiko Hesemann ist Geschäftsführer der Hüttenwerke Königsbronn. Dennis Straub

Sie klingen vergleichsweise gelassen. Sind solche Schwankungen üblich?

Zitzelsberger: Momentan ist der Markt tatsächlich verhaltener. Das liegt gar nicht an unseren Kunden, wie Voith, sondern daran, dass der Papiermarkt zu wenig investiert. So eine Phase ist für uns anspruchsvoll, keine Frage, weil wir unsere Fixkosten haben und unsere Leute halten wollen und tun. Aber wir wissen, dass dieser Markt wieder hochläuft. Viele Papiere, vor allem die für den Versandhandel, sind weiterhin ein steigender Markt.

Die HWK verfügen in Königsbronn über ein einzigartiges Know-how und entsprechende Erfahrung in der Walzenproduktion. Kann man sich mit dieser Ressource in der Hinterhand zurücklehnen?

Hesemann: Das stellt natürlich unser Potenzial im Markt dar, das ist unser Rückgrat. Und unsere Kunden wissen auch um die Marktlage, viele haben mit Personalabbau, Umstrukturierungen oder Kurzarbeit reagiert. Die wissen, dass es am Ende der Nahrungskette uns betreffen könnte, deswegen unterstützen sie uns. Wann immer sie Aufträge kriegen, bekommen wir die zum großen Teil. Das ist unserer besonderen Marktstellung geschuldet, die sich im besonderen Verständnis der Materie und der Qualität, die wir liefern können, auszeichnet.

Das kann auch niemand aufholen?

Hesemann:  Nein, nein. Man müsste allein sehr viel Geld investieren. Wir haben zum Beispiel einen riesigen Gussformenpark, über 4000 Tonnen dieser sogenannten Kokillen haben wir auf dem Hof. Die müsste sich erst jemand abgießen, bevor er in dem Markt unterwegs sein könnte. Da reden wir über einige Millionen Euro. Wir sind ja in einer sehr kleinen Nische unterwegs, da befürchten wir eher weniger Wettbewerb.

Im Umgang mit dem mehr als 1000 Grad heißen Material sind Wissen und Erfahrung gefragt. Dennis Straub

Zitzelsberger: Wir haben hier auch keine haushaltsüblichen Dreh- und Schleifmaschinen, eine einzige dieser Maschinen ist eine Millioneninvestition. Was noch wichtiger ist: Wir haben seit dem 19. Jahrhundert Erfahrung in der Herstellung von Kalanderwalzen. Was wir machen, ist Hochpräzision und Hightech im XXL-Format. Die Herstellung der metallurgischen Eigenschaften einer Walze, mit der harten Schicht außen und der weichen innen, das macht uns keiner so schnell nach.

Hesemann:  Wir haben eine Gießerei und die ist spektakulär, keine Frage. Sie stellt aber gar nicht den Hauptaspekt bei uns in der Firma dar. Was wir liefern, sind einbaufertige Kalanderwalzen für die Papierbranche und die Konstruktion dieser Walzen erfolgt in unserem Haus. Wir haben sehr viel Know-how, das wir in die Walzen reinstecken.

Das umfasst sicherlich auch viele Betriebsgeheimnisse.

Zitzelsberger: Bei uns liegt nicht das Coca-Cola-Rezept im Tresor, sondern wir haben ganz viele Rezepte, die in den Köpfen unserer Mitarbeiter lagern.

Roman Zitzelsberger ist geschäftsführender Direktor und Verwaltungsrat. Jörg Schieferecke

Wie trägt man dieses Rezept denn weiter?

Hesemann: Wir versuchen, die Menschen zu halten. Wir bieten ein sehr gutes Arbeitsumfeld in unserer Nische. Jeder, der hier ist, weiß, dass er wenig Konkurrenz hat, weil es so ein Spezialfeld ist. Wann immer wir Stellen nachbesetzten müssen, holen wir uns die Leute frühzeitig rein und gewährleisten einen Überlapp, sodass Wissenstransfer stattfinden kann. Das Wissen ist nicht nur in den Ingenieursköpfen drin, sondern auch bei jedem Mitarbeiter an der Maschine.

Das ist also eine komplexe Arbeit?

Hesemann:  Sie müssen sich vorstellen: An einer Zehn-Meter-Walze mit anderthalb Metern Durchmesser wird der Rundlauf gemessen, also die Abweichung vom idealen Kreis, und diese Abweichung darf nur wenige Mikrometer groß sein. Das ist ein Bruchteil der Dicke eines Haares. Die gewünschte Papierdicke muss ja gewährleistet sein, die darf nur in einem ganz engen Fenster schwanken, deshalb brauchen wir Hochpräzision bei den Walzen. Die können wir.

Zitzelsberger: Wir sind eine besondere Firma, nicht nur wegen der Geschichte der letzten 20 Jahre und den drei Insolvenzen. Viele sind ja Teil des „Wunders von Königsbronn“. Sie sind Aktionäre am eigenen Unternehmen, das darf man nicht vergessen. Das erzeugt neben den fachlichen Argumenten auch einen gewissen Produzentenstolz.

2024 wurde die HWK 1365 SE gegründet, eine Aktiengesellschaft nach europäischem Recht. Die Gesellschaft hat rund ein Drittel Streubesitz, das sind also die Mitarbeiter?

Hesemann:  Genau. Das hat historische Gründe. Als die Firma 2019 neu gegründet wurde, gab es schon eine Muttergesellschaft, das war damals eine GmbH, davon wurde ein Drittel den Mitarbeitern übertragen, die zum Gründungszeitpunkt beschäftigt waren. Es wurden von der Vorgängergesellschaft 79 Leute übernommen, und die waren am Anfang die Eigentümer dieses Drittels. Natürlich konnte man damals nichts damit anfangen.

Zitzelsberger: Die Gründung der SE war hauptsächlich deshalb erforderlich, damit die Menschen mit ihrem Besitz an der Firma selbst entscheiden können, was sie tun. Vorher gehörte ihnen der Anteil zwar, aber sie konnten nicht darüber verfügen. Manche haben mittlerweile sogar Aktien dazugekauft. Jeder kann jetzt individuell entscheiden, was er damit macht. Weil die Aktie an der Düsseldorfer Börse gehandelt wird, haben sich auch ganz neue Leute welche gekauft. Diese neuen Aktionäre liegen in einem höheren einstelligen Prozentbereich.

Bei der Bearbeitung der Walzen geht es um Präzision im Mikrometerbereich. Dennis Straub

Welche Vorteile hatte der Schritt aus Unternehmenssicht?

Zitzelsberger: Wir sind jetzt auf Kapitalmarktkonferenzen vertreten, wir können das Unternehmen über den klassischen engen Markt hinaus weiter bekanntmachen. Das ist ein echter Vorteil. Es gibt aber einen Nachteil, den darf man nicht unter den Tisch kehren: Dieses Konstrukt ist eher für größere Unternehmen. Mit unseren knapp 20 Millionen Euro Umsatz haben wir eine sehr umfangreiche Organisationsstruktur, und das führt zu zusätzlichen Kosten, die wir als einfache GmbH nicht hätten. Das ist auch eine meiner Hauptaufgaben, zu schauen: Wie schaffen wir es, die Nachteile so zu minimieren, dass wir uns auf das konzentrieren können, was wir sind, nämlich ein sehr, sehr, sehr erfolgreicher schwäbischer Maschinenbauer.

Herr Zitzelsberger, Sie waren lange führend in der IG Metall in Baden-Württemberg. Ist das eine Art Seitenwechsel für Sie?

Zitzelsberger: Ja, natürlich ist es das. Ich bin hier der Arbeitgeber, da beißt die Maus keinen Faden ab. Am Ende geht es aber um das Wohl des Unternehmens, damit wir auch noch langfristig viele gute Arbeitsplätze erhalten können. Es ist ein Perspektivwechsel, ein Rollenwechsel, der aber gar keinen so großen Unterschied macht. In meiner alten Rolle als IG Metaller wurde ich von der damaligen Führung der IG Metall in Heidenheim informiert, dass nach der dritten Insolvenz die Hüttenwerke komplett abgewickelt werden sollten. Ich bat Fred Behr, den damaligen Betriebsratschef, alles abzusagen und mir drei Tage Zeit zu geben, um jemanden zu finden, der bereit wäre einzusteigen. Ich bin fündig geworden, damit hat es tatsächlich geklappt, dass es weiterging. Ich war also schon als IG-Metaller unternehmerisch tätig.

Dabei blieben Sie aber im Hintergrund.

Zitzelsberger: Richtig, bei all den Geschichten zum Wunder von Königsbronn werden Sie nirgendwo meinen Namen finden. Es müssen immer die örtlichen Akteure im Mittelpunkt stehen. Als dann die SE entstanden ist, war ich gerade bei der IG Metall ausgestiegen. Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen kann, als Verwaltungsrat mitzumachen. Klar ist, ich habe für dieses Unternehmen ganz schön viel Herzblut. Das älteste Industrieunternehmen lässt man nicht so einfach vom Markt verschwinden. Ich habe es zu keiner Sekunde bereut, dass ich das gemacht habe.

Wirft man nach der Gründung einer Aktiengesellschaft morgens den ersten Blick auf den Börsenkurs oder kann man das einigermaßen ausblenden?

Hesemann:  Wir schielen schon ab und zu auf den Kurs, aber der hat überhaupt keinen Einfluss auf das, was hier abläuft.

Das müssen Sie uns erklären.

Zitzelsberger: Unser Börsenkurs hat mit dem unmittelbaren Geschäft wenig zu tun. Die Entwicklung hat mehr damit zu tun, ob jemand Interesse hat, die Aktie zu kaufen, oder ob Aktionäre ihre Aktien verkaufen. Die Schwankung der Aktie ist für uns Indikator, was sich auf dem Markt derer bewegt, die unsere Aktien kaufen wollen oder nicht.

Hesemann: Wir haben ja nicht Millionen Aktien auf dem Markt, die jeden Tag in Riesenpaketen gehandelt werden. Wir haben in etwa 275.000 Aktien, davon sind zwei Drittel schon in fester Hand bei zwei Leuten, und auch viele von den Mitarbeitern halten ihre Aktien fest, sodass im Moment nicht sehr viel Bewegung und Tauschverhalten auf dem Markt zu beobachten ist. Das hat zur Folge, dass der Aktienpreis sehr stark schwanken kann, wenn nur jemand zehn Aktien auf den Markt wirft. Der Einfluss kleiner Verkäufe auf den Preis ist sehr groß, das darf man aber nicht überinterpretieren.

Es gab schon in der Vergangenheit Anstrengungen, in andere Märkte vorzustoßen…

Hesemann:  Absolut!

Wo sehen Sie da Potenzial?

Hesemann:  Als Hüttenwerke Königsbronn sind wir schon seit Jahrzehnten im Projektgeschäft tätig. Das ist etwas sehr Eigenes. Wir stellen keine Tausender-Stückzahlen her und verkaufen das auf dem Markt. Wir produzieren große Einzelstücke, das hat zur Folge, dass die Technik und die Qualität eine irrsinnig große Rolle spielen. Wenn wir also auf der Suche nach neuen Marktfeldern sind, müssen wir herausfinden, welche Bauteile wir herstellen könnten, und dann müssen wir zu potenziellen Kunden gehen, die solche Bauteile benötigen und sich erkundigen, welche genauen Anforderungen sie haben. Ein neues Geschäftsfeld zu betreten, kann bei uns sehr lange dauern.

In welchem Ausmaß produzieren Sie denn andere Bauteile?

Hesemann: Als wir uns 2019 neu gegründet haben, hatten wir 100 Prozent Papierbranche, wir haben nur Papierwalzen gemacht. Das bedeutet auch eine große Abhängigkeit vom Markt. Seither haben wir sehr viele Anstrengungen unternommen, um auch in anderen Märkten wieder Fuß zu fassen, aber nicht auf Kosten der Papierbranche. Was kommt, das nehmen wir – aber als Zusatzgeschäft. Im Moment sind wir bei ca. 86 Prozent Papierbranche, also immer noch sehr viel, aber wir haben es im Umkehrschluss in den vergangenen sechs Jahren geschafft, 14 Prozent andere Umsätze zu generieren. Das muss als Erfolg verbucht werden.

Mehrmals pro Woche wird in Königsbronn der Rohling einer Walze gegossen. Dennis Straub

Und das soll noch mehr werden?

Hesemann: Es gibt einige Felder, in denen wir schauen wollen, nicht zuletzt auch solche Schlagworte wie Batteriefolienherstellung. Das schauen wir gerade, wie wir die Anforderungen für spezielle Walzen erfüllen könnten. Das ist aber nichts, was in zwei Monaten spruchreif ist, dann reden wir über viel größere Zeiträume.

Aber es geht immer um Walzen.

Hesemann:  In erster Linie. Unser Know-how kommt aus „lang und rund“, das ist unser Kern, und wir versuchen natürlich bei den neuen Geschäftsfeldern in erster Linie dort Fuß zu fassen, wo wir relativ wenig Aufwand haben, reinzukommen. Wir lehnen das überhaupt nicht ab, auch in andere Projekte vorzustoßen, wo Großguss entscheidend ist, wissen aber, dass wir dort mehr Investitionen in die Hand nehmen müssen. Das macht einen Einstieg schwieriger.

Thema Guss: Flüssiges Metall braucht viel Energie…

Hesemann:  Das ist richtig.

Wie groß sind Probleme, die aus dieser Tatsache entstehen?

Hesemann:  Wir brauchen rund zehn Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr, und aufgrund unserer Vorgeschichte hatten wir lange Zeit nur Verträge, wo wir uns am Spot-Markt bedienen konnten. Wir mussten also jede Preisschwankung mitnehmen. Das hat uns 2022, als die Energiekrise losging, das Jahresergebnis gekostet. Wir hatten da über zwei Millionen Euro höhere Energiekosten als im Jahr davor - und das bei einem Betrieb mit rund 20 Millionen Euro Umsatz. Das war nicht schön.

Wie haben Sie das kompensiert?

Hesemann: Wir haben einen Materialteuerungszuschlag, den haben wir um eine Energiekomponente erweitert. Die Kunden haben das akzeptiert, auch wenn damals zur Krisenzeit riesige Beträge obendrauf kamen. Das wiederum spricht für unsere Qualität und die Walzen aus unserem Haus, wenn der Kunde so drastische Preiserhöhungen akzeptiert. In seltenen Fällen haben wir den Preis der Walzen verdoppelt.

Zitzelsberger:  Wir sind ein Unternehmen, das seinen Standort nicht einfach verlagern kann. Wir wollen es natürlich auch nicht. Wir sind deshalb darauf angewiesen, dass die Politik mitwirkt, dass wir unsere Existenz aufrechterhalten können. Da sind Strom- und Gaspreise und auch die Versorgungssicherheit ganz enorm wichtig.

Sie können an der Energie demnach auch wenig einsparen?

Neuere Öfen würden wahrscheinlich etwas weniger Strom brauchen. Deshalb eine Investition zu tätigen, würde sich über Jahrzehnte nicht rechnen. Was man aber sagen kann: Es gibt Studien für Eisengießer, die besagen, dass hinsichtlich CO2-Fußabdruck Induktionsöfen, wie wir sie haben, die beste Alternative sind, um Eisen zu schmelzen.

Zitzelsberger: Die Technologien, mit denen wir arbeiten, das „Kochen“ unseres Eisens, die Glühprozesse - das ist alles co2-neutral umstellbar. Wenn wir grünen Strom kriegen, wenn wir grünen Wasserstoff kriegen, können wir mit wenig Aufwand den Hebel umstellen. Deshalb kann man eine Fabrik wie unsere mit den richtigen Energien umstellen.

In der Region ist der Anschluss an eine riesige Wasserstoff-Pipeline geplant. Würden auch die Hüttenwerke davon profitieren?

Hesemann: Es gibt ein, zwei Bearbeitungsprozesse, wo wir Gas benötigen, der Hauptabnahmegrund wäre aber das Heizen unserer Hallen. Das machen wir zurzeit alles mit Erdgas, das ist umwelttechnisch nicht schön.

Zitzelsberger: Stand heute könnte man den Wasserstoff überhaupt nicht bezahlen. Wirtschaftlich ist das noch keine Alternative. Es kommt vor allem darauf an, dass der Wasserstoff tatsächlich grün hergestellt wird. Wenn wir braunen nehmen, der aus Kohleverstromung hergestellt wird, dann macht das gar keinen Sinn. Für uns wird es interessant, wenn es grüner Wasserstoff ist. Da sind wir als einzelner Akteur aber viel zu klein, als dass wir eine relevante Rolle spielen.

Geht die Politik da in die richtige Richtung?

Hesemann: Im Moment werden, zumindest nach meinem Bauchgefühl, viele Umweltthemen wieder hintenangestellt. Unter diesem Gesichtspunkt ist es für Firmen schwierig, die sagen, jetzt haben wir uns an die Politik der letzten fünf Jahre gehalten, und jetzt sind wir grüner- aber teurer. Die haben aktuell große Schwierigkeiten auf dem Markt, ihre Produkte an den Mann zu bringen.

Selbst bei Ihrer Markstellung?

Hesemann: Bei großen Kalanderwalzen haben wir einen bestimmenden Markteinfluss, aber wir haben trotzdem immer noch einen Wettbewerb. Wenn der mitzieht, ist alles im Lot. Wenn der beschließt, das erst fünf Jahre später zu machen, das haben wir wieder ein Problem.

In einer industriellen Nische ist man also nicht automatisch geschützt?

Hesemann: In der Papierbranche haben wir vielleicht zehn Papiermaschinenhersteller, die bei uns kaufen, davon ist ein großer Teil in Deutschland ansässig. Die bringen aber ihre Maschinen weltweit auf den Markt und konkurrieren gegen Anbieter, die in Asien sitzen. Wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen hier ein gewisses Preisniveau erforderlich machen und die dann bei den Endkunden gegen eine asiatische Firma konkurrieren, dann ist das eine schwierige Ausgangssituation. Die Kunden hier machen eine super Technik, die Papiermaschinen sind State of the Art, Asien holt auch auf. Aber die Kunden sind zum Teil auch bereit zu sagen, ich brauche nicht die modernste und nicht die größte Maschine, wenn am Schluss der Preis stimmt.

Sie könnten ein wenig von der Qualität abrücken und auch billiger werden.

Zitzelsberger: Wir sind, was wir sind, und darauf sind wir total stolz. Wir sind ein schwäbischer Mittelständler, der Weltmarktführer ist mit seinem wichtigsten Produkt. Davon gibt es viele, aber keiner ist so alt wie wir, und keiner hat so ein spezifisches Produkt, das auch nicht kopierbar ist. Wir schauen optimistisch in die Zukunft. Ja, wir haben immer wieder Schwankungen, das ist im Projektgeschäft so. Aber wir sind nicht wie die Automobilwirtschaft von einer Transformation bedroht. Das macht uns zuversichtlich, weil die Kompetenz und das Know-how, die wir haben, auch vielfältig einsetzbar sind. Wir glauben an die Zukunft, aber es gilt auch, immer die Kostenseite im Blick zu halten, um auch schwierige Situationen über die Bühne zu bringen.

Stecken Sie da nicht manchmal die Köpfe zusammen und reden über eine Standortverlagerung?

Hesemann:  Für uns kommt ein Umzug nicht in Frage. Das ist in keiner Weise denkbar! Ich denke mitzubekommen, dass bei anderen Firmen gewisse Tendenzen da sind zu sagen: Teile der deutschen Arbeitsplätze nehmen wir weg und machen dafür woanders Arbeitsplätze auf. Das kommt für uns nicht in Frage. Wir sind zu klein, um einen zweiten Standort zu gründen. Die Investitionen, die zu tätigen wären, würden unsere Kapazitäten völlig übersteigen. Wir haben vorhin über den Wert unserer Maschinen gesprochen. Dazu gehören auch Fundamente, ein großer Teil des Werts der Maschinen steckt in den Fundamenten. Die können Sie nicht einfach woanders hin umsiedeln, das funktioniert nicht. Durch die Bindung an Königsbronn, durch die Historie an diesem Ort, haben wir eine Arbeitnehmerbindung, und die ist uns sehr lieb und teuer und sehr wichtig. Wir schaffen es dadurch, Know-how zu halten. Wir bezweifeln, dass das woanders in derselben Art funktionieren würde. Deswegen bekennen wir uns zu hundert Prozent zur Region.

Zitzelsberger: Wir sind hier, und wir bleiben hier, weil wir das wollen! Die Frage stellt sich für uns nicht. Das wissen unsere Mitarbeiter natürlich. Sorgen, die sich Beschäftigte in anderen Unternehmen machen müssen, die müssen sich unsere Leute definitiv nicht machen.