Gut Ding will Weile haben. Steckt mehr als ein Fünkchen Wahrheit in diesem Satz, dann ist die angestrebte Wohnbebauung im Haintal dereinst zwangsläufig mit dem Attribut „bestens“ zu versehen. Immerhin basteln Stadtverwaltung und Gemeinderat mittlerweile fast ein Jahrzehnt daran, im Bereich des östlichen Stadteingangs Fakten zu schaffen. Jetzt ist dieses Ziel einen großen Schritt näher gerückt.
Bereits 2016 fasste der Gemeinderat Aufstellungsbeschlüsse für zwei getrennte Bebauungspläne: „Am Hardtwald“ und „Im Haintal“. Es folgte 2017 ein konkurrierendes städtebauliches Verfahren mit dem Titel „Neues Wohnen im Haintal“, das das Büro Hähnig und Gemmeke (Tübingen/Stuttgart) für sich entschied. Das darauf aufbauende Konzept sah ein urbanes Stadtquartier mit für Heidenheimer Verhältnisse völlig neuen Wohnformen vor. Genannt wurden Gartenwohnungen, Stadthäuser, öffentlich zugängliche Höfe und vieles mehr.
Geringes Interesse von Investoren
Schlussendlich blieb das erhoffte Interesse von Investorenseite allerdings aus, sodass die ursprüngliche Vision aufgegeben und das Vorhaben in ein klassisches Bauleitplanverfahren überführt wurde. Zum Zuge kam nun eine Planung „auf konventionellem Weg“, wie es die Architektin Jana Heinsohn von Hähnig und Gemmeke im September 2024 vor den Heidenheimer Stadträtinnen und Stadträten formulierte.
Das Augenmerk gilt jetzt einer wohnlichen Nutzung, die um kleine Plätze gruppierte Gebäude sowie gemeinschaftliche und private Freiräume in den Innenhöfen einschließt. Unterm Strich soll ein harmonisches und urbanes Stadtbild stehen, das sich durch einen effizienten und schonenden Umgang mit den zur Verfügung stehenden Flächen auszeichnet. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ist eine modulare Bauweise vorgesehen, „bei der wiederkehrende Gebäudetypen flexibel im Areal verteilt werden“, so der Wortlaut des Bebauungsplanentwurfs.
Vorgaben zu restriktiv?
Ehe der Gemeinderat vor Kurzem dessen öffentliche Auslegung beschloss – und damit die Möglichkeit für alle Interessierten, sich zu Wort zu melden – entwickelte sich zur Überraschung vieler eine lange Grundsatzdiskussion. Im Zentrum stand dabei die Frage, ob die bauleitplanerischen Vorgaben zu eng gefasst sein könnten.
So sprach Ralf Willuth (Freie Wähler) zwar von einem grundsätzlich charmanten Konzept, äußerte aber die Sorge, dass der Bebauungsplan zu restriktiv sei und den Bauherren zu wenig Spielraum lasse: „Es muss nach Bedarf gebaut werden, und nicht nach einer Fiktion. Derzeit ist geförderter Wohnraum gefragt.“ Willuth schlug vor, potenzielle Investoren zu fragen, was der Markt derzeit hergebe. Möglicherweise sei es sinnvoll, die Beschlussfassung nochmals zu vertagen, „um zu überlegen, ob man innerhalb der Baufenster mehr Spielraum lassen kann“.
Ähnlich äußerte sich Dr. Waltraud Bretzger (CDU). Sie plädierte für einen runden Tisch „mit Entwicklern aus der Region, um zu erfahren, was wirtschaftlich umgesetzt werden kann“. Angesichts des schon sehr lange andauernden Verfahrens „kommt es auf ein weiteres halbes Jahr nicht an.“ Auch Prof. Ulrich Schrade (Grüne) bat um Fachgespräche mit Unternehmen, um die Vermarktungschancen zu erhöhen: „Wir wollen Wohnraum, nicht nur ein schönes Konzept.“
Überrascht von der Debatte war Tanja Weiße (SPD). Nach jahrelangen Erörterungen würden nun plötzlich ganz andere Vorstellungen auf den Tisch gelegt. Sie zeigte sich überzeugt davon, „dass die Investoren kommen, wenn endlich einmal angefangen wird“. Auch Anamari Filipovic (Grüne) mahnte zur Tat: „Wir müssen das Baby jetzt auf die Welt bringen.“
Noch Zeit für Korrekturen
„Ich bin maximal irritiert“, gab Oberbürgermeister Michael Salomo seiner Verwunderung über den Verlauf des Gedankenaustauschs Ausdruck. Was mit Blick auf das Haintal diskutiert werde, funktioniere problemlos an anderen Stellen in der Stadt, in der es zudem Investoren gebe. Er gab zu bedenken, dass der Gemeinderat lediglich aufgefordert sei, die Offenlegung des Bebauungsplans auf den Weg zu bringen. Die Öffentlichkeit und damit auch Bauunternehmen könnten im weiteren Verlauf immer noch eigene Ideen einbringen: „Baurecht schaffen heißt nicht, dass sofort gebaut wird.“
Am Ende verweigerten bei jeweils zwei Enthaltungen und Ablehnungen nur vier Ratsmitglieder ihre Zustimmung. Maßgeblich lag das an einem Satz Salomos, der die gesamte Diskussion um eine Stunde verkürzt hätte, wäre er früher gefallen: „Kleiner geht immer.“ Bedeutet: Der Bebauungsplan enthält keine unverrückbaren Baulinien. Wer also beispielsweise statt der denkbaren Gebäuderiegel in L-Form kleinere Häuser bauen möchte, kann das tun. Allerdings sind dann umgelegt auf die Zahl der Wohneinheiten höhere Erschließungsgebühren fällig.
Keine Unterführung geplant
Thematisiert wurde auch die trennende Wirkung der Giengener Straße. Auf Nachfrage von Dr. Andreas Brosinger (CDU), weshalb trotz Einwänden nach wie vor nur eine Ampel vorgesehen sei, erläuterte Johannes Panzer, Leiter des Geschäftsbereichs Stadtentwicklung, Städtebauliche Planung und Umwelt, erneut den Standpunkt der Planer: Eine Unterführung, die sich aufgrund des parallel zur Straße verlaufenden Grabens ohnehin nur mit erheblichem Aufwand umsetzen ließe, stelle erfahrungsgemäß einen Angstraum dar und scheide deshalb aus.
Eine Brücke wiederum setzte sehr lange Rampen voraus, um barrierefrei zu sein. „Außerdem würden viele Menschen gar nicht sie benutzen, um den Bus auf der anderen Straßenseite noch zu erreichen, sondern über die Straße rennen“, prophezeite Panzer.