Kontrollen durch das Veterinäramt

Wie der Reiterverein Heidenheim in Schwierigkeiten kam

Kurz nach der Feier des 100-jährigen Bestehens geriet der Reiterverein Heidenheim durch den Weggang von zwei Lehrkräften und mehreren Hinweisen ans Veterinäramt in eine schwierige Situation, die durch Gerüchte in der Reiterszene noch verstärkt wurden. Die Verantwortlichen versichern: „Unseren Pferden geht es gut.“ Sie tun alles für den Fortbestand des Vereins.

Mitte Juni feierte der Reiterverein Heidenheim parallel zu seinem großen Reitturnier das 100-jährige Bestehen. Neben dem Rückblick auf die lange Vergangenheit des Vereins gab es bei der Jubiläumsfeier auch eine wichtige Botschaft für die Zukunft: Stadträtin Dr. Waltraud Bretzger überbrachte in Vertretung des Oberbürgermeisters die Nachricht, dass die Stadt den Erbpachtvertrag für das Gelände an der Römerstraße um 25 Jahre verlängert werde. Dies war lange Zeit unklar, da im Anschluss an Stall und Reitplätze ein neues Baugebiet entstehen soll.

„Wir brauchen jetzt Hilfe“

Seither sind drei Monate vergangen und der Verein steht an einem Punkt, an dem seine Zukunft gefährdeter ist als jemals zuvor. „Wir brauchen jetzt Hilfe, damit wir als Verein weitermachen können“, sagt Heike Bergmann, die im Beirat des Vereins ist und selbst ein Pferd im Stall an der Römerstraße stehen hat. Verschiedene Umstände haben dazu geführt, dass die finanzielle Situation des Reitervereins prekär wurde. Dazu gehören Anzeigen, die beim Veterinäramt eingingen, der Weggang von zwei Lehrkräften und zahlreiche Gerüchte, die seither in Reiterkreisen kursieren.

Die Verlängerung des Pachtvertrags ist noch nicht unterschrieben, und laut Heike Bergmann kommt es darauf an, welche Bedingungen die Stadt dem Verein unterbreitet: „Wenn wir gezwungen werden, einen neuen Stall zu bauen, können wir aufhören“, sagt sie. Größere Investitionen seien dem Verein nicht möglich.

Was ist seit der Jubiläumsfeier geschehen? Zunächst hat eine Reitlehrerin gekündigt, die vor allem im Schulbetrieb des Vereins tätig war. Mit ihr gingen einige Pferdebesitzer, die ihre Tiere in anderen Ställen unterbrachten. Dann erhielt das Veterinäramt Hinweise auf angebliche Missstände beim Reiterverein und besuchte daraufhin unangekündigt den Stall an der Römerstraße. „Es waren haarsträubende Vorwürfe, mit denen wir konfrontiert wurden“, erzählt Babette Opalla, Vorstand Sport des Reitervereins. „Die Anschuldigungen haben uns schockiert“, sagt Heike Bergmann, und noch immer ist ihr anzumerken, wie emotional das Thema für die Tierbesitzerin ist.

Keine Beanstandung bei den Tieren

Im Wesentlichen ging es bei den Hinweisen wohl um eine nicht ausreichende Fütterung der Tiere, die zu einer Unternäherung geführt haben soll. Auch war die Rede davon, dass die Tiere geschlagen und misshandelt werden. Dies weisen Heike Bergmann und Babette Opalla weit von sich: „Unseren Pferden geht es gut“, so die Vorständin. „Tierwohl steht bei uns an erster Stelle“, ergänzt die Beirätin. Die Kontrolle des Veterinäramtes habe hinsichtlich des Zustands und Gewichts der Tiere auch zu keinerlei Beanstandungen geführt.

An zwei Punkten allerdings musste der Reiterverein nachbessern: „Wir haben einen alten Stall, und für eine bestimmte Pferdegröße waren unsere Boxen zu klein“, sagt Heike Bergmann. Dieses Problem sei vom Veterinäramt bereits vor zwei Jahren festgestellt worden, der Verein habe aber versäumt, es zu beheben. „Das ist aber mittlerweile geschehen, wir haben die Boxen umgebaut“, versichert Babette Opalla. Und auch die Art der Fütterung habe man angepasst: „Mittlerweile ist wohl verlangt, dass nicht zweimal, sondern dreimal pro Tag gefüttert mit, damit die Pausen dazwischen nicht so lang sind.“ Was die Menge des Futters angeht, habe man sich aber nichts vorzuwerfen: „Es lässt sich ja nachrechnen, wie viel Futter gekauft wurde und wie viele Pferde da waren“, so Babette Opalla. Vom Reiterverein seien noch zahlreiche Nachweise erfordert, auch was die Besuche des Tierarztes und des Sattlers angehe. „Wir machen das alles ehrenamtlich, das geht nicht so schnell“, sagt die Vorständin.

Ein laufendes Verfahren

Das Veterinäramt äußert sich nicht zu den Vorgängen. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, zu dem wir leider aktuell keine Auskunft geben können“, so die Pressestelle des Landratsamts. Auch darüber, woher die Hinweise kamen, sagt die Behörde nichts. Dem würden laut Landratsamt „schutzwürdige Interessen entgegenstehen.“

Das Veterinäramt habe sehr gründlich recherchiert, was Babette Opalla und Heike Bergmann auch für gut und richtig halten, „natürlich müssen sie den Vorwürfen nachgehen.“ Für den Reiterverein wurden die Probleme aber existenziell, als im August auch noch der Profi-Springtrainer mit seinen Pferden den Stall verließ. Dies habe rein private Gründe gehabt, aber die Koinzidenz der Ereignisse verschärfte die Situation im Stall an der Römerstraße noch einmal mehr, denn mit dem Trainer gingen weitere Einsteller, die höherklassige sportliche Betreuung brauchen.

Der Reiterverein ist nun auf der Suche nach einer neuen Lehrkraft für den Schulbetrieb, der derzeit von zwei Teilzeitkräften aufrechterhalten wird, wo es aber deutlich mehr Nachfrage gäbe, so Babette Opalla. Auch weitere Einsteller sind gesucht, und ein Profitrainer für die ambitionierteren Reiterinnen und Reiter wäre quasi ein Glücksfall für den Verein. „Wir tun alles, um den Fortbestand des Reitervereins zu ermöglichen“, sagt Babette Opalla. „Uns liegen vor allem auch die Kinder und Jugendlichen am Herzen, die bei uns in zentraler Lage in Kontakt mit Pferden kommen können“, ergänzt Heike Bergmann. Dafür würden sich alle Mitglieder des Reitervereins einsetzen.

Das Veterinäramt hat auch einen weiteren Pferdehaltungsbetrieb im Landkreis überprüft, dort habe es keine Beanstandungen gegeben, so das Landratsamt auf HZ-Anfrage. Das Veterinäramt überprüfe regelmäßig hauptsächlich anlassbezogen Pferdehaltungen im Landkreis Heidenheim.

Wohngebiet und Reitanlage nebeneinander möglich

Die Fläche des Reitervereins Heidenheim sei für eine Wohnbauentwicklung eher ungeeignet, da sich dort sowohl eine Hochspannungsleitung als auch die Trasse der Landeswasserversorgung inklusive der entsprechenden Abstandflächen befinden, teilt die städtische Pressestelle mit. Deshalb würden sich die Verlängerung des Erbbau-Pachtvertrags mit dem Reiterverein und das mögliche Wohngebiet „Hinter dem Kleinen Bühl“ nicht ausschließen. Welche Lösung zur Erschließung des Gebiets gewählt werden könnte, sei derzeit noch offen. Eine Erschließung über die Römerstraße sei realistisch. „Für eine Zufahrt über die Hansegisreute liegt bislang kein Beschluss des Gemeinderats vor“, so die städtische Pressestelle.

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