Brenzbahn, Klinikatlas, Energieversorgung

Was steht an im Wahlkreis Aalen-Heidenheim, Herr Kiesewetter?

Der hiesige CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter spricht über die Brenzbahn, die Klinikeinstufung, die Proteste, Auswirkungen des neuen Wahlrechts und seine Reisen international und in Deutschland.

Roderich Kiesewetter ist unterwegs. Im Bundestag. Als Außenpolitik-Experte bei Interviews deutschlandweit und international. Vor Ort. Am Tag des Redaktionsgesprächs ist sein Terminplan voll, er besucht noch die Polizei, spricht in Dischingen und Frickingen. Steht etwas Besonderes an? „Einfach um Kontakt zu halten und zu hören, was vor Ort gerade wichtig ist.“

Was ist wichtig im Landkreis? „Was ich super finde, ist, wie sich der Landkreis Heidenheim um die Klinik kümmert und wie, insbesondere vom Heidenheimer Landrat, für die Brenzbahn gekämpft wird.“ Im Schatten der Diskussion um die künftige Kliniklandschaft im Ostalbkreis habe sich das Heidenheimer Klinikum super entwickelt, so sein Lob. Im Mai soll ein bundesweiter Atlas der Kliniken erscheinen, wo Heidenheim als Großversorger in der Region eingestuft werde, ist sich Kiesewetter sicher.

Was ich super finde, ist, wie sich der Landkreis Heidenheim um die Klinik kümmert.

Roderich Kiesewetter, Bundestagsabgeordneter

Eine gute Entwicklung sieht Kiesewetter bei der künftigen Versorgung mit dem Energieträger Wasserstoff. Als er im Frühjahr 2023 erfahren habe, dass bei den Anmeldungen für den Bedarf der Raum Karlsruhe vorne liege, habe er eine Telefonkette gestartet. „Jetzt ist unsere Region stärker in den Anmeldungen für Wasserstoff und ist in der Priorisierung des Ausbaus von wasserstofffähigen Leitungen ganz vorne. Das halte ich für einen guten Erfolg für die Region.“

Die Wirtschaftsentwicklung sei gut, das sehe man leider auch an den 5.000 offenen Stellen nicht nur im Ingenieursbereich, sondern auch bei Fach- und Arbeitskräften. „Wenn ich in eine Schulklasse gehe und frage, wie viele Bewerbungen sie schreiben mussten, sehe ich in verwunderte Gesichter.“ Die Schulabgänger könnten sich heute entscheiden zwischen mehreren Angeboten.

Kieswetter warnt vor der Abhängigkeit von China

Doch nicht nur ausreichend Fachkräfte, auch die Transformation der Wirtschaft sei zukunftsentscheidend. Kiesewetter sieht dabei kritisch auf die Abhängigkeit von China. „Einer deutschen Firma, die in China investiert, der gehört keine Schraube.“ Als Beispiel vor Ort verwies Kiesewetter auf die Investition von Zeiss in die Halbleiterfertigung. „Weil die Spatzen vom Dach pfeifen, wie gefährdet Taiwan ist.“ Eine weitere Transformation betreffe die Automobilindustrie. Vieles, was die Zulieferer heute herstellten für herkömmliche Antriebe, werde in 15 Jahren nicht mehr benötigt. Deshalb sei die Region noch 2021 in den Transformationsplan des Bundes gekommen, um mitzuhelfen, dass Studien gefertigt werden können und Firmen Ideen für ihren Umbau und den notwendigen Technologiesprung bekommen.

Einer deutschen Firma, die in China investiert, gehört keine Schraube.

Roderich Kiesewetter

Daran anknüpfend nennt Kiesewetter ein weiteres bundesweites Thema mit regionalen Auswirkungen: der Ausbau des Stromleitungsnetzes. Die Regierung habe zwar das Verwaltungsverfahrensgesetz auf den Weg gebracht. Das würde die Bauzeit von Windkraftanlagen zum Beispiel von sieben Jahren auf unter ein Jahr beschleunigen. Doch FDP und Grüne seien sich nicht einig, weshalb das Gesetz in der Luft hänge.

Das Jahr der Auslandsreisen

2023 war für Kiesewetter als Sprecher für Krisenprävention der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein Jahr der Dienstreisen. Zweimal besuchte Kiesewetter die Ukraine, aktuell steht ein weiterer zehntägiger Ukraine-Besuch an. Der Abgeordnete war zudem in Moldau, in den drei baltischen Staaten, in Polen, Finnland, in Großbritannien, USA, Kanada. Der Konflikt mit China und die möglichen Folgen einer chinesischen Invasion beschäftigten Kiesewetter bei Besuchen und Diskussionsveranstaltungen in Taiwan und auf den Philippinen. Europa werde in seinem Umgang mit der Ukraine genau beobachtet. Denn wenn Europa die Ukraine fallen lasse, dann sei das ein Freibrief für China, im dortigen Gebiet im Konflikt weiterzumachen.

Roderich Kiesewetter reist durch Deutschland

Auch innerhalb Deutschlands war 2023 für Kiesewetter ein reiseintensives Jahr: 139 Wahlkreise habe er besucht, berichtet Kiesewetter. Dabei sei es weniger um parteipolitische Veranstaltungen gegangen, sondern er werde eingeladen zu Neujahrsempfängen, von Universitäten, von Kirchen oder Gewerkschaften, am liebsten seien ihm kontroverse Diskussionen. Er sei in großer Sorge, dass sich die Gesellschaft spalte. Deshalb höre er gerne die Gegenargumente an. „Ich bin froh, wenn sich die Gegner nicht abschotten und alle anderen bekommen Argumente, wie man mit offensichtlichen Lügen umgehen kann.“

Die aktuellen Proteste zeigten das große Demokratiebewusstsein in der Bevölkerung. „Es wird eine neue Politisierung geben.“ Gleichzeitig sieht Kiesewetter auch die Gefahren von Populisten, wozu er zum Beispiel den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger zählt. Diese würden zwar den Finger in die Wunden legen, jedoch keine Lösungen aufzeigen.

Was 2024 für die Gesellschaft und Heidenheim wichtig sein wird

Was wird 2024 wichtig sein? Für die Gesellschaft sei spannend, wie die Europa- und Kommunalwahlen ausgehen werden. „Das weiß Putin auch, und er wird mit Druck auf die Ukraine für mehr Flucht und Vertreibung sorgen wollen.“ Deshalb wiederholt Kiesewetter seine Forderung nach mehr Unterstützung für die Ukraine, um den Menschen dort Sicherheit zu geben.

Für mich ist wichtig, die Leute ins Nachdenken zu bringen.

Roderich Kiesewetter zur Wahlentscheidung

Ernst nehmen müsse man auch die Vorhersage des Verteidigungsministers Boris Pistorius, dass Russland in fünf bis acht Jahren in der Lage und willens sein werde, die Nato anzugreifen. „Ich sage, in drei bis fünf Jahren.“ Deshalb spiele es Putin die Karten, wenn möglichst viele populistische Parteien ins Europaparlament kämen und die EU dadurch weniger handlungsfähig werde. „Für mich ist wichtig, die Leute ins Nachdenken zu bringen, damit sie eine besonnene Wahlentscheidung treffen.“

Wichtig für die Region werde sein, das Land zu überzeugen, die vier Städte Heidenheim, Aalen, Schwäbisch Gmünd und Ellwangen als ein Oberzentrum zu begreifen. Denn die Förderkulisse des Bundes werde künftig nur noch über Oberzentren laufen. Kiesewetter nennt ein Beispiel: Der 5G-Ausbau zwischen Stuttgart und Aalen funktioniere nur, weil Stuttgart sich mit dem Oberzentrum Nördlingen vernetzt habe. Auch bei der Krankenhaus- und Hochschulförderung oder der Digitalisierung werde das Geld aus den schmäler werdenden Töpfen in die Oberzentren gelenkt.

Wahlrechtsreform: Wird unser Wahlkreis Aalen-Heidenheim größer?

Mit Spannung blickt Kiesewetter auf die Wahlrechtsreform. Der Bundestag müsse kleiner werden, doch habe das neue Wahlrecht in dem Punkt fatale Folgen, weil nur noch die Zweitstimme zähle. In der Folge kämen schwache Kandidaten in den Bundestag, wenn ihre Partei stark abschneidet, während Kandidaten mit den meisten Stimmen herausfallen könnten. Kiesewetter wäre auch nach neuem Wahlrecht gewählt worden. Er will erneut antreten und sich zur Nominierung stellen.

Königsbronner Gespräche mit Hofreiter und Wulff

Am 20. April finden die nächsten Königsbronner Gespräche von 9.30 bis 16 Uhr in der Hammerschmiede statt. Die ersten Redner stehen fest. Mit dabei sein werden Toni Hofreiter, Grünen-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Europaausschusses, und der frühere Bundespräsident Christian Wulff. Thema ist diesmal: „Die Europäische Union vor den Europawahlen 2024: das Ende des deutsch-französischen Motors? Wie kleine Staaten mit großem Selbstbewusstsein Europa verändern.“ Auf der Gästeliste ist dazu passend zudem der Botschafter von Litauen, Ramūnas Misiulis. Mit kleinen Staaten sind laut Kiesewetter die baltischen Staaten gemeint, aber auch Staaten wie Ungarn. Mitveranstalter neben Roderich Kiesewetter ist der Bundeswehrverband, die Gesellschaft für Sicherheitspolitik und die Konrad-Adenauer-Stiftung.

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