Ein lavendelfarbenes T-Shirt, auf der Brust ist in weißer, dunkel schattierter Schreibschrift „Georg Elser“ aufgedruckt, darunter steht „Streetwear“, also sinngemäß Freizeitkleidung. Das Shirt gibt es noch in sechs anderen Farben, sodass sich eine Art Regenbogen ergibt. Der Anblick ist überraschend: der anerkannte Widerstandskämpfer und Hitler-Attentäter Georg Elser als Namensgeber für ein Modelabel? Eine Provokation?
Torsten Hoffmann, der Mann hinter „Georg Elser Streetwear“, hat einen anderen Ansatz: „Elser ist in meinen Augen der vergessene Held“, sagt er. Hoffmann war auf der Suche nach einer starken Identifikationsfigur, als er auf Elser stieß. „Er hat die Zeichen der Zeit vor allen anderen erkannt“, sagt er. Elser habe willentlich niemanden mit in seine Pläne hineingezogen.
Mit der Gesamtsituation am Vorabend des Zweiten Weltkriegs unzufrieden, habe Elser vielmehr überlegt, was er als Einzelner tun könne. Und dann wurde er aktiv. Das, so Hoffmann, unterscheide den Schreiner von der Ostalb von anderen Widerstandskämpfern: „Stauffenberg war ein Faschist, der sich an Hitler nur gestört hat, weil er ein schlechter Befehlshaber war.“
Bunte Stücke für linke Fußballfans
Die Schlüsse, die Hoffmann daraus für sein Modelabel gezogen hat, erscheinen erst einmal verwirrend. Die Kleidungsstücke und Accessoires, die mit dem Namen oder Konterfei Elsers versehen sind, adressieren einerseits die politisch linke Szene, andererseits stellen sie einen direkten Bezug zum Fußball her. Hoffmann präsentiert seine Stücke als Teil der „Casual-Terrace-Kultur“. Widerstand gegen die Nazi-Diktatur und Eintreten für einen weniger kommerzialisierten Fußball? Wie passt das zusammen?

Fußballfan ist der Mittvierziger Hoffmann schon seit früher Jugend. Als Anhänger des in Hamburg ansässigen FC St. Pauli zog es den gebürtigen Koblenzer zum Zivildienst in die Hansestadt, dort stieß er zu den St.-Pauli-Skinheads, die dem am nächsten kamen, was heute als Ultras bekannt ist. Über die Hamburger Skinheads kam er wiederum in Berührung mit dem Thema Casual Terrace. Dieser Begriff entstand daraus, dass in England als fanatische Fußballanhänger erkennbare junge Männer bisweilen vorsorglich festgenommen wurden. Also zogen sie betont unauffällige Markenklamotten an, um nicht, so Hoffmann, „wie typische Krawallmacher auszusehen“. Casual eben.
Auf Krawall ist Hoffmann, der seine Modemarke als Hobby betreibt, nicht aus, vielmehr will er dazu beitragen, dass sich linke Fans vernetzen können. „In der Fußballszene wurde jahrzehntelang von Nazis rekrutiert“, sagt er, „mittlerweile gibt es auch wieder mehr Linke, und ich will dazu beitragen, dass sie sich präsentieren können.“
Die meisten Designs sind streng limitiert
Es sei wichtig, Netzwerke zu pflegen, findet Hoffmann. Die heutige Lage ist seiner Meinung nach ähnlich wie vor einhundert Jahren, als der Boden für die Nazi-Diktatur bereitet wurde. Er könne den Drang verstehen, davor die Augen zu verschließen, „aber ich will nicht der sein, der irgendwann sagt: Hätte ich mal vorher was gemacht“.
Auf Profit ist das in einer hessischen Kleinstadt beheimatete Label ausdrücklich nicht angelegt. Viele Artikel werden nur in einer Auflage von 50 Stück hergestellt, und bleibt aus dem Verkauf Geld übrig, investiert Hoffmann es in neue Designs oder spendet es.

Die Designs denkt er sich selbst aus. Manchmal produziere er auch am Geschmack der Zielgruppe vorbei, räumt Hoffmann ein: „Es gibt ein paar Designs, die ich sehr schick finde, aber Ladenhüter sind.“ Leicht missionarisch sei er nur in einem Punkt unterwegs: „Ich versuche, den Leuten Farbe aufzuzwingen“, sagt er und lacht. Dass in der Szene so viele Menschen immer nur schwarz tragen, findet er nämlich überaus langweilig. „Das fuckt mich ab, wie man sich so beschränken kann“, sagt er.
Der Verkauf läuft über einen Online-Shop, über den Sommer geht er hin und wieder auch mit seinem Verkaufsstand auf Festivals und bietet seine bunte Kollektion an.
Skinheads – nicht nur Nazis
Skinheads werden in der öffentlichen Wahrnehmung meist als rechtsradikal angesehen. Die ursprünglich im England der 1960er-Jahre entstandene Subkultur war zunächst politisch neutral oder gemischt. Zu Beginn der 1980er-Jahre begann jedoch eine Spaltung, rechte Skinheads dominierten das öffentliche Bild. Daneben existieren allerdings bis heute links „Red Skins“-Gruppen, beziehungsweise die SHARP-Bewegung, was für „Skinheads Against Racial Prejudice“ steht, also „Skinheads gegen rassistische Vorurteile“.