Es ist ein besonderer Moment, als am Mittwochnachmittag die Türen des Cafés Seeblicks in Itzelberg erstmals wieder öffneten. Vor Ort ergab sich ein Bild, als hätte man am Rad der Zeit gedreht: Drinnen und draußen sitzen zahlreiche zufrieden wirkende Gäste, in der Luft schwebt der Duft von frischem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen, und immer wieder schweift der Blick über den Itzelberger See. Die Freude über die Wiedereröffnung des traditionsreichen Lokals ist spürbar – nicht nur bei den Gästen, sondern auch bei der neuen Betreiberin: Sabine Haag.
Die 53-Jährige aus Ebnat ist keine gelernte Gastronomin. Sie betreibt seit Jahren Ferienwohnungen in Ebnat, Lauchheim und Unterkochen. Mit dem Einstieg in den Cafébetrieb betritt sie neues Terrain. Wie kam’s? „Es war eigentlich Zufall“, sagt Haag und lacht.

Im Herbst 2024 spazierte sie mit Freundin Eva Schaudi um den See. „Wir sahen dieses Plakat am leerstehenden Café: ‚Zu verkaufen‘, und da fing meine Fantasie an zu sprießen. „Übernachtungsmöglichkeiten mit Blick auf See-Idylle. Enten, Schwäne, Wasser und Grün, das ist genau meins, dachte ich“, so Haag.
Doch was als Idee für Gästezimmer mit Seeblick begann, wuchs schnell über die ursprünglichen Pläne hinaus. Bürgermeister Jörg Weiler sei es gewesen, der sie schließlich „überredet“ habe, auch den Cafébetrieb wieder aufleben zu lassen. „Wollen Sie nicht, könnten Sie sich nicht vorstellen …“, erinnert sich Haag an die engagierten – und letztlich erfolgreichen – Überzeugungsversuche des Bürgermeisters. Im Februar dieses Jahres kaufte Haag das Gebäude und begann, es mit der Hilfe ihrer drei erwachsenen Kinder und Eva Schaudi zu renovieren. Gemeinsam mit Schaudi und ihren Kindern betreibt die 53-Jährige nun das neue Café.
Ein Ort mit Geschichte und Herz
Dass das Café Seeblick mehr ist als nur eine Immobilie, war Haag von Anfang an bewusst. Sie habe „jeden einzelnen Artikel über das Café und die Familie Brugger gelesen“, sagt sie. Über Bernd Brugger, den langjährigen Vorbesitzer, sagt sie lächelnd: „Wir sind ein Team. Er steht total hinter uns und hat seine Unterstützung und sogar Mithilfe angeboten. Als wir uns kennengelernt haben, hatte er vor Freude Tränen in den Augen, weil ‚sein‘ Café wieder belebt wird.“
Das Café Seeblick, das seit jeher für viele in Itzelberg ein fester Bestandteil des Dorflebens war – für Geburtstage, Trauerfeiern und Begegnung mit Bekannten – soll ein neuer Treffpunkt werden. Dafür hat Haag in den vergangenen Monaten gemeinsam mit ihren drei erwachsenen Kindern umfangreich renoviert: neue Wasserleitungen, eine moderne Theke, neue Kaffeemaschine und fünf komplett entkernte und sanierte Gästezimmer. Die eigentliche Sanierung des Cafébereichs, inklusive neuer Fenster und Türen, soll im Laufe des Jahres folgen. Sohn Thomas Haag bringt zudem moderne Ideen ein, etwa digitale Menütafeln an der Wand. Auch die Kegelbahn soll perspektivisch wieder in Betrieb genommen werden. Aber alles Schritt für Schritt.
Kaffee, Kuchen und bald auch Vesper
Zum Start setzt das kleine Team auf ein so simples wie gutes Konzept: Kaffee und selbstgebackener Kuchen, demnächst ergänzt durch eine kleine Vesperkarte mit regionalen Produkten. Auf warme Hauptgerichte wird bewusst verzichtet. „Wir wollen uns langsam herantasten und schauen, was gut läuft“, sagt Haag.
Ein kleines Highlight an heißen Sommertagen dürfte die „Cocktail to go“-Bar im Gebäudeinneren sein, die die Familie eingerichtet hat. Und: Neben dem Getränkeautomaten an der Gebäudefassade soll noch in diesen Tagen ein Eisautomat angebracht werden – wie früher. Das Café ist aktuell täglich von 13 bis 20 Uhr geöffnet, im Sommer bei Bedarf auch länger. „Wenn die Leute bis 22 Uhr draußen sitzen wollen – warum nicht?“, sagt Haag lächelnd.
Bei den Produkten setzt Haag auf Regionalität: Nattheimer Bier, Eier vom Ebnater Bauernhof, die Wurst von einer örtlichen Metzgerei. Selbst bei der Cola greift man auf eine Ulmer Abfüllung zurück.
Ein neues Kapitel beginnt
In zwei Wochen soll auch der Hotelbetrieb im Obergeschoss starten. Die fünf Gästezimmer kommen ohne Frühstück aus, dafür mit Seeblick und einer kleinen Kaffeemaschine im Zimmer. „Für fünf Zimmer lohnt sich ein Frühstücksbetrieb einfach nicht“, erklärt Haag. „Ob sich das irgendwann ändert, werden wir sehen. Jetzt wollen wir erstmal in Ruhe starten.“
Bürgermeister Weiler: „Ein Happy End für unseren Seeblick“
Dass die Wiedereröffnung auf so viel Interesse stößt, überrascht die neue Cafébetreiberin nicht. „Während der Renovierung kamen ständig Leute vorbei, vor allem ältere Damen und Herren, und fragten mich: ‚Macht das Café wirklich wieder auf?‘, ‚Wann geht’s los?‘, ‚Das muss ich unbedingt weitererzählen‘“, erinnert sich Haag schmunzelnd. „Das war total niedlich“.
Auch Bürgermeister Jörg Weiler ließ es sich nicht nehmen, zur Eröffnung zu gratulieren: „Ich begrüße Frau Haag und Frau Schaudi in Itzelberg und danke ganz herzlich, als Bürgermeister und als Bürger“, sagte er. „Ich kenne das Café Seeblick seit meiner Kindheit – als Ort für Geburtstage, Beerdigungen und Begegnungen. Jetzt haben wir wieder einen lebendigen Treffpunkt mit Blick auf unseren schönen See. Die Bevölkerung hat sich das schon lange gewünscht. Unser Seeblick war im Dornröschenschlaf, und heute ist er mit einem Happy End wieder aufgewacht.“
Vision: Das Wohnzimmer von Itzelberg
Sabine Haag: „Viele haben sich gefreut, dass endlich wieder Leben nach Itzelberg zurückkehrt“, sagt Haag. „Auch wenn es nur Kaffee und Kuchen gibt, die Leute sind zufrieden. Sie wollen einfach wieder einen Ort der Begegnung. Eine Nachbarin meinte, das Café Seeblick sei früher das Wohnzimmer von Itzelberg gewesen und genau das möchte ich ein Stück weit zurückholen.“