Nach Konzertabsage in Berlin

Wieso Rapper Chefket trotz Antisemitismus-Vorwürfen im Heidenheimer Lokschuppen auftreten wird

Nach der Absage seines Konzerts im Berliner Haus der Kulturen der Welt sorgt der in Heidenheim geborene Rapper Chefket bundesweit für Schlagzeilen. Trotz Antisemitismus-Vorwürfen soll Chefket wie geplant im November im Lokschuppen auftreten. Das Kulturbündnis Heidenheim erklärt, warum sie an dem Konzert festhalten.

Der für den 7. Oktober geplante Auftritt des in Heidenheim geborenen Rappers Chefket im Berliner Haus der Kulturen der Welt (HKW) wurde abgesagt. Hintergrund sind Antisemitismus-Vorwürfe, die sich auf einen Social-Media-Post Chefkets beziehen. Darin trug er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Palestine“ und dem Umriss des israelisch-palästinensischen Territoriums, auf dem der Staat Israel nicht zu sehen war. Zunächst hatten die rechtspopulistische Website „Nius“ sowie die „Bild-Zeitung“ kritisch über den Post berichtet.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer kritisierte das geplante Konzert bei der Ausstellung „Die Möglichkeit der Unvernunft“ ebenfalls scharf und bezeichnete das T-Shirt-Motiv als antisemitisch. Die anschließende Entscheidung, das Konzert abzusagen, löste eine bundesweite Debatte aus. Als Reaktion haben inzwischen alle anderen Musikerinnen und Musiker, die dort im Rahmen der Veranstaltungsreihe auftreten sollten, ihre Konzerte abgesagt. Auch in Heidenheim, der Geburtsstadt Chefkets, soll er am 15. November ein Konzert im Lokschuppen geben. Die Veranstalter halten an dem Termin fest.

So erklären Jan Böhmermann und das HKW die Absage

Jan Böhmermann und das HKW begründeten indes die Absage damit, dass man die Einwände insbesondere jüdischer Stimmen ernst nehme und die Integrität der Veranstaltung nicht mehr garantieren könne. Sie betonten zudem, dass sie die Sorge über zunehmenden Antisemitismus und rassistisch motivierte Gewalt in Deutschland teilen. Gleichzeitig sei der künstlerische Austausch gerade in diesem Zusammenhang wichtig: „Unsere Arbeit und Hoffnung gilt daher weiterhin der Möglichkeit eines offenen Dialogs, in dem viele Standpunkte friedlich, gleichzeitig und in gegenseitigem Respekt Gehör finden können.“

Die Absage spaltet die Meinungen: Während Befürworter sie als notwendige Maßnahme gegen mögliche antisemitische Inhalte bezeichnen, kritisieren andere Medien die Entscheidung als „Einknicken vor politischem Druck“. Es wurde argumentiert, ein einzelnes T-Shirt dürfe nicht über die gesamte künstlerische Arbeit urteilen.

Chefket, bürgerlich Şevket Dirican, hat sich zu den Vorwürfen bislang nicht öffentlich geäußert. Eine entsprechende Anfrage der Heidenheimer Zeitung ließ er unbeantwortet. In seinen Texten behandelt er jedoch wiederholt Themen wie Solidarität, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Versöhnung, was als charakteristisch für seine Musik interpretiert wird.

Was wird aus dem Auftritt im Lokschuppen in Heidenheim?

Für Heidenheim ergibt sich daraus eine besondere Perspektive: Der Künstler stammt aus der Region und sein Konzert im Lokschuppen am Samstag, 15. November, ist bereits geplant. Veranstalter ist das Kulturbündnis Heidenheim, das auf Anfrage der Heidenheimer Zeitung ausführlich Stellung nimmt.

Der Verein erklärte, man habe die Debatte in Berlin aufmerksam verfolgt, jedoch bewusst darauf verzichtet, vorschnell zu handeln. „Wir sehen uns selbst in einer pluralistischen Gesellschaft verankert, deren Reiz und Mehrwert hierdurch erst hergestellt wird. Nicht in diesem Verständnis inbegriffen sind hingegen Haltungen, Handlungen oder Meinungen, die andere ausgrenzen. Selbstverständlich zählt hierzu auch Antisemitismus“, heißt es in der Stellungnahme. Gleichzeitig sehe man Chefket als Künstler, der Brücken baue und mit seinen Texten für Zusammenhalt stehe. Zur Untermauerung verweist der Verein auf Liedzeilen wie: „Juden, Christen, Muslime / Alle sagen Amen / Bei allen geht’s um Liebe / Shakehands in Gottes Namen“.

Das Kulturbündnis Heidenheim ist optimistisch

Das Tragen des umstrittenen Trikots sei „zumindest unüberlegt“ gewesen. Einen Boykott oder eine voreilige Absage in Heidenheim hielten die Vereinsvertreter jedoch für nicht angebracht. Zur möglichen Publikumsreaktion betont das Kulturbündnis: Das Thema polarisiere, doch man vertraue darauf, dass Menschen, die Chefkets Musik bereits über einen längeren Zeitraum verfolgen, die Vorwürfe im Gesamtkontext einordnen können. Absprachen mit dem Künstler habe es in Bezug auf die Berliner Kontroverse nicht gegeben.

Der Verein blickt dennoch optimistisch auf den Abend im Lokschuppen: „Wir freuen uns auf einen wunderbaren Abend, der Hip-Hop in den Mittelpunkt stellt, Menschen zusammenbringt und den Rapper Chefket in seiner Heimatstadt willkommen heißt.“

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