Viele Bauplätze sind es nicht, für die sich hoffnungsvolle Häuslebauer in spe noch bis 22. Oktober bewerben können. Ein Bauplatz für ein Einfamilienhaus steht noch in der „Lehmgrube“ in Herbrechtingen zur Verfügung und fünf Grundstücke stehen in der „Viehweide“ in Bolheim zur Vermarktung. Diskutiert wurde in der jüngsten Gemeinderatssitzung dennoch leidenschaftlich. Es ging – nicht zum ersten Mal – um die Würdigung des Ehrenamtes bei den Vergaberichtlinien.
Vor zwei Jahren hatte der Gemeinderat neue Richtlinien für die Vergabe beschlossen und schon damals gab es Kritik daran, dass ehrenamtliches Engagement dabei nicht berücksichtigt werden soll. Vor einem Jahr wurden die Richtlinien formal angepasst und das Thema Ehrenamt bis zur Entscheidung des Landkreises Heidenheim über die Einführung einer sogenannten Ehrenamtskarte zurückgestellt.
Die Ehrenamtskarte startete 2023 in Baden-Württemberg als Pilotprojekt. Erprobt wurde sie in vier Modellregionen, darunter der Ostalbkreis. Eigentümer erhalten dort nicht nur vergünstigte Eintrittspreise für diverse Museen, sondern eben auch Punkte bei der Bauplatzvergabe. Im Ostalbkreis gibt es eine solche Karte für Personen, die sich in den vergangenen zwölf Monaten mindestens 200 Stunden ehrenamtlich in einer Organisation für das Gemeinwohl eingesetzt oder in jüngster Zeit mindestens 100 Stunden in einem gemeinwohlorientierten Projekt gearbeitet haben.
Keine Ehrenamtskarte im Landkreis Heidenheim
„Die Pilotphase ist mittlerweile beendet und die Erfahrungen sind unter dem Strich gut“, erläuterte Kämmerin Heike Lessner. Seit dem 1. Juli gebe es die Möglichkeit für alle Landkreise in Baden-Württemberg, die Ehrenamtskarte einzuführen. „Der Kreis Heidenheim hat sie aber bislang, wie 19 weitere Landkreise auch, noch nicht eingeführt.“ Grund sei die nicht gesicherte Finanzierung. Daher empfahl die Verwaltung dem Gemeinderat nun erneut, das Thema Ehrenamt nicht bei der Bauplatzvergabe zu berücksichtigen.

Im Gemeinderat stieß das auf Unverständnis. „Jeder betont, wie wichtig das Ehrenamt ist“, sagte etwa Hermann Mader (Freie Wähler). „Wir bedauern sehr, dass es keine Ehrenamtskarte geben wird.“ Schließlich stehe man mit dem Ostalbkreis auch in Konkurrenz. „Das ist nicht nur bedauerlich, sondern ärgert mich richtig“, schloss sich sein Fraktionskollege Michael Wiedenmann an. „Wir haben uns klar dafür ausgesprochen, dass das Ehrenamt in die Vergaberichtlinien aufgenommen werden muss.“ Nur aufgrund der Aussicht auf die Einführung der Karte habe er den Richtlinien in der jetzigen Form zugestimmt. „So wie es jetzt ist, kann ich mich nicht damit abfinden.“
Lessner relativierte: „Es gibt die Ehrenamtskarte noch nicht. Wir hoffen aber, dass sie eingeführt wird.“ Sie erinnerte daran, dass man sich in den vorausgegangenen Diskussionen schon nicht auf einfache Kriterien in puncto Ehrenamt habe einigen können. „Das hätte unsere Vergaberichtlinien auch unheimlich aufgebauscht.“
Nur vier der sechs angebotenen Bauplätze verkauft
Die Kämmerin teilte auch die Erfahrungen aus der letztjährigen Bauplatz-Vergaberunde in Herbrechtingen und Bolheim mit: Sechs Grundstücke waren im Angebot, von insgesamt 27 Bewerbern zogen zwei ihre Bewerbung zurück und vier wurden von der Verwaltung aus dem Vergabetopf genommen, weil sie bereits Eigentum besaßen oder fehlerhafte Angaben gemacht hatten. Schlussendlich seien aber dennoch nur vier der angebotenen sechs Bauplätze verkauft worden. „Das liegt nicht am nicht berücksichtigten Ehrenamt, sondern an den Kosten, also an den gestiegenen Baupreisen und der Zinsentwicklung“, so Lessner. „Das ist zwar schade, aber können wir nicht beeinflussen. Wir werden auch in dieser Vergaberunde froh sein, wenn wir die Bauplätze überhaupt verkauft bekommen.“
Das liegt nicht am nicht berücksichtigten Ehrenamt, sondern an den Kosten, also an den gestiegenen Baupreisen und der Zinsentwicklung
Heike Lessner, Kämmerin
Auch Cornelia Stahl (Grüne) bedauerte ebenfalls, dass es noch keine Ehrenamtskarte gibt. „Aber offenbar scheitert es daran nicht. Wir haben Grundstücke, die wir nicht verkauft bekommen. Das bedeutet ja, dass Leute, die sich ehrenamtlich engagiert haben, zum Zug gekommen wären, wenn sie gekonnt oder gewollt hätten.“
Bei zwei Gegenstimmen beschloss der Gemeinderat, dass die nächste Vermarktung der Bauplätze in der „Lehmgrube“ und der „Viehweide“ starten soll. Über die Plattform baupilot.com können sich Interessierte bis 25. Oktober bewerben. Der Kaufpreis beträgt 250 Euro pro Quadratmeter.
Aussicht auf Bauplätze in Bissingen?
Michael Wiedemann erkundigte sich auch nach der Aussicht auf weitere Bauplätze, insbesondere auch in Bissingen, Hausen und Eselsburg. Auch Annette Rabausch (Freie Wähler) wies darauf hin, dass Bissinger Familien seit Jahren dort auf keinen Bauplatz hoffen können. „Wir brauchen Geschossbau, aber ich sehe keine Bemühungen bei der Einfamilienhausplanung. Es ärgert mich, dass man junge Paare nicht am Ort halten kann. Wenn die nicht hier bauen können, funktioniert etwas nicht.“
Es mangle nicht am Willen, die Siedlungsgebiete weiterzuentwickeln, versicherte Bürgermeister Daniel Vogt. Es mangle es an kommunalen Flächen. „Wir haben kaum noch Bauplätze und führen derzeit Verhandlungen, aber wir sind darauf angewiesen, dass uns Eigentümer geeignete Grundstücke verkaufen.“
Die Vergabe nach Punkten
Bewerber um einen Bauplatz werden nach einem Punktesystem bewertet. Sie tragen ihre Daten auf baupilot.com ein und müssen verschiedene Nachweise hochladen. Die Software vergibt je nach Angaben Punkte und die Bewerber mit den meisten Punkten erhalten den Zuschlag. So erhalten beispielsweise Ehepaare (ebenso bei eingetragenen Lebenspartnerschaften) die doppelte Punktzahl. Auch für Kinder gibt es Punkte – sogar schon ab der zwölften Schwangerschaftswoche. Je jünger die Kinder, desto mehr Punkte gibt es. Auch pflegebedürftige oder schwerbehinderte Haushaltsangehörige führen zu mehr Punkten.
Neben diesen sozialen Kriterien gibt es auch Ortskriterien. Ortsansässige Bewerber haben danach einen Vorteil, weil man ihnen anrechnet, bereits Teil der örtlichen Strukturen zu sein. Auch auswärtige Bauplatzinteressenten mit einem Arbeitsplatz in Herbrechtingen genießen einen gewissen Vorteil gegenüber Bewerbern, die etwa in Heidenheim leben und in Giengen arbeiten.