Fairer Handel in Heidenheim

Wie der Weltladen in Heidenheim sein 40-jähriges Bestehen feiert – und was ihn ausmacht

Seit vier Jahrzehnten bietet der Weltladen Heidenheim Produkte aus fairem Handel an – ehrenamtlich betrieben, kombiniert mit Bildungsarbeit und Veranstaltungen. Wie alles begann, und mit welchen Programmpunkten am kommenden Donnerstag, 25. September, in der Stadtbibliothek gefeiert wird.

Wer den Weltladen am Friedrich-Degeler-Platz betritt, wird von Farben und Mustern empfangen: Kleidung in kräftigen Tönen, Handtaschen aus Naturmaterialien, handgedrechselte Holzschalen und duftende Lebensmittel. Die Gemeinsamkeit? Alle Produkte stammen aus fairem Handel. Vier Jahrzehnte, mehrere Umzüge und viele Veränderungen hat das Geschäft bereits erlebt, acht Jahre davon unter der Leitung von Geschäftsführerin Miriam Dittes. Am kommenden Donnerstag, 25. September, wird dieses Jubiläum mit einer Feier in der Stadtbibliothek Heidenheim begangen – mit einem Rückblick auf die Geschichte des Ladens und die Entwicklung des fairen Handels.

Eine Gründung aus Schülerinitiative

Dittes sitzt im Gespräch neben Helmut Götz, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Weltladen Heidenheim, und Brigitte Wagner, Mitgründerin und Vorsitzende. Alle drei haben den Laden über Jahre begleitet, Wagner ist seit der Gründung mit dabei. Der Verein, damals noch unter dem Namen „Partnerschaft 3. Welt“, entstand Mitte der 1980er-Jahre aus einem entwicklungspolitischen Arbeitskreis am Heidenheimer Werkgymnasium. Schülerinnen und Schüler diskutierten über Gerechtigkeit und Solidarität und wollten selbst aktiv werden. „Anstatt Almosen in die Dritte Welt zu schicken, wollten wir zeigen, dass wir die Leute und ihre Produkte dort wertschätzen“, erinnert sich Wagner. Erste Aktion: der Verkauf von Orangen aus Bangladesch in der Innenstadt.

Im Herbst 1985 eröffnete der Verein den ersten Weltladen an der Kastorstraße. Wagner denkt noch heute an „den Geruch von Kaffee und Jute-Taschen“, die damals zu den ersten Waren zählten. 2017 zog der Laden nach mehreren Standortwechseln in die größere Fläche am Friedrich-Degeler-Platz, direkt neben dem Rathaus. „Damals fragten wir uns: Können wir uns das leisten? Klappt das überhaupt?“, erzählt die 77-Jährige. Mit wachsender Bekanntheit stieg indes auch die Zahl der Ehrenamtlichen.

Die Arbeit im Laden heute

Heute arbeiten 41 Personen im Laden, 39 davon ehrenamtlich. Neben dem Verkauf organisiert der Verein Bildungsangebote für Schulen und Kirchengruppen und informiert in Veranstaltungen über wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen Europa und dem globalen Süden. „Wir wollen zeigen, welche Auswirkungen unser Konsum auf das Leben der Produzenten hat“, sagt Dittes.

Der Weltladen hatte schon einige Standorte in Heidenheim, bevor er 2017 gegenüber des Rathauses einzog. Neben fair gehandelten Lebensmitteln gibt es auch Kleidung. Rudi Penk

Der Verkauf fair gehandelter Produkte sei mehr als ein Mittel zum Zweck, betont sie: Er sichere den Produzentinnen und Produzenten tatsächlich ein faires Einkommen. Durch die Mitgliedschaft im Weltladen-Dachverband sind die Lieferketten streng kontrolliert. „Geliefert werden darf nur durch Anbieter aus einem geprüften Katalog“, erklärt Dittes. Direkten Kontakt zu den Produzentinnen gibt es nicht, wohl aber zu den Importeuren. Ein Beispiel ist das bolivianische Unternehmen Amauta, das Alpakamode in Familienbetrieben fertigt. Jedes Kleidungsstück wird von Hand vollständig hergestellt – unter fairen Arbeitsbedingungen.

Der faire Handel und seine Produkte

Neben Kleidung gehören Kaffee, Schokolade, Wein und Handwerkswaren zum Sortiment. Besonders beliebt seien laut Dittes die Sonnengläser – Solarlampen aus Südafrika, die komplett in Handarbeit entstehen. Beratung sei fester Bestandteil des Angebots, damit Kundinnen und Kunden erfahren, wie und wo die Produkte hergestellt werden.

Junge Energie für die Zukunft

Für die kommenden Jahre wünschen sich Dittes, Götz und Wagner, dass das Bewusstsein für Ungerechtigkeiten im Handel weiter wächst. Faire Produkte seien zwar inzwischen auch in Supermärkten zu finden, „aber oft nur in kleinen Regalen oder Abteilungen“, sagt Dittes. Außerdem hoffen sie auf jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Weltladen mit neuer Energie weitertragen. „Eine junge Person, die sich mit Social Media auskennt und dafür Zeit und Lust hat, wäre natürlich ideal“, sind sich alle drei einig.

Seit 40 Jahren in Heidenheim, seit 50 in Deutschland

Während der Heidenheimer Weltladen und der gleichnamige Verein ihr 40-jähriges Bestehen feiern, blickt der Weltladen-Dachverband bundesweit bereits auf 50 Jahre zurück. Dem Verband gehören rund 480 Weltläden an, insgesamt gibt es in Deutschland mehr als 900 Geschäfte.

Das Jubiläum wird am Donnerstag, 25. September, in der Stadtbibliothek zelebriert. Nach einem Empfang für geladene Gäste ist der Abend ab 19.30 Uhr für alle Interessierten geöffnet. Auf dem Programm stehen ein Rückblick auf vier Jahrzehnte Weltladen, Einblicke in den fairen Handel und Gespräche mit Aktiven. Begleitet wird die Feier von einer Multivisionsshow des Fotografen- und Journalistenteams Lobolmo. Unter dem Titel „Ostafrika: Fairer Handel – Wildlife – Digitales“ zeigen Jutta Ulmer und Michael Wolfsteiner Bilder und Geschichten aus dem Alltag von Fair-Trade-Produzenten, Computerprojekten und Naturschutzgebieten in Ostafrika – ergänzt durch Musik und kurze Erzählungen.

Mit dem Blick zurück auf vier Jahrzehnte will der Weltladen zugleich zeigen, wie aktuell die Idee eines fairen und bewussten Handels geblieben ist – und wie wichtig Menschen sind, die sie vor Ort lebendig halten.

Tipps für bewussteren und fairen Konsum

Wer etwas verändern möchte, muss nicht den gesamten Alltag umstellen – schon kleine Schritte wirken, sagt Helmut Götz. Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum sind oft länger genießbar; ein kurzer Geruchs- oder Geschmackstest verhindert unnötiges Wegwerfen. Obst und Gemüse lassen sich auch mit Druckstellen oder schiefer Form verwenden. Bei Produkten wie Kaffee und Schokolade lohnt der Kauf aus fairem Handel, da Preisunterschiede zu herkömmlicher Ware gering sind. Regionaler und saisonaler Einkauf reduziert Transportwege und schont Ressourcen. Weitere einfache Beiträge sind Leitungswasser statt Flaschenwasser, eigene Taschen oder Behälter, Secondhand- oder Reparatur statt Neukauf sowie langlebige Elektrogeräte. Wer insgesamt weniger, dafür hochwertige Produkte wählt, spart Müll und unterstützt nachhaltige Produktion.

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