Amtsgericht Heidenheim

Wie Drogen anonym per Post nach Heidenheim verschickt werden

Zwei junge Männer aus Heidenheim mussten sich vor dem Amtsgericht wegen Drogenhandels verantworten. Welche interessanten Erkenntnisse es dabei gab und was ihnen vorgeworfen wurde.

Letztendlich ist einem aufmerksamen DHL-Mitarbeiter zu verdanken, dass sich zwei junge Männer auf der Anklagebank vor dem Heidenheimer Jugend-Schöffengericht wiederfanden. Denn dem DHL-Mann war im August 2023 beim Umladen eines Päckchens in eine Heidenheimer Packstation aufgefallen, dass es stark nach Cannabis riecht. Daraufhin verständigte er den unternehmensinternen Sicherheitsdienst, der wiederum mit der Heidenheimer Polizei Kontakt aufnahm, die den Stein der Ermittlungen dann endgültig ins Rollen brachte.

Die Beamten, so berichtete der damals für die Ermittlungen zuständige Polizeibeamte bei der Hauptverhandlung, hätten dem verdächtigen Päckchen 1900 Gramm Marihuana sowie 374 Gramm Haschisch entnommen und anstatt dessen Steine hineingepackt und in der Folge die Packstation observiert. Doch da der Empfänger das Paket erst mitten in der Nacht abholte, und die Observation zu diesem Zeitpunkt beendet war, konnte er zunächst nicht dingfest gemacht werden. Wie der Beamte, der als Zeuge aussagte, erläuterte, waren es umfangreiche Ermittlungen, bei denen auch Telefonüberwachung und die Analyse von Mobilfunkdaten zum Einsatz kamen, die letztendlich zum Verdächtigen führten.

Der hatte sich nun vor dem Heidenheimer Amtsgericht zu verantworten, weil ihm die Staatsanwaltschaft unter anderem gewerbsmäßiges Handeltreiben mit Cannabis, aber auch die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln vorwarf. Das fragliche Päckchen nämlich kam aus Barcelona – ebenso wie eine weitere Sendung, die aufgrund einer falschen Empfängerangabe wieder zurückgeschickt und von der spanischen Polizei sichergestellt wurde. Dessen Inhalt: rund 1200 Gramm Marihuana.

Drogen kommen mit der Post

Der Bericht des Polizeibeamten vermittelte dem Gericht einen Eindruck davon, wie einfach heute Drogengeschäfte abgewickelt werden können, die nicht zurückzuverfolgen sind. Der Angeklagte selbst trug schon während der polizeilichen Vernehmungen durch sein umfassendes Geständnis dazu bei, diese Erkenntnisse zu erlangen. Demzufolge ist es relativ einfach, mittels einer problemlos zu bekommenden Post-Nummer Lieferungen an Packstationen in ganz Deutschland versenden zu lassen. Eine solche Nummer hatte sich der Angeklagt unter falschem Namen und mit falscher Adresse besorgt.

Wer der Absender des Drogenpakets und wer der endgültige Empfänger war, habe er nicht gewusst, so der Angeklagte. Die Kontakte seien lediglich über soziale Medien gelaufen, er habe nur Geld dafür versprochen bekommen, das Fach in der Packstation anzumieten und die Ware dann weiterzuleiten. „Das lief alles über Instagram und andere Plattformen“, erklärte der heute 24-Jährige in der Verhandlung. Der Polizeibeamte bestätigte, dass dies durchaus möglich sei: „Heutzutage läuft sehr viel über Packstationen, auch der Geldtransfer. Ich denke auch, dass der Angeklagte eher als Mittelsmann benutzt wurde, über den die Lieferungen abgewickelt wurden. Die Drogen selbst bestellt hat er wahrscheinlich eher nicht“, so der Polizist.

50 Mal Cannabis verkauft

Gleichwohl war er natürlich ins Visier der Fahnder geraten und bei der polizeilichen Vernehmung im Januar 2024 gestand der Verdächtige deutlich mehr, als die Beamten erwartet hatten: Zwischen Sommer 2023 und Januar 2024 habe er insgesamt 50 Mal jeweils 100 Gramm Cannabis verkauft, zum Preis von etwa 300 Euro. Dieses habe er zuvor – auch übers Internet – zu günstigen Preisen gekauft. Dieses unerwartete Geständnis war dann auch der Grund, warum er wegen gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln angeklagt war.

An all diesen Geschäften, das wurde im Verlauf der Hauptverhandlung deutlich, war ein weiterer, heute 23-jähriger junger Heidenheimer nicht beteiligt. Zwar hatte ihm die Staatsanwaltschaft zunächst vorgeworfen, in die Geschäfte mit den Päckchen involviert gewesen zu sein, doch wurde dieser Vorwurf fallengelassen. Weil er jedoch ein Paar Schuhe gestohlen hatte und über eine Internet-Plattform Drogen zum Verkauf anbot, saß er ebenfalls auf der Anklagebank. Hintergrund des Verdachts, in die Drogengeschäfte involviert gewesen zu sein, war, dass er früher mit dem Hauptangeklagten befreundet gewesen war und mit diesem auch einen DHL-Kurier angegangen sein soll, weil ein erwartetes Päckchen nicht kam – eben jenes, das aufgrund falscher Empfängerdaten nach Spanien zurückgeschickt wurde. Letzten Endes erschien sogar dem Staatsanwalt die Erklärung des Angeklagten für diese Situation nicht ganz abwegig, sodass dieser Anklagepunkt gestrichen wurde.

Verkauf an verdeckten Ermittler

Dennoch: Über die Internet-Plattform wollte er einem verdeckten Ermittler des Landeskriminalamts 50 Gramm Cannabis für 650 Euro verkaufen. Gezahlt wurde, geliefert wurde nie – woraus sich die Anklage des Betrugs ergab.

Aufgrund der umfangreichen Geständnisse der beiden Angeklagten, die sie von ihren Anwälten bei der Verhandlung bekräftigen ließen und dankt der umfangreichen und detaillierten Aussage des Polizeibeamten konnte das ursprünglich auf zwei Tage angesetzte Verfahren erheblich verkürzt werden. Da auch beiden Angeklagten, die heute im Berufsleben stehen, eine günstige Sozialprognose attestiert wurde, plädierte der Staatsanwalt für den Hauptangeklagten auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Für den zweiten Angeklagten forderte er eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht und 80 Arbeitsstunden. Die beiden Verteidiger schlossen sich dem im Wesentlichen an.

Für den Vorsitzenden Richter Jens Pfrommer spielte im Fall des ersten Angeklagten in erster Linie dessen umfassendes Geständnis und die offen gezeigte Reue sowie die günstige Sozialprognose eine Rolle. Das Schöffengericht verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung wegen des gewerbsmäßigen Handeltreibens und der Beihilfe zur Einfuhr mit Betäubungsmitteln. Auch beim jüngeren Angeklagten wollte Pfrommer nicht das Jugend-, sondern das allgemeine Strafrecht anwenden. Der junge Mann wurde zu 100 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt. Die Urteile sind bereits rechtskräftig.