Auch Hermaringen ist von zwei der drängendsten Probleme betroffen, die Kommunen belasten: fehlendem Wohnraum und der Oberflächenversiegelung. Wobei letztgenanntes Problem die logische Folge ist, wenn man versucht, das erstgenannte Problem im Außenbereich durch die Ausweisung von Bauland auf Acker- oder Wiesenflächen zu lösen. Dabei gäbe es eine Möglichkeit, dass eine zu tun – nämlich Wohnraum schaffen – ohne das andere zumindest nicht noch weiter zu verschärfen: mittels innerörtlicher Verdichtung.
In Hermaringen wollte man diesen Weg bereits vor Jahren beschreiten, „solange das grundbesitztechnisch möglich ist“, so Bürgermeister Jürgen Mailänder in der letzten Sitzung des Gemeinderates. Prominent gelegene Flächen in durchaus nicht geringer Größe gibt es im Ort zur Genüge. Allerdings wurde man damals in seinem Bemühen von der Rechtslage rund um das BImSchG, das Bundes-Immissionsschutzgesetz ausgebremst.
Wir haben nicht locker gelassen und irgendwann haben wir dann ein Urteil ausgegraben.
Jürgen Mailänder, Bürgermeister
Insbesondere die Frage, wie sich eine neu hinzukommende Wohnbebauung mit dem Geruch verträgt, der von benachbarten landwirtschaftlichen Betrieben ausgeht, die zum Zeitpunkt der Bebauung bereits vorhanden waren – im Juristendeutsch auch „Immissionsquelle“ genannt -, war hier Stein des Anstoßes. Nach Ansicht von Mailänder könne es nicht sein, dass man einerseits verlange, im Außenbereich möglichst nicht zu bauen, man andererseits aber im Innenbereich „aufgrund des Immissionsschutzes gehandicapt ist“. Die Folge wäre: Eine Gemeinde wie Hermaringen hätte quasi keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten mehr.
Man habe trotzdem nicht locker gelassen, so Mailänder „und irgendwann haben wir dann ein Urteil ausgegraben“. Das stammt aus dem Jahr 2022 und wurde vom Bundesverwaltungsgericht gefällt. Zusammengefasst sagt dieses Urteil aus, dass es keine Klagemöglichkeit für Anwohner in neu errichteten Wohngebäuden gibt, wenn eine solche Immissionsquelle schon immer dort bestand und die neue Wohnbebauung nicht näher an die Immissionsquelle heranrückt als die bereits bestehende.
Es wird im Einzelfall entschieden
Allerdings habe es dann trotzdem noch bis zum Anfang dieses Jahres gedauert und „Hartnäckigkeit und mehrerer Besprechungen“ – so der Wortlaut der Sitzungsvorlage der Hermaringer Gemeindeverwaltung – bedurft, bis das Landratsamt signalisiert habe, der Umsetzung solcher städtebaulichen Vorhaben seinen Segen erteilen zu können. Dabei handele es sich aber mitnichten um eine Pauschalfreigabe, sondern es werde immer im Einzelfall entschieden, erläuterte Mailänder.
Nun also der nächste Anlauf: Die Gemeinde hat bei einem Stuttgarter Stadtplanungsbüro, mit dem man bereits bei der Gestaltung des Bahnhofsumfeldes und des Mühlenhofes maßgeblich zusammengearbeitet hat, eine städtebauliche Konzeptstudie für vier Areale in Auftrag gegeben, bei denen eine innerörtliche Verdichtung infrage kommt. Konkret handelt es sich um das ehemalige Wikora-Areal, zwei große Baulücken entlang der Friedrichstraße und das Gebiet rund um den ehemaligen Gasthof Krone.
Die Visualisierungen des Planungsbüros zeigen, dass auf dem Wikora-Areal beispielsweise 60 Wohneinheiten entstehen könnten, 55 in Mehrfamilienhäusern, drei in Tiny-Häusern und zwei in Doppelhaushälften. Die direkt gegenüberliegende Baulücke mit dem Bushäuschen könnte mit einem weiteren Mehrfamilienhaus inklusive Ladengeschäft und einer Parkscheune zur Unterbringung von Fahrrädern und Mülltonnen gefüllt werden. Für dieses Gebiet müsste ein Bebauungsplan aufgestellt werden.

Auf dem Areal des ehemaligen Gasthofes Krone ist hingegen eine Bebauung ohne Bebauungsplan im Rahmen von Paragraf 34 des Baugesetzbuches möglich. Dabei müssten sich neue Gebäude in die Eigenart der bereits vorhandenen umliegenden Bebauung einfügen. Die Stadtplaner zeigen hier auf, dass eine Bebauung mit zwei Mehrfamilienhäusern auf dem nördlichen Teil der Freifläche zwischen Marienkirche und Gasthof Krone möglich sei. Reaktiviere man die ursprüngliche Funktion des Gasthofes, könnte hier beispielsweise ein Radhotel mit Außengastronomie entstehen.
Bei den vorgestellten Entwürfen handele es sich bislang aber nur um Ideen, „das sind keine fertigen Planungen“, betonte Bürgermeister Mailänder. Es gebe dazu auch keinen Zeitplan. Es gehe lediglich darum, was auf diesen Flächen einmal entstehen könnte. Ob das dann aber tatsächlich so umgesetzt werde, ob es in anderer Form umgesetzt werde oder ob überhaupt etwas umgesetzt werde, entscheide „in einer mittelfristigen oder fernen Zukunft“ der Gemeinderat, sagte der scheidende Bürgermeister zum Gremium.
Möglicher Grunderwerb durch die Gemeinde
Auch zur Frage, ob eine etwaige Umsetzung solcher Vorhaben durch die Gemeinde, durch einen Investor oder mittels einer Mischform aus beiden geschehen könne, sei noch zu klären. Das könne geschehen, „wenn man konkret an die einzelnen Areale herangeht“. Für ihn sei es aber wichtig gewesen, diese Überlegungen nicht länger im „luftleeren Raum“ zu belassen. Denn unter Umständen müsse man zur Umsetzung von einzelnen Vorhaben Grunderwerb seitens der Gemeinde tätigen, so Mailänder.