Waldorfschule Heidenheim

Wagnis Wagner: Virtuosität beim Sommerkonzert des Heidenheimer Voith-Orchesters

Ein ungewöhnliches Programm bestimmte das zweite Konzert des Voith-Orchesters in der Waldorfschule Heidenheim unter der Leitung von Elina Muntian – brillanter Solist inbegriffen.

Sie selbst hatte die Messlatte ziemlich hochgelegt: Elina Muntian, die Leiterin des Heidenheimer Voith-Orchesters, hatte mit ihrem Einstandskonzert im Dezember für einen wahren Knüller gesorgt. So waren denn auch die Zuhörer am Sonntagabend in der Waldorfschule voller Erwartung auf die Fortsetzung beim Sommerkonzert. Und Karl Heinz Treß, der Vorsitzende des Voith-Orchesters, machte in seiner Begrüßung zusätzlich neugierig: Viel habe man vorbereitet, außergewöhnliche Kompositionen einstudiert, die nicht so häufig zu hören seien; sogar an Wagner habe man sich herangewagt.

Und das ist gut so: Denn das „Siegfried-Idyll“, einst ein Geschenk an Ehefrau Cosima zur Geburt ihres Sohnes Siegfried und heute eines der bekanntesten Orchesterwerke Richard Wagners, sorgte auch für akustische Idylle. Die Motive aus dem Musikdrama „Siegfried“, vorwiegend ruhig, aber auch mit munteren Momenten versehen, und dabei immer voller Dramatik in Ton und Tempo, das beides große Zurückgenommenheit und Disziplin verlangt und enorme Virtuosität ohnehin, von bestechender Schönheit und lud – ganz wie es sich für ein Idyll gehört – zum Verweilen und Genießen ein. Das Wagnis Wagner hatte sich also voll und ganz gelohnt.

Hervorragendes Gespür

Auch in puncto weiteres Programm war nicht zu viel versprochen worden. Anton Bruckners Ouvertüre in g-moll zeigte sich spannungsgeladen, wechselnd von groß und strahlend aufbrausendem Volumen bis zu zarter Feingliedrigkeit – abermals zeigte sich ein hervorragendes Gespür für Dynamik sowohl bei Orchester als auch bei dessen Leiterin Elina Muntian. Es folgte die Sinfonie A-Dur, ein Frühwerk Camille Saint-Saëns‘, das dieser im zarten Alter von 15 Jahren komponierte. Ein äußerst selten zu hörendes Werk – erstaunlich, wo es doch so anmutig und elegant daherkommt, bittersüß und getragen im Larghetto, in dem doch hin und wieder kecke Akzente aufblitzen, lieblich und dabei doch voller Lebendigkeit im Scherzo vivace und schließlich das so majestätisch fließende Allegro molto – Vivace, das in so mitreißenden Rhythmen endet. Auch das alles nicht einfach umzusetzen, das Voith-Orchester meisterte auch diese Herausforderung bestens.

War das Programm bis dahin bereits äußerst beeindruckend, so wartete ja noch das Prunkstück, besser gesagt zwei Prunkstücke, beide aus der Feder von Pablo de Sarasate, einer der berühmtesten Violinvirtuosen der Romantik. Auf der Bühne neben dem Voith-Orchester ein äußerst würdiger Nachfolger Sarasates: der 28-jährige Geiger Nazar Totovytskyi. Ausgesucht hatte er ein sehr bekanntes Werk und ein weitgehend unbekanntes, nämlich Introduction et Caprice-Jota. Und das hat es schon in sich: Schnelle Läufe hat der Solist zu liefern, einen satten Unterbau das Orchester. Und das klappte ganz hervorragend im Zusammenspiel mit dem Voith-Orchester und dem unerhört virtuosen Totovytskyi.

Volltreffer Carmen

Und das bekannte Werk, das war eine Carmen-Fantasie. Na, und was kann mit Carmen und den bekannten Motiven aus Bizets Oper schon schiefgehen? Antwort: Da wäre schon Potenzial zum Schiefgehen in der Komposition mit all ihren Finessen, höchsten Tempi und Tönen, die da für den Solisten eingebaut sind. Und doch: Volltreffer. Ganz so wie man Bizets Titelheldin kennt, leidenschaftlich, spritzig, verführerisch, zeigte sich auch diese Fantasie in geradezu atemberaubender Brillanz. Und kaum war der letzte Ton verklungen, brandete schon der Jubel auf: Das Publikum ließ seiner Bewunderung freien Lauf und honorierte damit Orchester, Solist und Elina Muntian, die sich an ein sehr ungewöhnliches Programm herangewagt hatte. Und abermals überzeugte. Die Messlatte hat also nicht an Höhe verloren. Eher im Gegenteil.

Vielfach ausgezeichnet

Wie Elina Muntian auch, stammt Nazar Totovytskyi aus der Ukraine. Bereits seit seinem siebten Lebensjahr nimmt er an nationalen und internationalen Musikwettbewerben und Festivals teil und wurde dabei bereits vielfach ausgezeichnet. Nach Engagements in der Staatsphilharmonie Nürnberg sowie beim Opern- und Museumsorchester in Frankfurt ist er Mitglied des Staatsorchesters in Darmstadt als erster Stimmführer.

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