Theater

Großartiges Jugendstück: „Die Säule – Wie willst du leben“ feiert Premiere im Schnaitheimer Sasse-Theater

Im Schnaitheimer Sasse-Theater ist ein großartiges Jugendstück zu sehen. In „Die Säule – Wie willst du leben“ zeigen 19 junge Menschen eindrucksvoll, wie eine totalitäre Gesellschaft funktioniert.

Noch ist die Bühne dunkel, nur elektronische Musik erklingt – und diese erzeugt ein unangenehmes Gefühl von leichter Bedrohung. Genau so ist auch das beeindruckende Jugendtheaterstück „Die Säule – Wie willst du leben“, das die „Junge Sasse“, die Talentschmiede für die Erwachsenenbühne, zeigt. Die „Wesen“ leben im Jahr 2100 auf einem weit von der Erde entfernten Planeten in einer scheinbar heilen und gesunden, vor allem aber vollkommen geregelten globalen Weltordnung.

Schon die uniformen Kostüme, silbern, unnahbar, gleichförmig sowie die allgegenwärtigen Leuchtstirnbänder, die „Gehirnattrappen“, zeigen eine Gesellschaft, in der es keine Ausreißer gibt. Die jungen Mädchen gehen zur Schule, in die „Anstalt“, zu den Lehrern L1 und L2 und dem Direktor (alle sehr gut: Tobias Sommer, Sina Bastendorf, Jannis von Ohlen), wo sie die globale Weltsprache – ein nicht zu hinterfragendes Kauderwelsch – sowie Tanzen und Sport lernen: ohne Berührungen, mit gleichförmig abgehackten Bewegungen.

Gehirnwäsche

Eine der wichtigsten Regeln der Anstalt: keine Fragen! L1 wird nicht nur durch Fragen verunsichert, er kann sie auch nicht beantworten und beruft sich – immer wieder von technischen Störungen in seinem Körper zum Stottern veranlasst – auf die Ordnung: „Ihr habt euer Kontingent an Fragen schon aufgebraucht!“ Doch vor allem zwei Schülerinnen Sina und Motta (großartig: Elisabeth Kuralesov und Victoria Thierer) beginnen zu rebellieren. Es fangt an mit Unpünktlichkeit (verboten!), einer schief sitzenden Gedächtnisattrappe (gegen die Ordnung!) und zu vielen Fragen.

Weil Sina ein Armband verloren hat, kommt sie verbotenerweise mit einem Mutanten (gut: Noah Kundinger) in Kontakt und fängt an, ihre Drogen nicht mehr zu nehmen. Schließlich kann Sina nicht mehr zurück, und auch die anderen Schülerinnen werden in ihren Bann gezogen. Doch die herrschende Schicht der „Wesen“, auch ihre Eltern (Erzeuger E1 und E2, klasse gespielt von Simon Höret und Nena Veelbehr) versuchen mit allen Mitteln, die Ordnung der Säule, die lange Zeit über allem thronend zu regieren scheint, aufrechtzuerhalten. Sina und Motta werden eingesperrt und einer Gehirnwäsche unterzogen.

Aus dem Gleichgewicht

Bedrohlich leuchten die Stirnbänder und man befürchtet das Schlimmste. So heil ist die Gesellschaftsordnung nicht, unter den Schülerinnen gibt es schlimme Rivalitäten oder auch absurd-abschätzige Erzählungen von Reisen auf die Erde, wo die minderwertigen Menschen aus Panzern heraus beobachtet werden. Herrlich böse ist die Körperverkäuferin (stark: Emilia Hölzel) mit ihren gruseligen Körpermodellen, die sie skrupellos anpreist. Doch mit den Fragen der jungen Mädchen und der Hilfe eines Mutanten gerät die „Säule“ (klasse: Robert Marx) aus dem Gleichgewicht – und was dann mit der Gesellschaft passiert, hat sich wohl keiner träumen lassen.

Die Inszenierung des Regietrios (Karin Mateja, Sabine Reiner, Richard Seidt) ist eine großartige Mischung aus Dystopie und immer wieder befreiend eingestreuten komischen Elementen. Die Schauspielerinnen und Schauspieler im Alter von 14 bis 18 Jahren sowie einige junge Erwachsene zeigen eine Reife und Vielschichtigkeit, die das Publikum von der ersten Minute an in den Bann ziehen. So viel sei verraten: Es geht gut aus. Doch im Gegensatz zu dem Dogma der globalen Weltordnung (keine Fragen!) geht man bewegt und mit eigenen existenziellen Fragen aus diesem Stück nach Hause.

Weitere Aufführungen und eine Komödie im Herbst

Weitere Aufführungen des Jugendstückes „Die Säule – Wie willst du leben?“ im Sasse-Theater sind am kommenden Sonntag, 18. Mai, sowie am Freitag und Samstag, 23. und 24. Mai, jeweils um 18 Uhr zu sehen. Karten sind im Pressehaus der Heidenheimer Zeitung, unter hz-ticketshop.de sowie unter tickets@sasse-theater.de erhältlich. Das Herbststück des Sasse-Theaters, das nächstes Jahr seinen 50. Geburtstag feiert, ist eine Komödie von Christine Steinwasser mit dem Titel „Das politisch korrekte Schneewittchen“ und hat am Samstag, 18. Oktober, Premiere. Karten sind bereits erhältlich.

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