Messerstecherprozess

Zwei Brüder aus dem Raum Heidenheim zu Haftstrafen verurteilt

Sechs Plädoyers wurden beim Messerstecherprozess in Ellwangen verlesen, dann wurde das Urteil gesprochen: Zwei Brüder aus dem Raum Heidenheim wurden wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen verurteilt. Der dritte Angeklagte wurde freigesprochen.

Drei junge syrische Männer aus dem Raum Heidenheim standen in den vergangenen Tagen vor dem Ellwanger Landgericht, weil sie laut der Staatsanwaltschaft für eine Messerstecherei in einer Flüchtlingsunterkunft in Heidenheim verantwortlich waren. Zwei Brüder wurden von der Kammer zu drei Jahren und neun Monaten Haft beziehungsweise zweieinhalb Jahren Haft nach Jugendstrafrecht wegen gefährlicher Körperverletzung in gemeinschaftlicher Tateinheit mit einem Messer verurteilt. Der dritte Angeklagte wurde frei gesprochen, weil ihm nach Meinung der Kammer konkrete Straftaten nicht nachgewiesen werden konnten.

Sechs Plädoyers beim Messerstecherprozess in Ellwangen

Insgesamt sechs Plädoyers gab es am Mittwoch im Gerichtssaal zu hören. Staatsanwalt Patrick Schmidt sah die Vorwürfe gegen den 27-jährigen Hauptangeklagten und seinen 21-jährigen Bruder nach der umfangreichen Beweisaufnahme als weitgehend erwiesen. Auch wenn die zehn Tatzeugen und die Angeklagten teils unterschiedliche Aussagen vor Gericht entgegen den ersten Vernehmungen nach dem Tatgeschehen gemacht hatten.

Die Brüder seien mit drei Begleitern „mit je einem Messer und Pfefferspray bewaffnet und aggressiv und gewaltsam in zwei Zimmer der Flüchtlingsunterkunft eingedrungen“, sagte Schmidt. Der Hauptangeklagte habe dort seinen Dealer gezielt in den Rücken gestochen, wie der Gutachter festgestellt hatte. Der Angriff sei lebensbedrohlich gewesen, das sei dem Täter bewusst gewesen, er habe auch in Tötungsabsicht gehandelt. Für ihn forderte der Staatsanwalt vier Jahre und sechs Monate Haft. Der Bruder habe den zweiten Geschädigten in den Rücken gestochen, und den ersten getreten. Für ihn forderte Schmidt drei Jahre Haft nach Jugendstrafrecht aufgrund seines Alters. Für den dritten Angeklagten sah er zehn Monate Freiheitsstrafe auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt für angebracht.

Nebenklage sieht Mordversuch

Rechtsanwalt Cornelius Schöffler, der den 16-jährigen zweiten Verletzten als Nebenkläger vertrat, brachte gar eine Bestrafung auf versuchten Mord gegen den 21-jährigen Angeklagten ins Gespräch. Keiner habe Reue gezeigt, auch der dritte Angeklagte sei vollumfänglich Mittäter. Alexander Schneider, als Nebenkläger Anwalt des Hauptgeschädigten, der mit der Lieferung von „schlechtem Kokain“ an den Hauptangeklagten das Geschehen mit ausgelöst hatte, sah die Tatvorwürfe ebenfalls als erwiesen und schloss sich weitgehend und in den Strafanträgen dem Staatsanwalt an. Der Verteidiger des dritten Angeklagten, Michael Kolb, sah Vorwürfe gegen seinen Mandanten als nicht erwiesen, vor allem aufgrund unterschiedlicher Aussagevarianten und forderte einen Freispruch. 

Rechtsanwalt Alexander Oriold, zusammen mit Thomas Jordan Verteidiger des Hauptangeklagten, bezweifelte stark, dass die Schuld seines Mandanten zweifelsfrei erwiesen sei. Einige Aussagen der Zeugen seien zu unterschiedlich und in großen Teilen nicht glaubhaft, die Polizei habe seiner Meinung nach nicht in alle Richtungen ermittelt, sondern die Brüder zu schnell als Täter angenommen. Zudem habe sein Mandant am Boden liegend den Stich in den Rücken nicht gezielt setzen können. Sein Mandant sei bei der Tat wohl unter Drogen gestanden, außerdem emotional aufgewühlt gewesen, weil der Dealer seine kleine Tochter bedroht hatte. Der „Überfall“ sei im Affekt passiert. Er habe eigentlich Frieden schaffen wollen. Ulrich Carle sah es als nicht bewiesen, dass sein 21-jähriger Mandant ein Messer dabei gehabt hätte. Taten seines Mandanten seien nicht erwiesen, weil aufgrund des Pfeffersprays niemand klar sehen konnte.

Die Urteilsbegründung:

Richter Jochen Fleischer sagte in seiner Urteilsbegründung, in Bezug auf die Brüder seien die Vorwürfe in der Verhandlung weitgehend bewiesen worden. Trotz teils variierender Aussagen seien die polizeilichen Ermittlungen recht klar. Die vom Hauptangeklagten in seiner Erklärung am ersten Tag vorgebrachte Notwehr sei widerlegt, er habe kontrolliert und bewusst bei dem Dealer zugestochen, der „natürlich auch ein spezieller Fall ist“. Nur beim dritten Angeklagten habe sich kein klares Bild ergeben, so sei sein angebliches Schlagen mit einem Gürtel erstmals in der Verhandlung erwähnt worden. Das Gericht sei aber nicht überzeugt, dass er „immer die ganze Wahrheit gesagt habe“. Fleischer begründete den Freispruch, damit, dass er von Anfang an kooperativ gewesen sei.

Revision gegen die Urteile kann innerhalb einer Woche nur aufgrund von Rechts- und Verfahrensfehlern beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

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