Über 20 Jahre lang waren in Baden-Württemberg 1440 Lehrerstellen nicht besetzt aufgrund eines Fehlers im Personalverwaltungsprogramm der Kultusverwaltung. Was das für Schulen im Land und konkret im Landkreis Heidenheim bedeutet, ist derzeit noch nicht vollständig abzusehen. Klar ist jedoch: Die aktuelle Versorgungslage wird vom Staatlichen Schulamt Göppingen für den Bereich Heidenheim trotz des nun entdeckten Fehlers als „relativ gut“ eingeschätzt.
„Für unsere Region sieht es im Moment sogar besser aus als in früheren Jahren“, sagt Amtsleiter Jürgen Henzler. Zwar gebe es noch offene Ausschreibungsverfahren, aber die Lage sei deutlich stabiler als zuletzt. „Der Ist-Zustand ist gut – es fehlen nur noch Lehrkräfte an einzelnen Schulen für das kommende Schuljahr.“ Die Besetzung laufe noch, doch insgesamt seien die Schulen in diesem Jahr besser versorgt worden.
Eine Schulart im Landkreis Heidenheim leidet unter Lehrkräftemangel
Wo dennoch Personal fehle, werde mit sogenannten Vertragslehrkräften ausgeholfen – Personen ohne abgeschlossenes Lehramtsstudium, die jedoch bereits Erfahrung im Schuldienst haben. Herausforderungen gebe es weiterhin an Grundschulen, vereinzelt in der Sekundarstufe, insbesondere aber an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). „Bei allen SBBZ suchen wir noch Lehrkräfte“, sagt Henzler. „Aber da helfen die neuen Stellen nur bedingt, weil es in diesem Bereich einfach zu wenige Lehrkräfte gibt.“

Die nun zusätzlich verfügbaren Lehrerstellen sind laut Henzler bislang noch nicht im Schulamtsbereich angekommen. Wie genau diese auf die Regionen verteilt werden, müsse das Kultusministerium entscheiden. Dabei mahnt Henzler zur Vorsicht: „Wenn man im Gießkannenprinzip verteilt und Lehrkräfte dann schnell wieder abwandern, verschärft man das Problem.“
So reagiert der frühere Kultusminister und Heidenheimer SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Stoch
Der Fehler bestand auch schon in der Zeit, als der Heidenheimer SPD-Landtagsabgeordnete und heutige Oppositionsführer Andreas Stoch Kultusminister war, von 2013 bis 2016: „Ich war schockiert, als ich das gehört habe. Doch wie alle meine Vorgänger habe ich auf die mir vorgelegten Zahlen zu Lehrerstellen vertraut.“ Warum auch ihm die Diskrepanz nie aufgefallen war? „Nach den mir vorliegenden Daten musste ich davon ausgehen, dass jede einzelne Lehrerstelle auch besetzt ist“, so seine Erklärung für das Versäumnis, er versichert aber zugleich: „Natürlich hätte ich gerne deutlich mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt – musste jedoch mit den Zahlen arbeiten, die mir zur Verfügung standen. Dass eine Landesverwaltung über zwei Jahrzehnte mit falschen Zahlen arbeitet, ist ein unglaublicher Vorgang.“ Der Politiker bezeichnet den Fehler als verheerend, vor allem mit Blick auf die Auswirkungen für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte.
Selbst mit den zusätzlichen Stellen wird es darauf ankommen, ob wir überhaupt geeignete Leute finden.
Jürgen Henzler, Leiter des Staatlichen Schulamts Göppingen
Stoch verlangt eine vollständige Aufklärung – auch zur politischen Verantwortung: „Insbesondere muss geklärt werden, ob im Finanzministerium, im Landesamt für Besoldung oder im Kultusministerium Anhaltspunkte vorlagen, die zumindest zu Rückfragen hätten führen müssen“, so Stoch. Was mit dem Geld passiert ist, das für die unbesetzten Stellen im Landeshaushalt reserviert war, bleibt indes unklar. „Nach meinen Informationen ist das Geld nie abgeflossen, vor allem nicht beim Kultusministerium übrig geblieben“, so Stoch, der die Verantwortung dafür beim Finanzministerium sieht.
Kultusministerin Schopper und Amtsleiter Henzler dämpfen die Erwartungen
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hat diese Woche angekündigt, die 1440 Stellen gezielt an Schularten mit hohem Bedarf zu vergeben; unter anderem sind 485 Stellen für die SBBZ vorgesehen, 350 für Grundschulen. Auch Realschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien sollen profitieren. Gleichzeitig dämpfte Schopper die Erwartungen: Bei rund 4500 Schulen im Land bedeutet das rein rechnerisch eine zusätzliche Stelle für etwa jede dritte Schule.
Amtsleiter Henzler freut sich zwar über die Aussicht auf personelle Verbesserungen an den Schulen in der Region, mahnt aber auch zu Realismus: „Selbst mit den zusätzlichen Stellen wird es darauf ankommen, ob wir überhaupt geeignete Leute finden. Die strukturellen Probleme am Lehrerarbeitsmarkt lassen sich nicht einfach wegkorrigieren.“
Schulleitung gesucht
Diese Schulleitungen sind aktuell im Landkreis Heidenheim unbesetzt: Grundschule Burgberg, Grundschule Hohenmemmingen, Giengen (beide kommissarisch besetzt), Hillerschule, Steinheim (kommissarisch besetzt, Verfahren läuft aktuell).
Stellvertretende Schulleitungen werden gesucht für die Lina-Hähnle-Grundschule, Giengen, und die Buchenfeldschule Bolheim, Herbrechtingen.