Einsatz von OP-Roboter

Welche Erfolge am Heidenheimer Klinikum gegen Darmkrebs erzielt werden

Darmkrebs-Erkrankungen bei jungen Menschen nehmen zu. Welche Erklärung die Experten am Heidenheimer Klinikum dazu haben und welche Vorteile ein OP-Roboter bei der Tumorbehandlung bietet.

Darmkrebs ist der Krebs, an dem heutzutage niemand mehr sterben müsste. In der Theorie. In der Praxis sieht das anders aus, weil Menschen Symptome missachten und auch die kostenlose Möglichkeit der Vorsorge nicht nutzen. „Mich ärgert, dass wir immer noch Patienten mit fortgeschrittenem Tumor sehen, die wir notfallmäßig operieren müssen“, sagt Prof. Dr. Andreas Imdahl, ärztlicher Direktor der Kliniken Heidenheim. Der Chefarzt der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie leitet zusammen mit Dr. Martin Grünewald, dem Chefarzt der medizinischen Klinik, das Darmzentrum Heidenheim. Einmal im Quartal mindestens kämen Menschen in diesem schon fortgeschrittenen Stadium ans Klinikum. „Dieser Krebs muss nicht sein, wenn die Menschen rechtzeitig zur Vorsorge gehen würden.“

Mangelt es im Landkreis Heidenheim an Arztpraxen für die Vorsorge?

Doch warum nehmen noch immer zu wenig Menschen die Möglichkeit einer Darmspiegelung wahr, obwohl Krankenkassen über 50-Jährige sogar einzeln anschreiben und zur Vorsorge auffordern? Einer der Gründe könnte sein, dass es in der Region mittlerweile zu wenig Arztpraxen für Endoskopien gibt. Teils müsse man Wochen, wenn nicht sogar Monate auf einen Termin warten, so Imdahls Erfahrung. Doch was tun bei Beschwerden? „Bei Symptomen wie zum Beispiel Blut im Stuhl oder aufgeblähtem Bauch bekommt man Notfalltermine“, sagt Dr. Norbert Jung, ärztlicher Koordinator des Darmkrebszentrums, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie und Leiter des Endoskopiezentrums. Er empfiehlt, den Hausarzt als Vermittler einzuschalten. „Für die Praxen und im Klinikum ist es sonst schwierig einzuschätzen, welche Fälle wirklich dringend sind.“

Beweis für die gesunde Wirkung von Vorsorge

Jung verweist auf aktuelle Erhebungen der Felix-Burda-Stiftung, wonach Darmkrebs zu den häufigsten Krebserkrankungen zählt mit rund 54.700 Neuerkrankungen und nahezu 23.000 Todesfällen in Deutschland im Jahr. Immer im sogenannten Darmkrebsmonat März schlagen Imdahl und Jung die Werbetrommel für die Vorsorge.

Den Beweis, dass Vorsorge die entscheidende Rolle für die Gesundheit spielt, zeige ein Vergleich mit Ländern, in denen Vorsorge keine Rolle spielt, so Jung. Denn dort sinken im Vergleich zu Deutschland die Erkrankungszahlen nicht. In Deutschland werden viel mehr Polypen als Vorstufe zum Krebs entfernt als in diesen Ländern ohne Vorsorge.

Darmkrebs-Fälle bei jüngeren Menschen nehmen zu

Die Erkrankungszahlen sinken bei älteren Menschen über 50, nehmen jedoch bei jüngeren Menschen derzeit zu. Warum das so ist, sei eine schwierige Frage. Die meisten der jüngeren Erkrankten, etwa zwei Drittel, haben eine familiäre Belastung. „Deshalb die Botschaft: Wenn erstgradige Verwandte in der Familie Darmkrebs oder Polypen hatten, dann sollte man früher zur Vorsorge gehen als der Nachbar mit 50.“ Etwa zehn Jahre, bevor der Krebs beim Verwandten ausgebrochen sei, solle man zur Vorsorge gehen.

Dass junge Menschen häufiger betroffen seien als früher, könnte aber noch andere Gründe als die erbliche Belastung haben. Spekuliert werde, ob die moderne, westliche Lebensweise durchschlage mit zu wenig Bewegung, ungesunder Ernährung, zu viel Fleischkonsum, Rauchen, Alkohol. Sicher sagen könne man dies jedoch nicht. Allerdings gilt laut Imdahl der Rat: „Wenn bei jüngeren Menschen Symptome auftreten, müssen sie schnell zur Vorsorge gehen, da bei ihnen der Krebs schneller wächst.“

Wie der OP-Roboter bei Krebs-Eingriffen hilft

Bei der Behandlung von Darmkrebs setzt man am Heidenheimer Klinikum auf Hightech: Seit zwei Monaten ist der Da-Vinci-OP-Roboter im Haus, bei mehr als 120 Operationen wurde er bereits eingesetzt. Dr. Alexander Habrom, Facharzt für Chirurgie, ist einer der Ärzte, die mithilfe dieser neuen Technik operieren. Eigentlich entwickelt für die Urologie hat sich auch ein Vorteil für Darmkrebs-Operationen gezeigt. Nach mehr als 35 Eingriffen fällt Habroms Fazit positiv aus. „Mit einer zehnfachen Vergrößerung kommt man an das Gewebe, man sieht jedes kleinste Blutgefäß, jede Struktur. Bei einer normalen Bauchspiegelung haben nur wir die fünffache Vergrößerung.“

Am Operationstisch mit dem Roboter im Klinikum Heidenheim. Foto: Kliniken Landkreis Heidenheim

Habrom legt bei den Operationen nicht selbst Hand an, sondern sitzt an einer Konsole und steuert mit Händen und Füßen die Kamera und die Arme des Roboters und ist so viel beweglicher als bei einem herkömmlichen Eingriff ist. Habrom sagt, er könne präziser arbeiten und komme an Stellen, die er auf herkömmlichem Weg nicht oder nur schwer erreichen könne. Man könne Nerven besser erkennen und dadurch schonen. Den Chirurgen selbst und dessen Fachwissen ersetzt der Roboter natürlich nicht. Aber man braucht tatsächlich weniger Personal. Letztendlich benötige man einen OP-Helfenden, der die Instrumente wechselt.

Mehr als 100 Mal war der Da-Vinci-Roboter am Klinikum Heidenheim bereits im Einsatz. Foto: Kliniken Landkreis Heidenheim

Kommt nach dem Roboter die künstliche Intelligenz in der Medizin?

Imdahl bleibt jedoch vorsichtig bei der Einschätzung: „Bislang ist weltweit bewiesen, dass wir mindestens genauso gut sind wie beim laparoskopischen oder offenen Eingriff bei der Mastdarm-Krebs-Operation.“ Dass die Roboter-Operation besser ist, sei bislang eine Vermutung. Belastbare Zahlen fehlen dazu noch.

Heute der Roboter, morgen die KI? Bislang sitzt die künstliche Intelligenz nicht mit am Operationstisch. Doch Imdahl ist überzeugt, dass in wenigen Jahren die KI bei der Diagnose und beim Medikamentenabgleich die Arbeit erleichtern und dem Patientenwohl dienen wird.

Vortrag: Da Vinci am Operationstisch

Ersetzt der Da-Vinci-Roboter den Chirurgen im OP? Diese provokante Überschrift ist Thema eines Vortrags, der am Donnerstag, 21. März, 19 Uhr in der Stadtbibliothek Heidenheim stattfindet. Dr. Alexander Habrom und Prof. Dr. Andreas Imdahl sprechen über den Einsatz des Roboters nicht nur bei Darm-Operationen, sondern auch bei anderen Eingriffen im Bauchraum wie an der Galle.

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