Dass sich bei der Voith-Turbo-Sparte „Commercial Vehicles“ etwas ändern wird, wurde schon im vergangenen Jahr im Hebst bekannt. Das Unternehmen prüfe den Verkauf der Division, hieß es damals. Gespräche über einen Verkauf würden auch weiterhin geführt, heißt es heute auf Anfrage von der Voith-Pressestelle. Doch fest steht jetzt, dass dieser Bereich in eine separate extra gegründete Gesellschaft ausgelagert werden soll. In den vergangenen Wochen haben zahlreiche Mitarbeiter am Standort Heidenheim Schreiben bekommen, in denen ihnen mitgeteilt wird, dass sie künftig für die „Driventic GmbH“ arbeiten sollen. Dieses eigenständige Unternehmen wird der Pressestelle zufolge zum 1. Oktober als separate, rechtlich und organisatorisch selbstständige Einheit ins operative Geschäft einsteigen. Der Übergang der Mitarbeiter erfolge in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat.
Dass sowohl der Voith-Gesamtbetriebsrat als auch die IG Metall involviert waren, bestätigt der Bevollmächtige der Gewerkschaft, Tobias Bucher: „Als wir von den Planungen erfahren haben, haben wir sehr schnell das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht. In der Folge kam es zu Verhandlungen über einen Überleitungs-Tarifvertrag für die betroffenen Beschäftigten bei Voith.“ Bei einer sogenannten Teilbetriebsänderung hätten die Beschäftigten ein Jahr lang einen gesetzlichen Schutz, „der Tarifvertrag, den wir ausgehandelt haben, geht weit darüber hinaus“, so Bucher. In dem nämlich sei eine Tarifbindung für die Dauer von vier Jahren sowie eine Standortsicherung für die Dauer von drei Jahren vereinbart. Zudem sei das neue Unternehmen vom ersten Tag an sozialplanpflichtig. „Wir haben lange verhandelt, um den Betroffenen die größtmögliche Sicherheit zu schaffen“, betont der Gewerkschafter. „Der Sozialplan ist nicht schlechter als der, den es bei Voith gibt“, ergänzt der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Alexander Schlotz. „Man muss betonen, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, bei einem Betriebsübergang einen Tarifvertrag abzuschließen. Die Verhandlungen waren aus unserer Sicht ein guter Prozess, wir haben die Kolleginnen und Kollegen immer über den laufenden Sachstand informiert und sie eingebunden“, so Bucher.
320 Mitarbeiter am Standort Heidenheim betroffen
Schlotz zufolge sind von dem Schritt 250 Voith-Turbo-Mitarbeiter aus dem Bereich Commercial Vehicles direkt betroffen. Hinzu kommen noch 70 Mitarbeiter, die in anderen Bereichen des Konzerns beschäftigt sind. Den 250 direkt Betroffenen seien dieser Tage Schreiben zugegangen, in den ihnen erklärt wird, dass sie ab September bei Driventic beschäftigt sind. Wollen sie das nicht, müssen sie widersprechen, ansonsten erfolgt der Übergang automatisch. Die anderen Betroffenen müssen unterschreiben, dass sie dem Wechsel zustimmen. „Wichtig ist, dass der Tarifvertrag alle Betroffenen schützt“, so Schlotz.
Dass der Wechsel in ein anderes Unternehmen auch ein emotionaler Schritt ist, der vielen nicht leicht fällt, weiß auch der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats: „Viele sind seit Jahren, Jahrzehnten, Voithianer. Da spielen natürlich auch Gefühle und Ängste eine Rolle.“ Trotzdem sei er der Überzeugung, dass die Eigenständigkeit des neuen Unternehmens viele Chancen bietet angesichts der aktuellen Situation bei Voith. „Sicherlich verunsichert viele auch, dass Driventic über kurz oder lang verkauft werden soll. Wer der neue Eigentümer sein wird, weiß natürlich niemand“, so IG-Metall-Chef Bucher. Von der Konzernpressestelle wird bestätigt, dass die Prüfung des Verkaufs nach wie vor andaure.
Insgesamt seien weltweit von dem Schritt 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen, heißt es von der Pressestelle. In Deutschland sind es rund 1000 Beschäftigte in Heidenheim, Garching, Zschopau und Crailsheim.
Herstellung von Automatikgetrieben
Hauptprodukt im Bereich Commercial Vehicles ist das Diwa-Automatikgetriebe für Busse, bei dem eine sinkende Nachfrage zu verzeichnen ist. Voith stellt dieses seit 1953 her, seit 1963 hauptsächlich im Getriebewerk in Garching bei München. Der Wandel von konventionellen zu alternativen Antriebsformen ist dem Unternehmen zufolge eine weltweite Entwicklung, die sich zukünftig noch weiter beschleunigen wird. Auch Nutzfahrzeuge seien von der zunehmenden Bedeutung emissionsfreier Antriebsstränge betroffen.
Der Division Commercial Vehicles müsse es gelingen, so schnell wie möglich eine starke Marktposition als E-Mobility-Anbieter für Busse und schwere Nutzfahrzeuge zu erlangen, hieß es im Oktober vergangenen Jahres von Seiten des Unternehmens. Dies könne am besten gelingen, wenn die Division mit einem hohen Maß an Eigenständigkeit agieren könne.