„Manchmal geht das Leben seltsame Wege“, schreibt Gerd Schmid auf seiner Homepage in der Rubrik „Über mich“. Gemeint hat er damit seinen beruflichen Werdegang. Denn ursprünglich hat der Bolheimer Bankkaufmann gelernt, was bekanntlich nichts mit dem Handwerk zu tun hat. „Rückblickend muss ich sagen, dass ich die falsche berufliche Entscheidung getroffen habe.“ Vielleicht hätte er Schreiner werden sollen, wie seine beiden Großväter. Vielleicht aber auch Lehrer. Oder Archäologe?
Hausmann, Hundebetreuer und noch viel mehr
Da berufliche Entscheidungen nicht in Stein gemeißelt sind, ist Gerd Schmid heute etwas von all dem Genannten. Er sitzt nicht mehr am Computer und hantiert mit Eurobeträgen, sondern hat sein Leben komplett umgekrempelt. „Meine Frau und ich haben die Rollen getauscht und dafür bin ich ihr sehr dankbar“, sagt der 64-Jährige. Früher war Andrea Schmid Hausfrau und hat die Kinder betreut, heute arbeitet sie Vollzeit und er ist Hausmann und Hundebetreuer.
Aber er macht noch viel mehr. Er hat ein Kleingewerbe angemeldet, baut in seiner Garage Sport- und Spaßbögen und verkauft sie auf Mittelaltermärkten in der Region. Er war Guide im Archäopark, seit dessen Schließung arbeitet er stundenweise als Museumspädagoge im urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren. Denn Schmid tingelt nicht nur zwischen Gegenwart und Mittelalter hin und her. Auch die Steinzeit hat es ihm angetan.

Deshalb ist Gerd Schmid auch bei Kindern in der Region kein Unbekannter. Er gibt Projekttage an Schulen und bietet Sommerferienprogramme an. Mit den Kindern stellt er Speerschleudern her, er zeigt ihnen, wie man mit Feuersteinen Leder schneidet und daraus Beutel herstellt. Und er bastelt mit ihnen Schwirrhölzer, die Töne erzeugen. Wer lernen möchte, wie man Bögen baut und schießt, kann bei ihm einen Workshop buchen. „Heute bin ich alles Mögliche“, fasst Schmid lachend zusammen. „Aber ich finde es toll so und es geht mir gut damit.“
Keine Schmerzen, wenn er mit Holz arbeitet
Gut ging es ihm nämlich nicht immer. Sein Körper habe ihm vor gut 15 Jahren gezeigt, dass er sein Leben ändern muss, so Schmid. Nach einem medizinischen Eingriff wurde er zum chronischen Schmerzpatienten. „Irgendwann habe ich festgestellt, dass die Schmerzen verschwinden, wenn ich mich ganz auf die Arbeit mit dem Holz konzentriere“, erklärt er. „Das war und ist meine Therapie. Dabei bin ich ganz bei mir und habe keine Sorgen oder negative Gedanken.“

Pfeil und Bogen haben ihn schon als Kind fasziniert. Er war nie der Cowboy, sondern immer der Indianer. „Ich hatte einen Bogen, und nach Silvester habe ich die Raketenstecken gesammelt, das waren meine Pfeile“, erzählt Gerd Schmid. Als Erwachsener geriet das Bogenschießen zwar in Vergessenheit, aber an einem Tag der offenen Tür bei einem Verein kam er vor rund 20 Jahren wieder in Kontakt mit dem Sport und den Bögen. Und die ließen ihn dann nicht mehr los. Viele Jahre war er Mitglied bei der Hermaringer Bogenschützen, mittlerweile ist er bei der TSG Nattheim. „Aber ich gehe kaum ins Training und bekleide auch kein Amt. Ich bin kein Vereinsmeier mehr.“
50 Bögen pro Jahr made in Bolheim
Heute schießt Gerd Schmid weniger mit den Bögen, als dass er sie baut. Das Winterhalbjahr verbringt er damit. Etwa 50 Bögen pro Jahr fertigt er in seiner Garage. „Davon wird man nicht reich, aber es macht eben Spaß“, sagt er. Sein aktuelles und selbst gefertigtes Lieblingsstück: ein Bogen aus Eibenholz im Stil eines englischen Langbogens. Bis zu 150 Meter weit könne man damit schießen.

Vom Stamm bis zum fertigen Bogen braucht Schmid gut und gerne 15 Stunden. „Man darf da nicht pressieren, sonst reißen die Hölzer beim Biegen. Vor allem Esche ist da anfällig.“ Die Baumstämme kauft er überwiegend bei regionalen Förstern. Das beste Bogenholz sei Eibe. „Das ist fast so biegsam wie Gummi“, sagt Schmid. Seine Werkstatt haben allerdings auch schon Bögen aus Hasel, Hartriegel, Holunder, Walnuss und Robinie verlassen.
Rennmaschinen für junge Frauen
Sein teuerster Bogen kostet 500 Euro, es gibt aber auch welche für gut 130 Euro aus Rattan. „Das sind tolle Spaßbögen und richtige Rennmaschinen. Die verkaufe ich am häufigsten, weil sie so toll aussehen“, sagt Schmid. „Sie werden gern von jüngeren Frauen genommen.“ Ein Grund dafür neben der Optik: Man braucht für sie – im Gegensatz zu den Langbögen – weniger Zugkraft. „Die Kraft beim Schießen kommt aus der Schulter“, erklärt Schmid. „Man benutzt beim Bogenschießen Muskelgruppen, die man sonst nicht braucht. Wenn man das nicht gewöhnt ist, hat man am Tag danach einen richtigen Muskelkater.“ Wie man einen Bogen richtig bedient, kann man in diversen Vereinen in der Region lernen – oder man macht auf bobo-bolheim.de einen Termin beim Bogenbauer von Bolheim aus.