Erfolg wird bei uns meist nach Zahlen bemessen. Und was die anbelangt, ist Heidenheims Stadtbibliothek eine Erfolgsgeschichte. Seit dem Umzug ins neue Haus im Herbst 2017 ging’s in der Disziplin Quantität jedenfalls steil nach oben. Beispiele gefällig? Die Anzahl der Ausleihen: verdoppelt. Von 161.000 im Jahr 2016 auf 321.172 im Jahr 2024. Die Anzahl der Besucher: mehr als verdoppelt. Von 58.677 auf 143.879. Die Anzahl der aktiven Entleiher: Steigerung um über 60 Prozent. Von 4036 auf 6450.
Man könnte glatt so weitermachen. Die Anzahl der Veranstaltungen hat sich bald vervierfacht. Auf 270 im Jahr 2024. All das spricht deutlich dafür, dass das Angebot der Stadtbibliothek angenommen wird. Und dies wiederum darf dann wohl ebenso als eindeutiger Beweis dafür gewertet werden, dass auch die Qualität stimmt. Ansonsten sprächen die Zahlen wahrscheinlich eine andere Sprache. Alles im Lot also.
Mehr als Kernkompetenz
Und dabei reden wir bislang lediglich über das, was quantitativ zu erfassen ist. Anderes wiederum lässt sich höchstens beobachten. Am besten täglich vor Ort. So wie es Thomas Jentsch tut, der jetzt seit ziemlich genau drei Jahren das Haus leitet und von Anfang an großen Wert darauf gelegt hat, es „in der Mitte der Gesellschaft“ zu verankern. Es geht ihm um weit mehr als nur um Kernkompetenz. „Wir sehen die Stadtbibliothek als Treffpunkt, in einer Funktion, wie sie früher der Marktplatz hatte. Hier kann jeder herkommen und glücklich sein, mitzubringen ist lediglich ein Mindestmaß an Respekt.“
Das klappt? „Es funktioniert“, sagt Thomas Jentsch. „Fast ausnahmslos.“ Und in zahlreichen Spielarten. Angefangen bei der klassischen Variante, die den Besucher mit Bibliotheksausweis in der Hauptrolle hat, der kommt, um etwas auszuleihen. „Man braucht aber nicht notwendigerweise den Ausweis, um hier willkommen zu sein“, sagt Thomas Jentsch. „Wir haben viel Platz, die Aufenthaltsqualität ist hoch, man kann auch ohne Ausweis unser Angebot nutzen, wenn man nichts mit nach Hause nimmt.“
Ein öffentlicher Ort
Wiederum gibt es Menschen, nicht zuletzt ältere, einsame, die Gesprächsbedarf in die Bibliothek treibt. Jugendliche wiederum kommen, um hier in Ruhe zu lernen. „Das sind ganz viele“, hat Thomas Jentsch beobachtet. „Und sie lernen sehr fokussiert und nutzen bei uns eine Chance, die sie zu Hause nicht haben.“ Verschiedene Generationen, verschiedene Bevölkerungsgruppen. „Wir sind ein öffentlicher Ort“, sagt Thomas Jentsch. Ein Frequenzbringer. Das Café vor Ort hat seine Öffnungszeiten inzwischen an die der Bibliothek angepasst. Und die wiederum lässt das Café auch in ihr Foyer, wenn der Andrang zu groß wird. Der Ort brummt in allen Ecken und an allen Enden.
Trotzdem ist er, Stichwort Kernkompetenz, immer noch eine Bibliothek. Mit einem umfassenden Medienangebot, das mit Büchern beginnt, aber schon lange nicht mehr aufhört. Nicht einmal alle der aktiven Nutzer wissen um alle Möglichkeiten, die sich ihnen hier auftun, weiß Thomas Jentsch. Ganz zu schweigen von denen, die noch nie vor Ort waren. Für solche bietet die Stadtbibliothek mittlerweile die sogenannte Schnuppermitgliedschaft an, die es erwachsenen Neukunden möglich macht, das Angebot drei Monate lang kostenlos kennenzulernen. Für Bibliotheksnutzer, die das 21. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, wird ohnehin grundsätzlich kein Mitgliedsbeitrag fällig.
Kein Literaturarchiv
Und was leihen Mitglieder am liebsten? Bei den Romanen hatte 2024 Jo Nesbos „Nachthaus“ mit 22 Ausleihen die Nase vorn. Bedenkt man, dass man ein Buch bis zu vier Wochen entleihen kann, dann dürfte dieser Krimi keinen Tag lang im Regal gestanden sein. So geht es nicht wenigen der ganz großen Renner im Angebot, die zwischen 17 und 26 Mal (die DVD „Barbie“) geliehen wurden und für die sich Interessenten auch vormerken lassen können. „Wenn wir sehen, dass ein Buch, eine DVD drei, vier Vormerkungen hat, besorgen wir ein weiteres Exemplar“, sagt Thomas Jentsch.
Doch nicht nur deshalb ist der Medienbestand seit 2017 von 68.084 auf 92.360 im Jahr 2024 gestiegen. Tendenz leicht fallend übrigens, denn 2024 kamen 104 weniger neu hinzu, als ausgemustert und auf den höchst beliebten Flohmarkt der Stadtbibliothek wanderten. Dazu Thomas Jentsch: „Wir sind schließlich kein Literaturarchiv, sondern wollen die Medien bereithalten, die die Bevölkerung sich wünscht, weshalb wir uns die Medienwunschzettel, die bei uns ausgefüllt werden können, immer sehr genau anschauen.“
Auslaufmodell Musik-CDs
Apropos: Sehr deutlich zugenommen hat nach Corona der Wunsch, sich Brettspiele in der Stadtbibliothek auszuleihen. „Das ist wirklich auffällig“, sagt Thomas Jentsch. Am häufigsten geliehen wurde hier „Unlock Kids“, gefolgt von „Aufruhr im Gemüsebeet“ und „Bibi Blocksberg – Der blubbernde Hexenkessel“.
Sehr in Mode sind bei ganz jungen Kunden der Bibliothek auch sogenannte Tonies, eine via W-Lan funktionierende Art Nachfolger der guten alten Audio-Kassette, nur deutlich schicker und mit besonderer haptischer Note gestaltet. So gut wie nicht mehr ausgeliehen hingegen werden Musik-CDs. „Und ich prophezeie mal“, sagt Thomas Jentsch, „dass wir sie auch nicht mehr lange haben werden.“
Informationen und Öffnungszeiten
Heidenheims Stadtbibliothek ist dienstags und mittwochs von 10 bis 19, donnerstags und freitags von 10 bis 18 und samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Weitere Informationen sind via Internet unter www.bibliothek-heidenheim.de erhältlich.